Als eine strahlende Frau am Isarstrand, die sich mit geschlossenen Augen und weit geöffneten Armen der Sonne entgegenstreckt, präsentiert sich die Freisinger Sängerin Julia Schröter den interessierten Menschen, die sich auf ihre Internetseite klicken.
Ein Foto, das ausgesprochen gut gewählt ist, können vermutlich all diejenigen bestätigen, die sie auf der Bühne erlebt haben oder auch in ihren Debatten um ihr derzeit großes Projekt, die Rettung des Abseits. Julia Schröter hat in der Tat etwas von einem Sonnenkind, immer freundlich, immer fröhlich, immer friedlich gestimmt. Selbst wenn es anstrengend wird – und das wurde es für sie oft in den letzten Wochen – verfehlt sie wie auf der Bühne nie den Ton.
Schreibe ich jetzt noch dazu, dass Julia Schröter in Freising auch noch in einer Straße wohnt, die den Namen des Planeten trägt, wirkt das langsam vielleicht etwas arg dick aufgetragen. Es ist aber so. Praktischerweise für sie. Weder hat sie es von hier weit zu ihrer geliebten Isar noch zu ihrer Lieblingskneipe. Überdies auch nicht weit von der dann wieder heim, was weiter praktisch ist, vor allem wenn ein paar Freunde Lust haben, nach der Kneipe noch zu feiern.
Auch wenn ihr rollendes R, das ihre Ansagen auf der Bühne und ihre Sprache im Allgemeinen prägt, alles Mögliche vermuten lässt: Julia Schröter ist in Freising aufgewachsen und die Sprachfärbung hat sie von ihrer Großmutter, die aus Schwaben kommt. Ihren Zugang zur Musik bekam Julia Schröter schon vor dem Kindergarten daheim von ihrer Mutter und insofern war es wahrscheinlich kein Wunder, dass sich aus dieser frühen Begeisterung während der Gymnasialzeit am Camerloher ein Berufswunsch entwickelte.
Eigentlich ungewöhnlich für eine Gesangskarriere ist sie sofort von der Schule weg auf die Hochschule nach Würzburg gewechselt. Was heißt gewechselt … sie hat die brutale Aufnahmeprüfung gemeistert und konnte dort studieren. Jazz, den sie liebt unter anderem wegen Norah Jones. Das zu schaffen sei ihr nur gelungen, weil „der Muskini“ sie so unterstützt habe. Exakt drei Musikstücke haben die beiden eingeübt und die waren es. Kein Zweifel, Karl Muskini ist ein Anker in Julia Schröters musikalischem Leben und mit ihr in vielen Projekten verbunden. Die Band Pony Malta mit ihrer ansteckenden Fröhlichkeit ist nur eines davon.
Nach Würzburg machte Julia Schröter kurz Station in München, um sich in der Künstlerszene zu etablieren, doch nach einigen Jahren ging es – für sie erstmal erstaunlich – zurück nach Freising. Sie hatte gemerkt, wie sehr sie der Stadt verbunden ist. Wie sehr sie die Isar mag. Wie enorm sie verwurzelt ist in der Szene.
Julia Schröter tritt mit diversen Formationen auf, unter anderem mit „Beleza“, mit denen sie im März in der Orangerie in Weihenstephan auftreten wird. „Beleza“, das ist Jazz auf brasilianisch, das ist Lebensgefühl, wie Julia Schröter es mag. Sie war vor einiger Zeit für sechs Wochen in Brasilien und hat sich prägen lassen von der Mentalität und der Musikalität des Landes. Sogar eigene Lieder schreibt sie mittlerweile mit portugiesischen Texten, die Sprache hat sie sich mehr oder weniger intuitiv angeeignet.
Mit ganz unterschiedlichen Künstlern aufzutreten ist für Julia Schröter eine Art Musik zu leben, Menschen zu unterrichten, sie heranzuführen an Musikstücke, an die Möglichkeiten, die Stimme bietet, eine weitere. Ungefähr ausgewogen stellt sie sich das ideale Verhältnis vor zwischen selbst auftreten und anderen etwas beibringen.
Und da ist dann noch diese dritte Leidenschaft, die Julia Schröter in den letzten Monaten Aufmerksamkeit gebracht hat, die sie zu einer zähen Kämpferin hat werden lassen gegen erstmal ziemlich widrige Umstände. Ihr Abseits-Chor hat gegen die drohende Schließung der Kultkneipe angesungen und überall beeindruckt, wo er aufgetreten ist. Menschen, die in ihrem Leben noch nie in einem Chor gesungen hatten, stehen gemeinsam auf der Bühne mit Profi-Musikern wie Norbert Bürger, Schröters Lebensgefährten, der mit ihr zusammen die Idee für den Abseits-Chor hatte.
Ursprünglich war das nur eine gute Idee gewesen, Menschen zur Musik zu bringen. Dass daraus die vielleicht charmanteste Art des Protests wurde, war nicht geplant und ist Julia Schröters Arbeit mit den Sängerinnen und Sängern und den beeindruckenden Arrangements zu verdanken. Alle Bemühungen waren letztlich sehr wirkungsvoll und Julia Schröter arbeitet jetzt mit Eifer daran, dem Konzept von einem Abseits-Verein, der das Lokal halten kann, immer mehr Kontur zu geben. Im festen Glauben daran, dass das Unmögliche möglich ist, wenn man nur will.
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom März 2016.
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