Zum ersten Mal seit 1989 geht der Kulturverein Modern Studio Freising e. V. wieder mit einer Ausstellung in den öffentlichen Raum. Damals war es eine große flache Stahlplastik von Alf Lechner, dem „Vater“ der „Geierstangen“ an der Thalhauser Straße, die auf dem Marienplatz lag. Dieses Mal sind es elf überlebensgroße Figuren des Holzbildhauers Josef Lang, denen wir Freisinger auf unseren alltäglichen Wegen in den nächsten Wochen begegnen werden. Das Modern Studio zeigt sie in Zusammenarbeit mit dem Förderverein Altes Gefängnis e. V. und der Stadt Freising sowie weiteren Sponsoren. Begleitet und ergänzt wird die Präsentation der Großskulpturen durch eine Ausstellung mit kleinformatigen Arbeiten und Zeichnungen von Josef Lang im Alten Gefängnis.
1947 in Bad Tölz geboren, findet Josef Lang erst über Umwegen zu seinem immer schon ersehnten künstlerischen Beruf. Nach kaufmännischer Ausbildung und Tätigkeit beginnt er 1977 eine Steinmetzlehre und absolviert anschließend als Meisterschüler von Prof. Erich Koch das Studium der Bildhauerei an der Akademie für Bildende Künste in München. Obwohl er schon als Kind gerne geschnitzt hat, arbeitet er zunächst mit Marmor und Bronze und findet – nach einer dem „Zeitgeist“ geschuldeten ungegenständlichen und abstrakten Phase – sein „Lebensthema“: die menschliche Figur. In den 1990er Jahren entstehen dann sehr kleine bis mittelgroße Arbeiten, die aber schon die für Lang typische reduzierte Formensprache zeigen: Es sind monochrome vollplastische Figuren mit mehreren Ansichtsachsen, von allem dekorativen Beiwerk entkleidet, mit breiten Füßen – noch (!) – auf einem kleinen Sockel stehend, in sich ruhend und doch mit einer sprechenden Kopf- und Körperhaltung, als warteten sie auf eine Begegnung mit ihrem Betrachter.
Ein glücklicher Zufall – ein Nachbar schenkt ihm den Stamm einer gefällten alten Linde – lässt ihn 1992 zu seinem ursprünglichen Material, dem Holz, zurückkehren. Im Zusammenspiel von Gedanken, Händen und der Kettensäge, seinem Werkzeug, „befreit“ Josef Lang – immer in Zwiesprache mit dem Stamm – die diesem innewohnende Figur. Es ist eine schnelle, hohe Konzentration, zugleich Spontaneität und Kontrolle sowie körperliche Kraft erfordernde Arbeitsweise. Die groben Spuren der Kettensäge bilden allein die Oberfläche der Skulptur, sie wird nicht weiter bearbeitet. Das Spiel von Licht und Schatten darauf und die einfarbige Lasierung – meist in den Grundfarben Blau, Rot oder Gelb, bisweilen auch in der Mischfarbe Grün – verleihen jeder Figur den Anschein von Leben. Und sie sind lebendig, diese Holzmenschen von Josef Lang! Sie heißen Helmut, Rosa oder Herr Blomberg, aber auch Ahnenträger, Herzträger, Rufer oder Schauender. Meist über drei Meter groß, überragen sie auch ohne erhöhenden Sockel mühelos alles, was sich um sie herum bewegt, und zwar nicht allein wegen der Monumentalität ihrer Körper, sondern vor allem durch die ihnen innewohnende Größe, die ihnen schon durch ihr Mensch-Sein zukommt. Sie zeigen sich so, wie sie sind, ganz ohne Maske oder Pose, sie spielen keine Rolle, sondern sind ganz einfach und unverstellt sie selbst mit all ihrer anrührenden menschlichen Unvollkommenheit: Mit den Füßen fest geerdet, haben sie den Kopf hoch erhoben und schauen ins Offene. Damit sind sie ohne Worte auf ganz selbstverständliche Weise Gegenspieler des uns täglich medial vermittelten, sich ständig körperlich-geistig-seelisch optimierenden „modernen“ Menschen! Welch eine Befreiung!
Josef Langs Arbeiten sind in vielen Einzel- und Gruppenausstellungen in ganz Deutschland gezeigt worden. Das Fernsehen hat einige Male über ihn berichtet, und er ist mehrmals ausgezeichnet worden. Seine Figuren stehen in Städten und Gemeinden, in Parks, vor Firmengebäuden und in kirchlichen Räumen.
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom September 2013.
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