Als Stadtjugendpfleger der Stadt Freising ist Hartmut Fischer, der die hiesige Jugend- und Kulturarbeit maßgeblich geprägt hat, bekannt wie ein bunter Hund, kein Wunder, steht er doch wegen seines vielseitigen Engagements häufig in der Öffentlichkeit. Mittlerweile ist er kein Geringerer als der dienstälteste Jugendpfleger in Bayern. Woher er aber kommt und wie sich sein Werdegang entwickelte, weiß kaum jemand. Grund genug für unsere Mitarbeiterin Elisabeth Hoffmann mal genauer nachzufragen.
Herr Fischer, Sie sind in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Aushängeschild der Freisinger Jugendarbeit avanciert. Wie und wann kamen Sie mit diesem Berufsfeld, das ja wohl Ihre Berufung ist, in Berührung?
Ich war bereits mit 15 in Coburg, wo ich 1953 geboren wurde, ehrenamtlich in der evangelischen Jugendarbeit tätig, was letztlich bis hinauf ins Dekanat führte. Darauf aufbauend habe ich dann nach der Mittleren Reife überlegt eine Ausbildung als evangelischer Religionslehrer zu absolvieren. Gleichzeitig aber wurde an der Fachoberschule Coburg der Sozialzweig neu eingeführt, den ich dann besuchte. Dementsprechend habe ich dann mit 18 den Kriegsdienst verweigert und habe stattdessen in der Behindertentagesstätte in Coburg Zivildienst geleistet.
Was zog Sie von Nordbayern nach Freising?
Ich kam 1977 zum Studium an der Fachhochschule für Sozialpädagogik nach München und hatte damals eine Freundin in Freising, die in Weihenstephan studierte, mit der ich hier wohnte.
Und wie kamen Sie dann mit der Stadtjugendpflege der Stadt Freising in Kontakt?
Bereits ab dem 2. Semester habe ich ehrenamtlich in der Stadtjugendpflege mitgearbeitet, und dort auch 1979 und 1980 mein Praktikum gemacht, während dessen ich als provisorischen Jugendtreffpunkt den „Treff 2“ in der Wippenhauser Straße gegründet habe.
Dieser Treffpunkt war ja quasi der Vorläufer des heutigen Jugendzentrums (JUZ) an der Kölblstraße, zu dessen Mitbegründern Sie gehören. Was hat Sie hier so begeistert, dass Sie in der Stadt geblieben sind?
Ja, das JUZ wurde 1980 gegründet, damals hab ich hier noch gejobbt. Seit meinem Diplom 1981 bin ich hauptamtlich als pädagogischer Mitarbeiter tätig. Damals gab es hier nur zwei Mitarbeiter, mittlerweile sind wir 30. Da sich die Arbeit und die Möglichkeiten immer weiter entwickelt und die Aufgabenbereiche sich somit ständig erweitert haben, war es immer spannend, für Routine blieb kein Raum. Zwischenzeitlich wurde ich von 1994 bis 1998 ins Kulturamt ausgelagert, was letztlich nach meiner Rückkehr ins JUZ dazu führte, dass ich mich gleichzeitig um ein vielseitiges Kulturprogramm kümmere. Mittlerweile bin ich je zur Hälfte mit der Organisation und Programmgestaltung für das JUZ und den Lindenkeller beschäftigt.
Parallel zum JUZ entstanden das Sebaldhaus mit dem Abenteuerspielplatz und der Spielbus, die jeweils spezifische Angebote für Kinder und Jugendliche anbieten. Wo liegen welche Schwerpunkte?
Das Sebaldhaus mit dem Abenteuerspielplatz wurde bereits 1976 von Hans Neumeier, dem 1. Stadtjugendpfleger, gegründet. Dort gibt es nach der Winterpause ab den Faschingsferien kreative Kursangebote für Kinder. Ferner starten von dort aus Ausflugsfahrten für Kinder. Im Sommer herrscht regelmäßig reger Betrieb am Abenteuerspielplatz, für den themenbezogene Programme erarbeitet werden. Insgesamt ist das Sebaldhaus der zentrale Platz für die Arbeit mit Kindern. Der Spielbus ist seit 1980 jedes Jahr im Sommerhalbjahr für sechs Wochen auf Tour und macht auf verschiedenen Spielplätzen in der Stadt Station. Das JUZ steht den Jugendlichen das ganze Jahr über für fünf Tage in der Woche nachmittags und abends offen. Während dieser Zeit kann jeder kommen um zu spielen oder sich beispielsweise bei Bewerbungen unterstützen lassen. Zum Angebot zählen auch regelmäßige Discopartys und Konzerte mit Nachwuchsbands, die im internen Bandübungsraum proben können, sofern sie noch einen freien Termin ergattern. Darüber hinaus gibt es auch hier kreative Kursangebote wie Töpfern oder Misch- und Aufnahmekurse im hauseigenen Tonstudio. Zudem stellen wir die Räume auch für Geburtstagsfeiern für Kinder zu Verfügung. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Arbeit der Jugendpflege ist die Durchführung der aufsuchenden Jugendarbeit mit Streetworkern, die auf der Straße unterwegs sind und sich um Jugendliche kümmern, die nicht die Jugendzentren aufsuchen. Begleitend zum Schulunterricht an der Grundschule St. Lantpert in Lerchenfeld und an der Sternschule in Neustift ist die Jugendpflege mit Fachpersonal Träger der offenen und gebundenen Ganztagsschule.
1987 haben Sie mit „Rock am Marienplatz“ die gute Stube der Stadt erobert, wie war das denn möglich?
Auslöser dafür waren die „Freisinger Kulturtage“, die damals zum ersten Mal stattfanden. Dazu habe ich verschiedene Freisinger Musiker, die Rockklassiker interpretierten, eingeladen. Bereits das Auftaktkonzert war mit 2500 Besuchern ein voller Erfolg. In den ersten Jahren wurden diese Konzerte durchaus beäugt, mittlerweile aber haben sie sich etabliert.
Als nächster Veranstaltungsort kam 1996 der Lindenkeller, dessen breitgefächertes Angebot sich an Kulturfreunde jeden Alters richtet, dazu. Wie war das möglich und was ist Ihnen dort oben am Berg besonders wichtig?
Die treibende Kraft für die Wiedereröffnung war damals mein Kollege Fritz Andresen, der sich gemeinsam mit der „Initiative Jugendkultur“ sehr dafür eingesetzt hat, dort neues Leben zu etablieren. Unser Wunsch war von Anfang an, dass dort ein Ort für Multikulti entsteht, mit einem buntgemischten Programm für alle Altersklassen und ein Treffpunkt für alle Freisinger. So gibt es das ganze Jahr über Konzerte jeglicher Couleur, von Mundart bis Klassikrock, dazu Kabarett, Comedy und Theater.
Sie scheinen einen guten Draht zur Stadtverwaltung zu haben, wie sonst hätte nur fünf Jahre später das „Tollhaus“ mit der „Actionhall“, immerhin ein Neubau mit Skater-Halle, eröffnet werden können?
Mit der Unterstützung von Fritz Andresen und einem sehr gewogenen Dieter Thalhammer, dem damaligen Oberbürgermeister, der gerne ein Jugendzentrum in Lerchenfeld haben wollte, war das zu stemmen. Neben der Skater-Halle finden sich dort ein Café, typische Spielgeräte wie Kicker und Billard und auch ein Bandübungsraum. Parallel dazu gibt es auch im Tollhaus Angebote für Kinder, wie zum Beispiel den allwöchentlich stattfindenden „freaky friday“, in dessen Rahmen gekocht und gebastelt wird. Dazu gibt es Ferien- und Kursangebote für Kinder bis 14, die im Winter drinnen und im Sommer draußen stattfinden. Zudem gibt es auch dort einen Abenteuerspielplatz, in dem themenbezogene Programme angeboten werden.
Neben der Arbeit vor Ort engagieren Sie sich seit 1989 auch für die überregionale Vernetzung. Als Gründungmitglied eines Landesverbandes gemeindlicher Jugendpfleger, dessen Vorsitzender Sie für eine Weile waren, bemühen Sie sich um den Erfahrungsaustausch, eine kollegiale Beratung, für Fortbildung und eine Interessenvertretung gegenüber dem Bayerischen Judendring sowie dem Städte- und Gemeindetag. Das klingt alles nach einem ziemlich vollen Kalender. Bleibt da überhaupt noch Zeit für ein Privatleben?
Ja, ich nehme mir das Recht auf mein Privatleben. Es mir wichtig, mein Leben und meinen Kopf dafür frei zu halten.
Und womit beschäftigen Sie sich bevorzugt in Ihrer freien Zeit?
Ich höre Rockmusik, lese unterhaltsame, historische Romane, bastle gerne mit Holz, im Sommer setze ich Beerenweine an und besonders freue ich mich, wenn ich mit meinem Wohnmobil an der Küste des Mittelmeers unterwegs sein kann.
Sowohl Ihr Berufs- als auch ihr Privatleben sind sehr facettenreich. Haben Sie besondere persönliche Vorlieben bezüglich Veranstaltungen?
Ja, vor allem Rockkonzerte. Ich war schon mit 16 als Roady für eine Band als Bestücker tätig. Ich freue mich immer sehr über die Begeisterung des Publikums. Spaß und Freude zu bereiten, macht einfach Spaß.
Nun sind Sie seit bald 40 Jahren in Ihrem Wirkungsfeld tätig. Gab es besondere Höhepunkte, an die Sie gerne zurückdenken?
Das waren zweifelsohne die Eröffnungen des JUZ und des Lindenkellers und ganz besonders das erste Rockkonzert am Marienplatz, während dessen solche Hymnen wie „Born to be wild“, einiges von Pink Floyd und „In a Gadda da vida“ als Cover-Versionen das Publikum mitgerissen haben.
Mit all Ihren Veranstaltungsangeboten zielen Sie auf mehrere Generationen von Kindern bis zu reifen Erwachsenen. Liegt Ihnen eine Altersgruppe besonders am Herzen?
Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt bei den Kindern und Jugendlichen. Wir müssen für die da sein, die uns wirklich brauchen. Unsere Aufgabe ist es, diese anzuregen, selbst etwas zu tun und ihnen Hilfestellungen in schwierigen Situationen geben. Zudem fungieren wir als Mittler zwischen Erwachsenen, der Öffentlichkeit und der Stadt. Und wir müssen natürlich auf die Wünsche der Jugendlichen eingehen. So regte mich eine Initiative von Freisinger Kulturschaffenden, die sich im JUZ kreativ betätigten und bemängelten, dass es in Freising kein Forum für einheimische Newcomer und Kleinkünstler gebe, dazu an, mich mehr mit Kultur zu befassen. So starteten wir 1986 unter dem Namen „Puls“ ein Programm, in dessen Rahmen damals noch unbekannte heutige Größen wie Schlenger und Meilhammer, Michael Mittermeier oder Günther Grünwald im JUZ auftraten. Dieses Programm lief bis zur Eröffnung des Lindenkellers 1996.
Nach so langer Zeit ist es naheliegend, nach einem persönlichen Resumee zu fragen. Sind Sie glücklich und zufrieden, mit all dem, was Sie realisieren konnten, oder sind noch ein paar Wünsche offen geblieben?
Nein, es ist nichts offen geblieben. Dank der großen Unterstützung der Kollegen und der Stadt konnte ich hier einiges auf den Weg bringen, das passt, jetzt sind andere dran. Erfreulicherweise hatte ich immer einen guten Draht zu den amtierenden Bürgermeistern und bin auch immer sehr gut mit der Verwaltung ausgekommen.
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Februar 2017.
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