Erste Adresse für Liebhaber
Das Freisinger Antiquariat des Joseph Mozler

Bei Liebhabern antiquarischer Bücher hatte Freising im frühen 19. Jahrhundert einen exzellenten Ruf. Grund dafür war das Geschäft des Antiquars Joseph Mozler (1761-1817). Mit seinem vielfältigen Angebot an Handschriften und seltenen Drucken erschloss er einen deutschlandweiten Kundenkreis, zu dem auch prominente Gelehrte und Schriftsteller zählten – darunter Clemens Brentano.

Joseph Mozler entstammte einer Buchbinderfamilie. Sein Großvater war Buchbinder in Donauwörth, sein Vater fürstbischöflicher Hofbuchbinder in Freising. Ob er dieses Handwerk ebenfalls erlernte, ist unklar. Den Handel mit antiquarischen Büchern und Handschriften scheint Joseph Mozler jedenfalls schon in jungen Jahren betrieben zu haben, ein erster Hinweis hierzu findet sich 1782. In den Jahren vor der Säkularisation von 1802/03 waren es wohl vorwiegend Freisinger Geistliche, Angehörige des Hofstaates und Bürger, die bei Mozler eingekauft haben. Wie so viele musste er sich infolge der Säkularisation neu orientieren: Mit der Aufhebung der Freisinger Stifte und Klöster und der Auflösung des fürstbischöflichen Hofes brach Mozler ein beträchtlicher Teil des bisherigen Kundenstamms weg. Zugleich erbrachte die Aufhebung zahlreicher geistlicher Einrichtungen einschließlich ihrer Bibliotheken ein einmaliges Angebot an historischen Handschriften und Büchern, die nicht selten zu Schleuderpreisen verkauft wurden. Joseph Mozler verstand es gut, diese „Periode der Bücherärndte“, wie es in einem 1828 erschienene Nachruf auf ihn heißt, zu nutzen und dabei auch seinen Kundenkreis deutlich auszuweiten.

Als zunehmend wichtiges Instrument der Kundenakquise etablierte Joseph Mozler seinen Verkaufskatalog oder – wie er diesen selbst nannte – das „Verzeichniß gebundener Bücher“. Der Katalog erschien seit 1788 mehrmals im Jahr und wurde von Mozler an Interessenten im gesamten deutschsprachigen Raum versandt. Bis zu seinem Tod kamen knapp hundert Kataloge heraus. Da Mozlers Freisinger Antiquariat zu den renommiertesten deutschen Antiquariaten des frühen 19. Jahrhunderts gehörte und die Kataloge eine große Bandbreite seltener und wertvoller Buchtitel und Handschriften wiedergeben, kommt ihnen heute Bedeutung insbesondere für die Wissenschafts-, Literatur- und Bibliotheksgeschichte zu. Das Stadtarchiv Freising besitzt vier Exemplare der Verkaufskataloge: Nr. 59 (1806), Nr. 61 (1807), Nr. 65 (1807) und Nr. 67 (1808). Die größte Sammlung Mozlerscher Kataloge verwahrt heute die Diözesanbibliothek des Erzbistums München und Freising.

Seit 1805 erhielt auch der Schriftsteller Clemens Brentano in Heidelberg Mozlers Kataloge. Über mehrere Jahre hinweg bestellte er in Freising Handschriften und Bücher. Im Zusammenhang mit seiner Volksliedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“, die er zusammen mit Achim von Arnim zwischen 1805 und 1808 in drei Bänden herausgab, interessierte sich Brentano vorwiegend für deutsche Liederhandschriften. Die 21 erhaltenen Briefe der Korrespondenz zwischen Clemens Brentano und Joseph Mozler, die sich heute überwiegend im Besitz der Universitätsbibliothek Heidelberg befinden, geben wichtige Hinweise zu Brentanos damaligen Interessenschwerpunkten. Der Literaturwissenschaftler Armin Schlechter konnte mehrere Lieder in den Wunderhorn-Bänden nachweisen, die Brentano von Mozler vermittelt wurden, darunter solche von Orlando di Lasso, Johann Fischart und Johannes Khuen. Welche Bedeutung Clemens Brentano dem Freisinger Antiquar beimaß, erhellt ein Brief, den er 1805 an seinen Schwager, den Juristen Friedrich Carl von Savigny, schrieb; Joseph Mozler nennt er darin einen „göttliche[n] Antiquar an Ordnung, Zutrauen, Büchermenge und Billigkeit“.

 

von Florian Notter, Leiter des Stadtarchivs Freising

Abbildung: Titelblatt des antiquarischen Verkaufskatalogs Nr. 65 (1807). (Stadtarchiv Freising).

QUELLEN: StadtAFS, Druckschriftensammlung, Rariora. LITERATUR: Mayr, Anton: Der Freisinger Antiquar Joseph Mozler und seine Beziehungen zu den Heidelberger Romantikern. Eine Gedenkgabe zum 150. Geburtstage Clemens Brentanos und Friedrich Karl von Savignys, in: Frigisinga 6 (1929), S. 70-129 • Schlechter, Armin: Der Briefwechsel zwischen Clemens Brentano und dem Freisinger Antiquar Joseph Matthias Mozler, in: Bibliothek und Wissenschaft 33 (2000), S. 103-187 • Schlechter, Armin: Ediertes und nicht ediertes „Wunderhorn“-Material. Zu den Primärquellen von „Des Knaben Wunderhorn“, in: Strack, Friedrich (Hg.): 200 Jahre Heidelberger Romantik, 2008, S. 101-118.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Januar 2023.
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