Eine Verbeugung vor Kulturschaffenden
40 Jahre Kulturpreis im Landkreis Freising

Auf Anregung des damaligen Echinger Bürgermeisters und Kreisrates Dr. Joachim Enßlin beschloss der Freisinger Kreistag im Jahr 1980, besondere Leistungen auf dem Gebiet der Kultur mit einem Preis zu würdigen. Zwei Jahre später war es dann so weit: Erstmals wählte eine Jury die Kulturpreisträger aus. Dem Gremium gehörten damals die Fraktionsvorsitzenden der im Kreistag vertretenen Parteien, die Kreisheimatpfleger und Landrat Ludwig Schrittenloher an.

Seither sind 40 Jahre vergangen, in denen 33 Kulturpreise, 75 Anerkennungspreise und 60 Förderpreise verliehen wurden. Letztere würdigen vor allem junge Kreative, die am Anfang ihrer Laufbahn stehen. Viele dieser Ausgezeichneten sind heute in der Kulturszene etabliert. In den Bereichen Musik, Theater oder Literatur haben sie sich über die Landkreisgrenzen hinaus einen Namen gemacht. Anfänglich kamen die Preisträger häufig aus der Kirchen- oder Volksmusik, Heimatforscher wurden genauso geehrt wie Mundartdichter. Doch das kulturelle Leben im Landkreis hat sich im Laufe der Zeit entwickelt: In den vergangenen Jahren ging der Kulturpreis an Rockbands, eine Entertainerin und an einen innovativen Theatermacher.

Die Trophäe
Die Kulturpreise des Landkreises Freising werden immer im Rahmen einer festlichen Matinee vergeben. Die Geehrten erhalten dabei einen Geldbetrag, eine Urkunde und als Trophäe eine Bronzebüste. Die hat der Bildhauer Karl Huber entworfen. Das Modell für die Anerkennungs- und Förderpreistrophäen stammt von der Keramikkünstlerin Franziska Schmidt-Bacher.
Beide Bildwerke zeigen das bekrönte Haupt eines Afrikaners. Dieses Motiv ist dem Landkreiswappen entnommen, das der Landkreis Freising mit Zustimmung des Innenministeriums seit 1954 führt. Der sogenannte Freisinger Mohr geht auf das Herrschaftszeichen der Freisinger Bischöfe zurück. Bischof Emicho verwendete es 1284 erstmals in seinen Siegeln, sein Nachfolger Konrad machte die bekrönte Gestalt 1314 zur Wappenfigur. Bis 1803 war der Freisinger Mohr Ausdruck bischöflicher Souveränität und personifizierte das von Bayern unabhängige Fürstentum Freising.

Wie bei den meisten alten Wappen existiert auch für das Freisinger keine Beschreibung oder Erklärung aus der Entstehungszeit. Über die Gestalt des Mohren kann deshalb nur spekuliert werden. Vermutlich handelt es sich um keine historische, biblische oder literarische Figur, sondern um eine Allegorie der Stärke. Darauf verweist die Krone, die ihren Träger auszeichnet und überhöht. Die Trophäe und ihr Vorbild im Landkreiswappen sind damit über jeden rassistischen Verdacht erhaben. Das Bildthema hat seine Wurzeln im ausgehenden Mittelalter und nicht in der Kolonialzeit. Der Ring im linken Ohr der Bronzebüste ist kein Sklavenzeichen. Kreisförmige Ohrringe, sogenannte Kreolen, waren seit dem späten 18. Jahrhundert beliebte Schmuckstücke, die von Vertretern des Adels wie des Bürgertums, von Bauern, Handwerkern und Seeleuten getragen wurden.

Ist der Begriff Mohr eine abwertende Bezeichnung? Diese Einschätzung geht auf eine nicht verifizierbare These der Anglistin Susan Arndt zurück, die mit einer fehlerhaften Etymologie argumentiert. Richtig ist: Mohr leitet sich vom lateinischen mauri ab, einer Herkunftsbezeichnung für die Bewohner des Landes Mauretanien, die bereits von den Römern auf alle Afrikaner übertragen wurde. Der Begriff mauri war keine abwertende Pauschalisierung von Menschen, sondern ein rhetorisches Stilmittel der lateinischen Sprache: Pars pro toto, ein Teil steht für das Ganze. Diese Sprachfigur findet bis heute Verwendung, auch wenn es um europäische Länder und deren Bewohner geht. Die Umgangssprache macht beispielsweise alle Bürger des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland zu Engländern. Für die gesamte Bevölkerung des Königreichs der Niederlande ist die Bezeichnung Holländer gebräuchlich, egal aus welcher der zwölf niederländischen Provinzen sie stammen.

Das bekrönte Mohrenhaupt im Landkreiswappen ist ein Zeichen des Respekts und der Wertschätzung gegenüber Menschen. Dies gilt auch für seine Ausformung als Kulturpreistrophäe des Landkreises Freising.

Heute loben rund die Hälfte aller Landkreise in Bayern Kultur- oder Kunstpreise aus; der Landkreis Freising war vor vierzig Jahren einer der ersten von ihnen. Die Kommunalgesetze des Freistaats Bayern zählen die Kulturförderung zu den sogenannten freiwilligen Aufgaben kommunaler Gebietskörperschaften. Im Bundesland Sachsen hingegen wurde mit dem „Kulturraumgesetz“ die Kultur zur Pflichtaufgabe erklärt. Dennoch: Der Landkreis Freising begreift den Kulturpreis als die freiwillige Verpflichtung, verdiente Kulturschaffende zu ehren und kreativ Begabte zu weiterem Wirken anzuregen.

Als Hommage an die bisherigen Kulturpreisträger gibt der Landkreis Freising nun eine Broschüre heraus. Sie lässt noch einmal alle Geehrten Revue passieren und dokumentiert dabei die Vielfalt des kulturellen Lebens im Landkreis Freising. Die Broschüre ist ab Mai 2022 im Landratsamt Freising erhältlich.

Von Bernd Feiler, Kreisheimatpfleger

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom März 2022.
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