Von den Heiligen Drei Königen im Freisinger Dom

Die geheimnisvollen Magier aus dem Orient, die nach dem Bericht des Evangelisten Matthäus, einem außergewöhnlichen Stern folgten und dem neu geborenen König Jesus Christus mit den kostbaren Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe huldigten, hat die Phantasie der Menschen seit jeher beflügelt. Wegen ihrer unbekannten Herkunft, der Prophezeiungen im Alten Testament und der Anzahl der Geschenke wurden sie bald zu drei Königen und erhielten unterschiedliche Namen. Schließlich wurden die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar geläufig. In der bildenden Kunst stellt man den ersten als Greis mit weißem Bart und weißem Haar, den anderen als einen Mann in der Blüte der Jahre und letzten als Jüngling dar. Gleichzeitig tritt der erste König Kaspar als Europäer auf, der kniend das Gold bringt, der König Melchior ist in orientalische Gewänder gehüllt und trägt einen Turban. Der König Balthasar ist ein Afrikaner, der die bittere Myrrhe herschenkt.

Mit dieser symbolischen Darstellung der heiligen Könige sollte bekräftigt werden, dass an ihrem Festtag Epiphanie (Erscheinung des Herrn, 6. Januar) der Sohn Gottes den Vertretern aller Altersgruppen und der damals bekannten Erdteile Europa, Asien und Afrika, also der ganzen Welt, erstmals erschienen ist. Die Heiligen Drei Könige dürfen in keiner Weihnachtskrippe fehlen. Auch als Sternsinger sind sie uns seit dem Spätmittelalter lieb gewordene Gestalten. In Freising finden wir eine beachtenswerte Verehrung der Heiligen Drei Könige. Aus dem elften Jahrhundert sind zwei lateinische Dramen, der „Ordo Rachelis“ (Klage der Rachel) und das „Officium Stellae“ (Spiel vom Stern), überliefert. Sie wurden im Freisinger Dom während der Liturgie aufgeführt. Die beiden geistlichen Spiele berichten von der Ankunft der Drei Könige in Jerusalem. Dort erkundigen sie sich bei König Herodes nach dem neu geborenen König der Juden. Herodes lässt sich von den Schriftgelehrten beraten und schickt die fremden Gäste nach Bethlehem. Dort besuchen sie das göttliche Kind. Von einem Engel erhalten sie im Traum die Weisung, auf einem anderen Weg in ihre Heimat zurückzukehren. Herodes befürchtet, dass ihm der neue König den Thron streitig machen könnte. Deshalb macht sein Leibwächter Armiger, die erste teuflische Gestalt im abendländischen Theater, den Vorschlag, alle kleinen Buben umzubringen. Rachel die Frau Isaaks aus dem Alten Testament, beklagt in einem eindrucksvollen Lied den Tod dieser ermordeten Kinder. Diese beiden Spiele wurden in deutscher Übersetzung vom Ensemble für Alte Musik „Der Kleine Kreis Freising“ 1970 und 1971 szenisch mit der entsprechenden Musik in Freising aufgeführt.
In der südlichen Seitenkapelle der Johannes-Kirche auf dem Domberg wurde vor knapp hundert Jahren ein gotisches Fresko aus der Mitte des 15. Jahrhunderts freigelegt. Es zeigt, wie die Heiligen Drei Könige zur Krippe reiten.

In Freising lebte im 15. Jahrhundert Goldschmied Sixtus Schmuttermeier. Die hölzerne Kopie einer seiner Monstranzen, die heute im Diözesanmuseum bewundert werden kann und die jährlich zur Fronleichnamsprozession verwendet wird, zeugt von der großen Könnerschaft unseres Meisters. Er hinterließ 1475 ein handschriftliches Buch mit Heiligenlegenden. Darin ist eine originelle frühneuhochdeutsche Fassung der Dreikönigslegende enthalten.

Im Dom selbst steht auf dem nördlichen Letter über dem linken Seitenschiff ein Altar zu Ehren der Heiligen Drei Könige. Aus den Domkustos-Rechnungen des 15. Jahrhunderts können wir ersehen, dass mehrmals Reparaturen in der Dreikönigskapelle und am Altar vorgenommen wurden. So wurde das Gewölbe erneuert, neue Fensterscheiben eingesetzt, die hölzerne Tür und das Eisengitter gestrichen. Den gotischen Altar in der Kapelle gibt es nicht mehr. Nur die dazu gehörige Dreikönigsgruppe blieb im Diözesanmuseum erhalten. Sie wurde um 1480/1485 wohl vom Meister der Blutenburger Apostel für unseren Altar geschnitzt. Die heilige Maria sitzt da, ganz in sich versunken, und hält das Christkind auf ihrem Schoß. Hinter ihr steht der bärtige heilige Joseph, auf einen Stock gestützt, und kratzt sich verlegen hinter dem Ohr. Vor der Heiligen Familie kniet Kaspar, der erste König. Er ist ein Greis mit langem Bart und eindeutig ein Europäer, der dem Kind eine Schatulle Gold überreicht. Der Kleine mit lockigem Haar verhält sich wie ein Menschenkind, öffnet den Deckel und spielt mit dem glänzenden Gold. Der zweite König, Melchior, schreitet in tänzerischer Bewegung vorwärts. Sein zweigeteilter Spitzbart und längere, gelockte Haare zieren sein Haupt. Er lüftet den Hut und streckt mit der rechten Hand eine flache Dose mit Weihrauch nach vorn. Seine Kleidung, die Stiefel und die Gesichtszüge lassen ihn als Mann aus dem Orient erkennen. Der dritte König ist Balthasar, der jugendliche Mohr. Auch er geht leichten Schritts vorwärts und öffnet den Deckel eines Gefäßes mit Myrrhe. Er hat eine mit einem Pelz besetzte Mütze auf dem Haupt, einen kurzen Mantel und eng anliegende Beinkleider.

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ließ der Fürstbischof Veit Adam von Gepeckh (1618-1651) den Freisinger Dom im Sinne der Gegenreformation und ganz im frühbarocken Geist umgestaltet. Dabei wurde der Dreikönigsaltar auf dem nördlichen Letter abgebrochen und mehrmals im nördlichen Seitenschiff darunter versetzt. Der Fürstbischof Veit Adam errichtete stattdessen auf der Empore einen Altar zu Ehren des heiligen Diözesanpatrons Korbinian, weil auf dem Letter gegenüber des heilige König Sigismund, der zweite Patron des Domes, der von Wallfahrern hoch verehrt wurde. So sollten auf beiden Emporen oder Lettern die bedeutendsten Freisinger Heiligen besonders gewürdigt werden.

In den neuen Dreikönigsaltar wurde um 1625 ein Gemälde des Münchner Hofmalers Peter Candid (um 1548-1628), der eigentlich Pieter de Witte hieß, eingefügt. Dieses Bild gehört zu den schönsten Kunstwerken im Freisinger Dom. Das Jesuskind empfängt auf dem Schoß seiner Mutter die prachtvoll gekleideten Könige mit ihren Geschenken. Am Himmel oben tummeln sich auf einer Wolkenbank kleine Engel. Dieses kostbare Werk wurde im Dreißigjährigen Krieg von schwedischen Soldaten gestohlen. Man entdeckte es 1649 im Nachlass eines Malers in Haag in Oberbayern. Am 20. März des gleichen Jahrs wurde der Ordinaribote beauftragt, das verschollene Bild nach Freising zurückzuholen.

Der Freisinger Fürstbischof Johann Franz Eckher von Kapfing und Liechteneck (1695-1727) ließ den Korbinians-Altar vom nördlichen Letter in die neu gestaltete Krypta verlegen und den Dreikönigs-Altar an seinen ursprünglichen Platz zurückbringen. 1709 hat er beide Altäre neu geweiht. Seit dieser Zeit steht der prächtige Altar mit dem Gemälde von Peter Candid, flankiert von den Heiligen Stephanus und Papst Sixtus, die der Hofbildhauer Philipp Dirr um 1623 für einen anderen Altar geschnitzt hatte, an seinem angestammten Platz. Ein kunstvoll geschmiedetes barockes Eisengitter mit dem Eckher-Wappen trennt diese Empore ab. Dort haben die Brüder Cosmas Damian und Egid Quirin Asam 1723/1724 für den Dreikönigs-Altar den festlichen Rahmen geschaffen. Großartig und fantasievoll ist der Stuck von Egid Quirin Asam. Sein Bruder Cosmas Damian schuf drei große Deckengemälde, die leider durch einen Wasserschaden stark beschädigt wurden. Der Münchner Restaurator Anton Ranziger hat die Bilder 1920/1921 ergänzt und zum Teil neu gemalt. Das erste Deckenbild schildert Mariä Verkündigung. Der Erzengel Gabriel verkündet mit theatralischer Gebärde auf einer Wolke der sitzenden Jungfrau Mari, dass sie die Mutter Gottes werden solle. Vom Himmel sendet Gott Vater den Heiligen Geist in Gestalt einer Taube auf Maria. Das zweite Deckenbild ist der Geburt des Jesuskindes im Stall von Bethlehem gewidmet. Hirten und Engel umgeben die Krippe, während sich in den Wolken kleine Engelein tummeln. Auf dem dritte Bild eilen die Heiligen Drei Könige mit ihrem pompösen Gefolge nach Bethlehem.

Der Freisinger Dom ist immer einen Besuch wert. Vor allem in der Weihnachtszeit kann der Betrachter viele Hinweise auf die Geburt und die Verehrung des Jesuskindes entdecken und die Bildern betrachten und auf sich wirken lassen.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Januar 2012.
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