Durch die Pandemie mussten die meisten Freizeitbeschäftigungen starke Einbußen verkraften. Auch die Mitglieder des Freisinger Asamchors konnten ihr „Herzenshobby“, wie es Vorsitzende Roswitha Bühl bezeichnet, nicht weiter ausüben. Viele Sänger haben sich während Corona vollkommen zurückgezogen und waren nach Ende des Gesangsverbotes nicht mehr interessiert, ihr früheres Hobby weiter auszuüben. Auch der Versuch, den Kontakt zu halten und regelmäßig Online-Gesangsstunden zu organisieren, war nicht die passende Lösung, wie Bühl sagt.
Hinzukam, dass der Asamchor im letzten Sommer seinen Chorleiter verabschieden musste. Die Mitglieder gingen nach der Sommerpause also auf die Suche nach einem neuen Dirigenten. Um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen – was bei 60 Menschen nicht immer ein Leichtes ist – haben die Mitglieder ein Brainstorming organisiert, bei dem alle versuchten, die wichtigsten und gewünschten Eigenschaften ihres neuen Chorleiters zu benennen, um den richtigen zu finden. Er musste, so Bühl, gute didaktische Fähigkeiten aufweisen, einiges an Erfahrung mit sich bringen und die Leidenschaft zur Musik teilen sowie diese motivierend rüberbringen.
Kurze Zeit später bekam das Team eine Bewerbung von Professor Thomas Gropper. Und der gesamte Chor war begeistert von dem besonderen Musiker. Im September wurde er zum Probedirigat eingeladen und im Oktober gab es bereits die erste richtige Probe. Auch wenn der Wechsel des Chorleiters eine große Veränderung ist und, wie es Bühl beschreibt, gar mit einem Partnerwechsel gleichgesetzt werden kann, hat es nicht lange gedauert, und der Funken ist übergesprungen. Nun konnte der Asamchor unter der Leitung von Thomas Gropper neu durchstarten.
Viele Menschen der verschiedensten Altersgruppen besuchen die Chorproben wieder sehr gerne und der Chor kann auf eine zunehmende Vergrößerung der Gemeinschaft hoffen. Auch wenn in der aktuellen Gesangsgemeinschaft ein harter Kern der bereits „alten Hassen“ vorhanden ist, hoffen alle auf Zulauf.
Um es den jüngeren Musikern leichter zu machen, bietet der Asamchor niedrigere Beitragskosten für Schüler und Studenten, „denn daran soll es mit Sicherheit nicht scheitern!“, erzählt Roswitha Bühl.
Gropper ist offensichtlich nicht nur fähig, das Team zu motivieren, sondern auch, ihnen ganz neue Dinge zu lehren. Wie der Chor erzählt, ist eine besondere Fähigkeit des neuen Teamleiters, dass er dank seines breitgefächerten Wissens sehr toll erklären kann. Er schildert seinem Team genau, was eine Stimme beeinflusst, er bedient sich souverän der verschiedensten Anekdoten und Bilder, wiederholt sich nie und ist trotz der Position des Lehrenden immer unheimlich witzig. Und was der Asamchor am meisten an Thomas Gropper schätzt: seine Geduld und Achtsamkeit. Da er durch seine Erfahrung jede Unstimmigkeit in einer Stimme hört, findet er Verbesserungsvorschläge, die er immer in positive Worte zu packen weiß. Niemand wird während der Proben vorgeführt, sondern mit einem „versuch es doch mal so, so ist es noch schöner“, auf kleine Unebenheiten hingewiesen. Groppers Leidenschaft zur Chorleitung rührt wohl daher, dass ihm die Vorstellung, volle Gestaltungsfreiheit zu einem Werk zu haben und es so dazustellen, wie er es selbst empfindet, sehr imponiert. Die Musik allein schätzt er allerdings seit jeher. Er studierte Opern- und Konzertgesang sowie Gesangspädagogik, Chor- und Ensembleleitung in München.
Seine Fähigkeiten und Fertigkeiten weitete er über die nächsten Jahre hinweg enorm aus. Neben der Arbeit als Professor für Gesang, Sprecherziehung und Gesangsdidaktik und Dozent bei Fortbildungen über Chor- und Stimmarbeit findet er immer Zeit, sich noch mehr Wissen über die Musik anzueignen. Neben Gesang interessiert sich Gropper allerdings auch für Filmmusik: In den frühen 2010er betreut er die „Herr der Ringe“- Events, sowie das Projekt „Fluch der Karibik“.
Mit diesem beeindruckenden Lebenslauf führt Thomas Gropper nun den Freisinger Asamchor durch eine Mischung von geistlichen und weltlichen Werken der Welt. Das Sommerwerk, das am Sonntag, 10. Juli, um 19 Uhr im Schafhof aufgeführt werden soll (eine Werkeinführung gibt es bereits um 18 Uhr), steht bereits fest: eines der außergewöhnlichsten geistlichen Werke Rossinis, die „Petite Messe Solennelle“. Es ist das erste Konzert seit 2019 und damit ist dieses Stück etwas ganz Besonderes für den gesamten Chor. Für gewöhnlich ist das Sommerwerk des Asamchors meist ein weltliches Werk, Groppers Wahl fiel dieses Jahr anders aus. Da dieses Werk bisher kaum in Freising aufgeführt wurde und es generell eine sehr seltene, einzigartige Komposition ist, freut sich die Gesangsgemeinschaft auf diese Herausforderung.
Nun kann der Asamchor, zusammen mit Thomas Gropper und ohne Corona-Beschränkungen neu durchstarten.
von Denice Fuchs
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Juli/August 2022.
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