Träume von Irland
Lisa Fitzek spielt ein Album ein, das Brücken schlägt

Um es gleich vorweg zu nehmen: Das neue und somit zweite Album der Singer/Songwriterin Lisa Fitzek ist betörend schön, denn Lisa Fitzek gelingt eine wundervolle Spagat-Leistung zwischen einem dunklen Nick Cave-Kosmos auf der einen und der überwiegenden flirrenden Joan Baez-Helligkeit auf der anderen Seite. Die Songwriterin, die in Freising studiert und gelebt und heute noch starke Bezüge zu der Domstadt hat, hat mit dem Album „Black Water Bridge“ ihre Stimme und ihren Sound bis auf die letzte Nuance gefunden. Was sie damit vorgelegt hat: ein Album mit 12 Songs, das Brücken schlägt zwischen Irland und Bayern, zwischen Herzschlägen und Seelenlicht – ein Album für Freunde der leisen Poesie und der Sehnsuchtsmomente an die Ferne. Damit sind die Aufnahmen ein irisches Tagebuch und musikalische Aquarell-Bilder zugleich, durchzogen von feinsten Skizzierungen ihrer Träume, die immer etwas mit der Liebe und dem Respekt zu tun haben. Eigentlich kein Wunder, denn die Künstlerin hat zahlreiche Reisen nach England und Irland unternommen und hat dort diesen ganz speziellen Sound inhaliert, den sie heute charmant präsentiert – eine Klangwelt, die dieses ganz spezielle irische Grün in sich trägt, aber auch irgendwie den Freisinger wolkenlosen Himmel über den Marienplatz. Und somit ist es keine Frage: Lisa Fitzek ist mit „Black Water Bridge“ ein ziemlich großer musikalischer Wurf gelungen.

Bedenkt man, dass das Debüt „Home“ zuhause mit Freunden eingespielt worden ist und dennoch als Präludium des Nachfolgers betrachtet werden kann, zeigt sich die jüngste Veröffentlichung als Masterpiece und Wegmarkierung gleichermaßen – aufgenommen in den längst renommierten Farm-Studios unter der Leitung des Allround-Genies Yogi Lang. Dabei überzeugt schon alleine der Titelsong vollkommen – eine dunkel angelegte Ballade in bester Mary-Black-Manier, geradeso als wäre die Fitzek eine Irin auf Besuch in Bayer. Was ins Ohr geht: Diese Stimme! Sie trägt die Lyrics davon, hebt sie zum Himmel empor und lässt sich dennoch nicht entfliehen – eine Stimme, die alles singen kann und jene Gefühle von uns vertont, die wir zulassen, wenn es Mitternacht wird. Gleichzeitig nimmt sie den Zuhörer an die Hand und führt ihn zu einem Sonnenaufgang, denn Lisa Fitzek ist alles andere als eine Pessimistin, sondern vielmehr eine Frau, die auf die Hoffnung setzt. Auf die Hoffnung und auf die Liebe – nicht umsonst schließt das Booklet mit den Worten „I believe in love!“ Überraschend findet sich zudem auf dem Album eine überaus bemerkenswerte Nummer, mit der sich Lisa Fitzek vor einer ganz Großen verneigt: Tracy Chapman. Dabei kann sich die deutsche Singer/Songwriterin mit dieser Scheibe selbst getrost einreihen in die Parade der Folk-Helden – jener Helden, denen es eben auch gelingt, mit textlicher Tiefe etwas in den Menschen zum Vibrieren zu bringen.

„Ich bin Roman Seehon so dankbar!“, betont Lisa Fitzek, denn der Schlagwerk-Künstler, der überregional eine feste Größe ist und auch schon mit Mike Oldfield zusammengearbeitet hat, hat Lisa Fitzek auf ihren Weg begleitet und mit ihr an Arrangements gefeilt. Zusammen haben sie auch entschieden, welche Gäste auf „Black Water Bridge“ zu hören sind, darunter auch Freisinger Alltime-Stars wie Kalle Wallner, Susi Salomon und Seehon selbst. Zudem mit dabei: Moritz Fitzek, Martin Matos Mendoza, Nancy Thym, Otto Staniloi, Miriama Broady und Marco Moosbauer. Was auch ganz wunderbar zum Gesamtkunstwerk des Albums passt, ist das Artwork der Künstlerin selbst und das zudem zeigt, dass Lisa Fitzek ein Multitalent in den Künsten ist und es deshalb anzunehmen ist, dass wir noch viel von ihr hören und sehen werden. Vielleicht in deutscher oder französischer Sprache, denn hier will sich die Singer/Songwriterin nicht festlegen. Auf der aktuellen Scheibe findet sich nämlich auch ein deutscher Song, der sich so unbemerkt einfügt in das Gesamte, das sich eines wieder offenbart: Es kommt auf die Stimme an und den Text, und beides ist stimmig bei „Dahoam“, einer Ballade vom Weggehen und Heimkommen. Als Schlussakt von „Black Water Bridge“ wiegt uns Lisa Fitzek in den Schlaf mit „Sleepy Time“, so dass wir von Irland träumen können und von allen Sternschnuppen, die wir jemals versäumt haben – mit ihren Songs lässt die Künstlerin den Nachthimmel allerdings noch einmal ganz hell erleuchten.

Mehr Informationen unter: www.lisa-fitzek.de

Von Richard Lorenz

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom März 2022.
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