Die städtische Schaltzentrale
Einblicke in die Arbeit des Freisinger Stadtrats

Der Beginn der 14. Amtsperiode des Freisinger Stadtrats hatte aufgrund der aktuellen Situation schon historische Bedeutung, ehe eines der neuen Mitglieder überhaupt vereidigt oder eine Wahl gefasst wurde. Angesichts der Corona- Pandemie fand die so genannte konstituierende Sitzung am 7. Mai in der weitläufigen Luitpoldhalle und nicht wie sonst im Großen Sitzungssaal des Rathauses statt. Strenge Hygieneregeln waren zu beachten, die Einhaltung der vorgeschriebenen Abstandsregeln war höchstes Gebot. Ein absolutes Novum in der Geschichte des Stadtrats. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher sprach angesichts der Corona-Krise von unabsehbaren wirtschaftlichen Folgen, auch für die Stadt Freising, stellte dann aber mit dem Übergang zur Tagesordnung ein Stück Normalität in diesen schwierigen Zeiten her. Die sah neben der Vereidigung der 15 neuen Mitglieder des Stadtrats, die bei der Kommunalwahl am 15. März von den Freisinger Bürger*innen gewählt worden waren, auch die Wahl der beiden Bürgermeisterinnen vor: Eva Bönig (Bündnis90/ Die Grünen) wurde von ihren Stadtratskolleg*innen als 2. Bürgermeisterin im Amt bestätigt, Birgit Mooser-Niefanger (Freisinger Mitte) als 3. Bürgermeisterin neu ins Amt gewählt.

OB Eschenbacher führte Kraft seines Amtes als Vorsitzender durch die Tagesordnung, die auch die Benennung von Referent*innen (Mitglieder, die mit einem bestimmten Aufgabengebiet betraut sind und in diesem Bereich künftig ganz besonders eng mit der Stadtverwaltung zusammenarbeiten werden), von Fraktionsvorständen sowie von Mitgliedern in sechs Fachausschüssen vorsah.

Fachausschüsse beraten den Stadtrat

Dem Gesamtstadtrat zugearbeitet wird im Finanz- und Verwaltungsausschuss, im Ausschuss für Planen, Bauen und Umwelt, im Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport, in den Werkausschüssen für den Eigenbetrieb Stadtwerke und den Eigenbetrieb Stadtentwässerung sowie im Rechnungsprüfungsausschuss. Letzterer befasst sich u.a. mit der Prüfung der Jahresrechnung der Stadt, ihrer Stiftungen sowie den Jahresabschlüssen der Eigenbetriebe. Bei der Fülle der Aufgaben des Stadtrats übernehmen die (Fach-)Ausschüsse die Vorberatung von Themen, die später im Stadtrat behandelt werden, falls sie nicht selbstständig beschließen dürfen. Der Finanz- und Verwaltungsausschuss setzt sich beispielsweise Angelegenheiten der allgemeinen Verwaltung, des Gewerbewesens, der öffentlichen Ordnung oder des Gesundheitswesens auseinander. Der Ausschuss kann Projekte in einer Höhe von bis zu 1,5 Mio Euro beschließen und Aufträge für bereits genehmigte Maßnahmen in unbeschränkter Höhe vergeben (solange sie den genehmigten Haushalt nicht übersteigen).

Wenn zum Beispiel die Sanierung des Daches der Sporthalle in der Luitpoldanlage im Raum steht oder über ein Farb- und Materialkonzept im st.dtischen Mehrgenerationenwohnen Lerchenfeld entschieden werden soll, werden diese im Finanz- undVerwaltungsausschuss vorberatend behandelt und diskutiert. Auch beraten die Mitglieder beispielsweise über Finanzen rund um das Volks- oder Altstadtfest. Für Fachthemen wird in der Regel auch entsprechendes Fachpersonal zu Rate gezogen. Beschlüsse werden im zuständigen Ausschuss direkt oder nach entsprechender Vorberatung im Ausschuss in einer späteren Sitzung des Stadtrats gefasst. Mitglieder können (im Ausschuss wie im Stadtrat) entweder für oder gegen einen Beschlussvorschlag stimmen oder auch einen Alternativvorschlag unterbreiten. Enthaltungen sind nicht möglich.

Die Sitze in den jeweiligen Ausschüssen werden laut Geschäftsordnung nach dem Sainte-Lague/Schepers-Verfahren unter den Fraktionen in Abhängigkeit ihrer Stärke verteilt. Jedes Ausschussmitglied hat für den Fall seiner Verhinderung eine erste und zweite Vertretung. Den Vorsitz in den Ausschüssen (Ausnahme Rechnungsprüfungsausschuss) hat, wie im Stadtrat, der Oberbürgermeister. Der Gesamtstadtrat selbst beschließt den Haushalt, entscheidet über Gebühren, Tarife und Entgelte, über Satzungen und Verordnungen oder auch die Verleihung der Bürgermedaille oder des Ehrenbürgerrechtes. Das Gesamtgremium hat die Befugnis, Ausschüsse jederzeit aufzulösen, es sei denn, sie sind gesetzlich vorgeschrieben

Punkt für Punkt: die Tagesordnung

Rechtzeitig vor den Stadtratssitzungen, bzw. seiner Ausschüsse setzt der Vorsitzende die Tagesordnung fest und gibt sie spätestens am vierten Tag vor der Stadtratssitzung bekannt. Mitglieder erhalten sie schriftlich oder auf elektronischem Wege und haben natürlich die Möglichkeit, Anträge zu stellen. Diese müssen sie konkret formulieren und begründen, damit sich andere Mitglieder inhaltlich auf den entsprechenden Tagesordnungspunkt vorbereiten können. Die Tagesordnung für öffentliche Sitzungen übermitteln die Verantwortlichen der Stadtverwaltung rechtzeitig an die Freisinger Medien, denen zur Berichterstattung eigene Presse-Plätze im Sitzungssaal zur Verfügung stehen. Sitzungen des Stadtrats sind grundsätzlich öffentlich, es sei denn es werden Angelegenheiten behandelt, die beispielsweise dem Datenschutz, dem Sozial- oder Steuergeheimnis unterliegen. Zu nichtöffentlichen Sitzungen können – soweit erforderlich – durch Beschluss auch Personen hinzugezogen werden, die nicht dem Stadtrat angehören, zur konstruktiven Beratung von Tagesordnungspunkten aber einen entscheidenden Teil beitragen können. Sie unterliegen der Verschwiegenheitspflicht. Gefasste Beschlüsse in nichtöffentlichen Sitzungen werden der Öffentlichkeit in einer späteren Sitzung vom Oberbürgermeister bekannt gegeben, sobald die Gründe der Geheimhaltung weggefallen sind.

Sachverständige befassen sich mit Fraktionsanträgen

Der Vorsitzende eröffnet die jeweilige Stadtratssitzung, prüft die Anwesenheit der Mitglieder, stellt ihre Beschlussfähigkeit fest und verliest und erläutert anschließend die Tagesordnung. Zu Punkten, die zuvor in einem der Ausschüsse vorberaten worden sind, wird der dort gefasste Empfehlungs-Beschluss bekanntgegeben und ggf. auf Anordnung des Vorsitzenden auch ein/e Sachverständige/r oder eine sachkundige Person zur Erläuterung hinzugezogen. Im Falle der vielbeachteten Sondersitzung zur „Freisinger Klimaoffensive“ am 23. Januar 2020 war dies beispielsweise Marie Hüneke, die Klimaschutzmanagerin der Stadt, die in einem Vortrag über die Folgen der Erderwärmung referierte und dafür warb, sich auf „sachlicher Ebene“ mit dem Thema auseinanderzusetzen (ausführlicher Bericht nachzulesen auf www.freising.de unter „Online dabei“). In den Monaten zuvor waren Anträge von zahlreichen Fraktionen eingegangen, die die Ausrufung des Klimanotstandes in Freising forderten. Das Klimaschutzmanagement hatte sich anschließend intensiv (auch in Diskussionsrunden) zusammen mit den Referatsleiter*innen, Stadtratsmitgliedern und weiteren Akteur*innen mit den Forderungen befasst. Bei der öffentlichen Stadtratssitzung, die von etwa 70 Bürger*innen im Großen Sitzungssaal und auf einer Videowand im Kleinen Sitzungssaal live verfolgt wurde, wurden anschließend mehrere Beschlüsse gefasst, darunter der von OB Eschenbacher eingebrachte  Kompromiss, den Klimanotstand anzuerkennen.

Am Ende jeder Stadtratssitzung haben die Stadtratsmitglieder die Möglichkeit, Anfragen zu Themen zu stellen, die nicht auf der Tagesordnung stehen. Diese sollen spätestens am Vortag dem Vorsitzenden schriftlich oder mündlich angekündigt werden, um im Plenum sofort diskutiert werden zu können. Nicht angekündigte Anfragen werden zu Protokoll genommen und entweder schriftlich oder in der nächsten Sitzung beantwortet. Sofern keine Berichte oder Anfragen mehr vorliegen, schließt der Vorsitzende die jeweilige Sitzung.

Protokolle zur Einsicht

Zu jeder Sitzung werden Protokolle, so genannte Niederschriften, angefertigt, die getrennt nach öffentlichen und nichtöffentlichen Tagesordnungspunkten erstellt werden. Bürger*innen haben das Recht, in sämtliche Niederschriften von öffentlichen Sitzungen Einsicht zu nehmen und somit das Geschehen im Stadtrat genau zu verfolgen – auch wenn er/sie etwa aus Zeitgründen nicht an einer öffentlichen Sitzung teilnehmen kann.

Immer aktuell: Die Stadtrats-Infos im Internet

Bürger*innen, die an öffentlichen Sitzungen des Stadtrats und seiner Ausschüsse teilnehmen möchten, können sich auf der Webseite der Stadt unter https://www.freising.de/rathaus/politik über anstehende Sitzungen informieren und die entsprechenden Tagesordnungen einsehen. Die Online-Rubrik stellt außerdem die Stadträt*innen der einzelnen Fraktionen mit Fotos und Kontaktdaten vor und liefert eine Übersicht der Referent*innen und Ausschussmitglieder sowie aktueller Anträge aus dem Stadtrat. Für Interessierte, die sich genauer mit der Materie Stadtrat auseinandersetzen wollen, steht hier auch die aktuelle Geschäftsordnung zum Download bereit.

 

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Juni 2020.
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