Essen, oder besser gesagt, Schokolade und Musik – wie geht denn das zusammen? Der Freisinger Musik-Allrounder Roman Seehon macht es möglich, denn er hat unlängst acht Pralinen des Freisinger Meister-Konditors Andreas Muschler vertont. Aber wie kommt man eigentlich auf eine solche Idee? Seehon erklärt die ungewöhnliche Komponisten-Arbeit so: „Als ich eine von diesen Pralinen probiert habe, erlebte ich eine unglaubliche Geschmacks- Explosion im Mund – und weil für mich Musik und Genuss zusammengehört, hab ich mich einfach hingesetzt und zum Schreiben angefangen.“ Wer ihm dabei natürlich gleich eingefallen ist, war der Komponist Rossini, dem seine besten Werke angeblich vor allem beim Essen zugeflogen sind. Was allerdings die wenigsten wissen dürften: Seehon lernte vor seiner Karriere als Profi-Musiker das Konditor-Handwerk, wenngleich er nach der Lehrzeit nicht weiter in dem Beruf gearbeitet hat. „Damals habe ich auch Pralinen gemacht, aber natürlich nicht solche wie Andreas Muschler – das sind schon Meisterwerke!“, erzählt Seehon und gibt auch eines zu: „Ich bin schon ein Süßer, keine Frage!“ Nach der ersten überraschenden Gaumenfreude probierte sich der Freisinger Musiker natürlich durch die besten 10 Meisterwerke von Muschler – einer Sammlung von 10 Pralinen, die allesamt mit dem International Chocolate Award ausgezeichnet worden waren.
Jedes einzelne Schokoladen-Wunderwerk löste bei Seehon einen ganz anderen und ganz speziellen Klang aus. Bei der Praline „Almera“ wurde es so zum Beispiel orientalisch, bei der Praline „Coco“ fiel ihm ein brasilianischer Bossa Nova ein – und bei der Praline „Mogador“ musste er gleich an einen Salsa denken. Jedes Musikstück und jedes Schokostück ist damit auch unweigerlich mit der Biographie des weitgereisten Künstlers verwoben, denn beim Essen der Pralinen seien ihm die Erinnerungen an ferne Länder zugeflogen und an längst verflossene Lieben – oder eben an wunderschöne musikalische Momente auf der ganzen Welt. Um zu testen, ob sein Konzept „Jazz & Chocolate“ auch mit Publikum aufgehen kann, gab es im Juli dieses Jahres eine kleine Test-Veranstaltung am Musiksommer im Freisinger Schafhof, bei der eine Sorte Pralinen im Publikum verteilt wurde. Seehon bleibt das unvergessen: „Die Praline war da noch in Plastik einpapierlt, das hat dann so unglaublich laut geraschelt, als hundertfünfzig Leute die Pralinen ausgepackt haben, dass von den ersten Tönen des Songs nix mehr zu hören war.“ Erfolgreich war die kleine Premiere dennoch, denn die Leute waren sofort begeistert von dieser höchst ungewöhnlichen Idee, die in dem Musik-Kosmos ein Novum sein könnte. Damit es bei der geplanten Konzert-Reihe ab Frühjahr 2023 deutlich leiser zugeht, werden die Pralinen dann stilecht in der Schachtel und den kleinen Papierschälchen gereicht. Dann, so ist Seehons Idee, können die Gourmet- und Musikfreunde je nach Ansage die passende Praline zum jeweiligen Werk verspeisen und damit Kultur auf allen Ebenen genießen. Übrigens: Die Pralinenschachtel mit einem eingelegten Flyer samt Download- Code wird es schon bald im Laden von Andreas Muschler oder in seinem Online-Shop zu kaufen geben – sobald die letzten beiden Pralinen auch vertont wurden.
Die Jazz & Chocolate-Band besteht aus: Roman Seehon (Percussion), Vroni Schnattinger (Violine, Harp), Ida Koch (Bass), Lukas Ferdinand Voith (Piano, Trombone) und Max Diversi (Gitarre). Als Gäste mit dabei sind: Sabina Lehrmann (Gambe), Julia Schröter (Gesang) und Uli Wunner (Klarinette). Weitere Informationen und aktueller Stand der musikalischen Pralinen unter www.andreas-muschler.de
von Richard Lorenz
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom November 2022.
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