Von der „Schwimmbadallee“ zur „Festplatzallee“
Ansichts-Sachen: Bau Kultur Landschaft in Freising

Einer der Hauptzugänge zum Freisinger Festplatz verläuft von Westen her über die Bundesstraße 11 und durch eine enge Bahnunterführung hindurch. Bevor man den Platz erreicht, muss man eine kleine Allee aus dicken, alten Kastanien passieren. Die Allee ist ein ziemlich schönes Entrée und, wenn man sich den eher nüchtern gestalteten Freisinger Festplatz und sein Umfeld vor Augen führt, zugleich auch ein recht überraschendes Detail. Als stumme Zeugen haben die Baumriesen der Allee viele Generationen von Freisingerinnen und Freisingern auf den letzten Metern zum Volksfest, zum Frühlingsfest, zu Festivals oder zur Gewerbeschau begleitet. Einige der Kastanienbäume wiesen den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt hier jedoch schon den Weg, als hinter der Allee noch kein Festplatz anschloss, sondern sich Freisings erster Stadtpark, der „Luitpoldpark“, mit seinen exotischen Bäumen, Seen, Ruderbooten und verschlungenen Spazierwegen ausbreitete. Ein ganz kleiner Teil der Bäume dürfte noch aus der Zeit stammen, als die Allee angelegt wurde: als repräsentativer Eingang zu Freisings erstem Schwimmbad.

Das war vor rund eineinhalb Jahrhunderten. 1861 hatte der Freisinger Stadtmagistrat beschlossen, auf dem Gelände des heutigen Festplatzes, das damals ein dichter, von Altwässern durchzogener Auwald war, ein erstes Schwimmbad zu bauen. Zwei Jahre später, 1863, wurde die erste Badesaison eröffnet. 1864 suchte die Stadt Freising bei der Ostbahngesellschaft, die die Eisenbahnstrecke München-Regensburg betrieb, um Genehmigung zur Anlage eines Weges von Westen über das Bahngleis nach. Auf diese Weise konnten die Freisinger, die Mitte des 19. Jahrhunderts noch fast ausschließlich im Bereich des historischen Kernstadt wohnten, bequem zum neuen Schwimmbad gelangen. Im Zusammenhang mit der Anlage dieser neuen Zuwegung wurde sodann die Kastanienallee gepflanzt. Als man 1902 das Lerchenfelder Schwimmbad eröffnet und deswegen das alte Bad aufgelassen hatte, begann man mit der Anlage des „Luitpoldparks“. Das Gelände wurde völlig umgestaltet, die Kastanienallee blieb jedoch bestehen. Ein ähnlich glückliches Schicksal widerfuhr ihr, als ab den späten 1920er Jahren und verstärkt in der Zeit des Nationalsozialismus das Gelände wiederum ganz neu gestaltet wurde: Statt des Parks wurden einige Sportplätze und im vorderen Bereich ein größerer Platz, im Wesentlichen der heutige Festplatz, angelegt. 1929 hatte man hier erstmals das Freisinger Volksfest abgehalten. Die alte Allee erfüllte auch in diesem veränderten Rahmen ihren Zweck – bis zum heutigen Tag.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom September 2014.
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