Das Freisinger Stadtmuseum besitzt eine große graphische Sammlung, die in mehreren Planschränken in den klimatisch temperierten Depoträumen aufbewahrt wird. Nur eine kleinere Anzahl an Blättern ist in der ständigen Ausstellung zu sehen. In seiner aktuellen Sonderausstellung zeigt das Museum nun eine weitere Auswahl aus dem hunderte von Blättern umfassenden Bestand.
Graphik bezeichnet künstlerische Arbeiten auf Papier, also alle Arten von Druckgraphik wie Kupferstiche, Radierungen, Lithographien, genauso aber auch Zeichnungen, die mit dem Stift, der Feder oder dem Pinsel ein- oder mehrfarbig aufs Papier gebrachte wurden.
Die Ausstellung sucht, einen repräsentativen Querschnitt aus der Sammlung zu zeigen: Ansichten von Freising, Karten, Porträts von Freisinger Persönlichkeiten, religiöse Motive, aufwändig gestaltete Ehrenurkunden, aber auch interessante Blätter, die mit Freising nichts direkt zu tun haben, die gleichwohl den Weg in die über 110-jährige Sammlung des Historischen Vereins gefunden haben, etwa ein feines Aquarell von 1802, das die Dreiflüssestadt Passau darstellt.
Viel mehr wert als einen flüchtigen Blick
Unter den Ansichten mit Freising-Motiv wird beispielsweise eine kolorierte Lithographie des Freisinger Malers Peter Ellmer d.Ä. gezeigt (unser Bild), die wohl um 1840/50 entstanden ist und 2002 durch den Historischen Verein angekauft wurde (Inv.Nr. 5023). Sie zeigt den Weihenstephaner Berg von Süden. Auf der Anhöhe sind die Gebäude des ehemaligen Benediktinerklosters zu erkennen, die im Zuge der Säkularisation nicht abgebrochen worden waren, sondern den neuen staatlichen Einrichtungen für Landwirtschaft, Forst und Gartenbau dienen sollten. Verschwunden ist die Klosterkirche, zu erkennen jedoch das Dach des Salettl im heutigen Hofgarten. Deutlich zu sehen ist auch die Ruine der Korbinianskapelle am Abhang, ein eindrucksvolles Denkmal der Zerstörungen, die im Zuge der Säkularisation erfolgten. Darunter ist sogar der Stollen, der zum Korbiniansbrünnlein in den Berg hineinführt, zu erkennen.
Präzise Zeichnung mit feinen Nuancen
Ein besonderer Bestand der Graphik-Sammlung des Museums ist der graphische Nachlass des Malers Ulrich Halbreiter, der in der Ausstellung mit zwei Skizzenbüchern, Bleistift- und Aquarellzeichnungen vertreten ist. Der hier gezeigte, zeichnerisch und farblich fein ausgearbeitete Nadelbaum (Inv.Nr. 4489/26) trägt die Datierung 12. August 1830. Ulrich Halbreiter (1812-1877) wurde in Freising als Sohn der Gredwirtsleute geboren. Schon nach wenigen Jahren siedelte die Familie freilich nach München über. Halbreiter studierte später an der dortigen Kunstakademie. Als Münchner Maler der Zeit König Ludwigs I. betätigte er sich vor allem im Bereich der kirchlichen Kunst und der Historienmalerei. Wie viele zeitgenössische Maler bereiste er Italien und Griechenland. Halbreiter war unter anderem an der malerischen Innenausstattung der Kirchen Sankt Ludwig und Sankt Bonifaz in München sowie der Königlichen Residenz in Athen beteiligt. 30 Skizzenbücher Halbreiters, mehrere Zeichnungsmappen sowie eine ganze Anzahl von Ölskizzen waren um 1925 vom Münchner Stiftsdekan Sebastian Staudhamer an den Historischen Verein Freising geschenkt worden und fanden somit ihre Bleibe in der Geburtsstadt des Malers.
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Mai 2013.
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