Ein halber Quadratmeter Freiheit
Wanderausstellung im Alten Gefängnis

Die Ausstellungsräume im ersten Stock des Alten Gefängnisses in Freising werden seit Jahren gut angenommen. Von ausstellenden Künstlern, aber auch von Besuchern. Vom 8. bis zum 28. Oktober 2013 findet dort nun eine Ausstellung statt, die in besonderem Maße hierher gehört. Fast 50 Jahre nach der Schließung des Freisinger Gerichtsgefängnisses im Jahr 1965 kehren indirekt wieder Gefangene zurück. Der gemeinnützige Verein Art and Prison e.V. aus Berlin zeigt an die 300 Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen, die von Häftlingen aus über 40 Ländern angefertigt wurden. Dies ist das Ergebnis von zwei Kunstwettbewerben, an denen in den letzten fünf Jahren fast 1000 Inhaftierte weltweit teilgenommen haben.

Die Werke spiegeln das Leben, aber auch das Nichtleben von Menschen in Haft wieder. Sie erzählen „eine Geschichte menschlicher Abgründe, von Schuld und Strafe, von Angst und Einsamkeit, von Sehnsucht und Hoffnung“ (Dr. Peter Lodermeyer im Ausstellungkatalog, 100 Seiten, 18,- €). Die Frage, welches von den Werken Kunst ist und welches nicht, erübrigt sich beim Sehen recht schnell. Entscheidend ist, was trifft, was spricht unmittelbar an. Und das tut auf seine Weise jedes der Werke. Denn jeder der Schaffenden trifft den Betrachter und spricht ihn auf sein Schicksal an.
Der Verein Art and Prison holt mit seiner Ausstellung Themen von Gefangenen, die sonst keine Lobby haben, aus ihren Zellen heraus in die Welt und ist somit ein Weg aus der Isolation. Und es ist ein Weg der Versöhnung zwischen den Menschen. Der Vorsitzende des Vereins arbeitet selbst seit fast 25 Jahren in einem Hochsicherheitsgefängnis. Es geht laut Veranstalter um Resozialisierung, um Familien- und Opferhilfe. Und die Konfrontation über das Sehen, das Mitsehen mit den Häftlingen bringt uns deren Welt wohl sicher näher als mancher noch so gute Zeitungsartikel.

Die Vernissage zu der Ausstellung findet am 10.10. um 19.30 statt. Während der Ausstellungszeit wird es in Zusammenarbeit mit RENOVABIS und dem Kardinal-Döpfner-Haus auch begleitende Veranstaltungen geben. Dem Verein liegt ein Podiumsgespräch am 21.10. besonders am Herzen, in dem die brisante Situation des Strafvollzugs in Mittel- und Osteuropa erörtert wird. Näheres entnehmen Sie bitte der Tagespresse. Finanziert wird die Ausstellung über Spenden und den Verkauf des Ausstellungskatalogs. Was finanziell übrig bleibt, kommt der Gefangenenpastoral in Albanien zugute. Nach der Ausstellung in Freising wird es einen weiteren internationalen Kunstwettbewerb geben, dessen Ergebnisse wir – vielleicht und hoffentlich – wieder in unserem Alten Gefängnis sehen können. Weitere Informationen über den Veranstalter unter www.artandprison.de.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Oktober 2013.
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