Ein vielseitig engagierter Macher
Gottfried Herrmann leitet seit 21 Jahren den 3klang

Als Gottfried Herrmann gemeinsam mit Thomas Braun im Jahr 1998 den 3klang ins Leben rief, war das vor allem ein mutiges Wagnis. Dass sich daraus mittlerweile eine gestandene Institution mit zwei Dependancen und zahlreichen Unterrichtsorten entwickelt hat, mag mit an seinen Sternen liegen. Herrmann nämlich wurde auf den Tag genau 204 Jahre nach Wolfgang Amadeus Mozart im Zeichen des Wassermann geboren, und beide zeichnen sich durch eine ganze Reihe von charakteristischen Attributen aus. Sie sprudeln vor Ideen, haben oft geniale Einfälle, geben sich als Erneurer und Idealisten zu erkennen, sind dabei ausgesprochen tolerant und haben einen enormen Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit, neigen zum Nonkonformismus, sind kreativ veranlagt und als Musiker aktiv.

Dass Herrmann sich zum leidenschaftlichen Musikschulleiter gemausert hat, liegt in erster Linie an seiner Stringenz. In der Familie nämlich gab es keinerlei Talente, an denen er sich hätte orientieren können. Die Initialzündung erreichte ihn erst während seiner Zeit am Camerloher-Gymnasium in Person von Theo Brand, der ja bekanntlich so manches Freisinger Talent erweckte. Unter seiner Leitung wirkte er als Geiger im Schulorchester und in Kammermusikgruppen mit. Zudem nahm er immer wieder an Musikfreizeiten teil und genoss es, in diesen Zeiten acht Stunden pro Tag ausschließlich Musik machen zu können. Spätestens damit war die Zielrichtung klar. Er studierte an der Musikhochschule München und parallel an der Ludwig Maximilians Universität evangelische Religion für das Lehramt. Da ihm nach dem 2. Staatsexamen keine interessante Stelle angeboten wurde, schaute er sich selbst nach Möglichkeiten an Musikschulen um und wurde in Neubiberg fündig, wo er sprichwörtlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufkreuzte. Dort war derzeit die Leitung vakant und Herrmann avancierte von Null auf Hundert zum Musikschulleiter. Nach 15 Jahren allerdings ging diese Kooperation zur Neige, da die Neubiberger Musikschule mit der in Unterhaching zusammengelegt wurde. Diese Zäsur nutze er um gemeinsam mit Thomas Braun etwas gänzlich Neues in Freising zu gründen. Um dieses abenteuerliche Projekt zu konzipieren, kauften sich die beiden ein Bayern-Ticket und kurvten einen Tag lang kreuz und quer durch Oberbayern, wobei sie offenbar das rhythmische Geräusch der Schwellen und die prächtige Landschaft mächtig inspirierten. So erstellten sie das Programm für ihr Musikinstitut auf der Fahrt zwischen München und Traunstein, die finanzielle Kalkulation bei strahlendem Sonnenschein auf der Winkelmoosalm und die Werbestrategie zwischen Garching an der Alz und Landshut. Danach war klar, dass sie für den Anfang 100 Schüler brauchen, um die Miete für die ersten Unterrichtsräume bezahlen zu können. Und eben diese 100 Schüler hatten sie gemeinsam mit vier weiteren Lehrkräften bereits nach zwei Monaten beieinander und ebenso rasant ging es weiter aufwärts. Es wurden Dependancen in Olching und im Münchner Südosten, mit den Zweigstellen Waldperlach, Hohenbrunn, Putzbrunn, Höhenkirchen und Neubiberg eingerichtet. Noch deutlich mehr Zweigstellen gibt es in und um Freising. Außer im Hauptsitz an der Saarstraße wird an der Fabrikstraße, im Sainerhaus, im Haus der Vereine, im Freisinger Streicherzentrum, im Gemeindekindergarten in Haag, im katholischen Pfarrkindergarten in Langenbach, in der Grundschule und im katholischen Pfarrheim in Marzling und in der Grundschule Wolfersdorf qualifizierter Musikunterricht gegeben. Gerade die musikalische Früherziehung in Kindergärten und Grundschulen liegt Herrmann besonders am Herzen, weil die Kinder so gleichermaßen ihr Selbstbewusstsein steigern und ihren Teamgeist entwickeln können. Etwas anspruchsvoller ist das Zusatzangebot am Dom-Gymnasium, wo seitens des 3klang spezieller Instrumentalunterricht als Grundlage für das dortige Schulorchester und die Bigband angeboten wird. Doch nicht nur die jungen Schüler werden zusehends mehr, auch der Erwachsenenbereich wächst stark.

All dies führte dazu, dass der 3klang heute das größte freie Musikinstitut in Bayern ist und erfreulicherweise vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert wird. Aktuell erhalten rund 2500 Schüler von 118 qualifizierten und zertifizierten Lehrkräften, die aus 22 Nationen stammen, Unterricht in nahezu allen musikalischen Fächern. Das Altersspektrum der Schüler reicht vom Kleinkind bis zum rüstigen Rentner sowie quer durch alle soziale Schichten und Nationalitäten. Aber der 3klang ist viel mehr als nur eine Musikschule. Auf dem spartenübergreifenden Programm stehen zudem Theater und Bildende Kunst, und all das nicht nur als Unterrichtsangebot, sondern auch in Form von öffentlichen Veranstaltungen wie Konzerten, Theatervorstellungen und Ausstellungen, und dies wohlgemerkt durch vielerlei Stile und Epochen, mit denen das kulturelle Leben vor Ort auf facettenreiche Art bereichert wird. So finden im März in Freising die Ausstellung „Bäume – Begegnungsorte für die Seele“ mit einem breitgefächerten Begleitprogramm statt (siehe: „Kunst in Kürze“) und ein Benefizkonzert für Dara Bau, das kambodschanische Patenkind des 3klang. Beginn ist am 24. März 2019 um 17 Uhr in der Galerie der Freisinger Bank. Dabei werden Lehrkräfte eine breite Palette an musikalischen Stilrichtungen erklingen lassen und Dietwart Völpel, der Dara Bau im Januar besucht hat, von seinen Eindrücken berichten. Am 28. März weht dann mit dem Jazzpianisten Bernd Lhotzky ein Hauch von Harlem im Sainerhaus und am 7. April ist der 3klang mit einer Eigenproduktion zu Gast im Gasteig. Mit „Fiede‘s Herberge“ schrieb Gottfried Herrmann einen Karneval der Tiere des 21. Jahrhunderts, in dem sieben Katzen von ihren Heimatländern erzählen und so eine Reise durch die ganze Welt starten. Die Musik dazu komponierte der moldawische Komponist Vladislav Cojocaru, der seit 10 Jahren bei 3klang als Lehrer tätig ist, intoniert wird diese vom hauseigenen Sinfonieorchester „Trisono“. Keine Frage, Herrmann ist ein vielseitig interessierter und engagierter Macher, der permanent seine Fühler in alle denkbaren Richtungen ausstreckt, obwohl er bereits mit dem 3klang von Organisation, Lehre und eigenem Musizieren gut ausgelastet ist. So gründete er den „Süddeutschen Arbeitskreis für Jugendmusik“ und veranstaltete mit diesem zahlreiche Musikwochen im In- und Ausland. Später rief er das „Oberbayerische Jugendorchester“ und das Jugendkammerorchester „Del Monte“ ins Leben, die beide über Jahre hinweg erfolgreiche Konzerte im In- und Ausland gestalteten. Leider fielen diese vielversprechenden Projekte den gesteigerten Anforderungen an die schlicht überlasteten Schüler zum Opfer. Zudem probiert Herrmann nicht nur immer wieder Neues im musikalischen Bereich aus, er schaut auch mal über den Tellerrand. So bewirtschaftete er, ebenfalls mit Thomas Braun, in den 90er Jahren das Jugendhaus Alpe Vorsäß in Gunzesried in den Allgäuer Bergen.

Zu dieser Zeit entstand das „Gunzesrieder Alphorntrio“, das heute noch existiert. Außerdem spielt Herrmann im Hauptfach Geige, ferner Bratsche und Posaune, „für jeden Anlass etwas“, wie er das nennt. Bevorzugt widmet er sich klassischer Literatur, hat aber durchaus auch etwas für Jazz übrig. Und so kann es schon mal vorkommen, dass man ihn kurz hintereinander als Geiger bei den „Tetraphonikern“ erlebt und wenige Tage später als Bassposaunisten bei der „Original Triad Big Band“. Es „macht ihm einfach Spaß, unterschiedliche Sachen zu machen“ und durch ganz Europa zu reisen, um mit verschiedensten Musikern zu kooperieren.

Und genau das ist es auch, was er mit seinem Wirken vermitteln will, schließlich stellt das Miteinander-Musizieren nicht nur einen Kontrapunkt zum stetig wachsenden Egoismus dar, sondern auch eine Grundlage für Vernetzungen. So will er den Menschen vermitteln, dass Musik Freude macht, Kraft gibt und das Selbstbewusstsein steigert und dass Produzieren besser ist als Konsumieren. Und wenn er sagt, dass er davon überzeugt ist, dass Musik Menschen verändert, belegt er dies mit einer Studie über Demenzkranke, deren Symptome mit Musik gelindert wurden. Vor allem aber ist er einfach glücklich, wenn er erkennt, dass seine Schüler glücklicher rausgehen, als sie hereingekommen sind. Beim Zuhören wird schnell klar, dass all das sein Leben ist, das manchmal recht turbulent sein kann. Die ausgleichende Ruhe sucht er zwischendurch im hohen, um nicht zu sagen höchsten Norden, wo er dann wiederum einem 3klang lauscht, nämlich dem von Landschaft, Lauten und Licht.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom März 2019.
In unserer Bibliothek können Sie diese und alle anderen Ausgaben der letzten Jahre online lesen.

zur Bibliothek...
weitere Artikel zu diesem Thema: