Der neue OB im FINK-Interview: „Da gibt es vieles, was wichtig ist“
Tobias Eschenbacher (FSM) über Erwartungsdruck und Terminstress, über die Startbahn und die Area 51

Die Ära Thalhammer endet am 30. April. Am 1. Mai beginnt in Freising eine neue Zeitrechnung: Tobias Eschenbacher (34) von der Freisinger Mitte ist dann der neue Oberbürgermeister in der Dom-, Bier-, Universitäts- und Rosenstadt. Der FINK hat mit dem neuen Chef im Rathaus gesprochen.

Am 1. Mai sind Sie OB. Aber Q-Bar-Betreiber und FINK-Herausgeber sind Sie dann nicht mehr. Macht das auch etwas traurig? Oder anders gefragt: Schnüff?
Ja, das stimmt mich schon etwas traurig. Schließlich sind es doch zwei Unternehmen, in die ich viel Herzblut gesteckt habe und die mir viel Spaß gemacht haben. Die Menschen, mit denen ich in dieser Zeit zu tun hatte, sind mir schon ans Herz gewachsen – Mitarbeiter, Gäste und Kunden. Sie alle werde ich jetzt nicht mehr so oft sehen und treffen. Ich werde sie schon vermissen.

Kein Wunder: Der Terminstress als OB wird groß sein. Wie werden Sie das handhaben? Bleibt da noch irgendwo Freizeit?
Ich hatte ja bis jetzt schon immer viele Termine – auch abends. Und mir macht das ja auch Spaß, Einblicke in Vereine und Gruppierungen zu bekommen, mit Leuten zusammenzukommen und mit ihnen zu reden. Klar, ein bisschen Freiraum werde ich mir schon nehmen und der ist dann für meine Frau und meine Familie da. Aber in der Position als Oberbürgermeister hat man eine große Verantwortung. Da gibt es vieles, was wichtig ist.

Der Erwartungsdruck an das neue Stadtoberhaupt ist hoch, die Erwartungen sind groß. Ein bisschen Bammel?
Das stimmt, der Erwartungsdruck ist da. Sicherlich brauche ich ein bisschen Zeit, um in das Amt reinzukommen. Aber ich bin zuversichtlich, was die Auf bruchsstimmung betrifft. Bei meinen Gesprächen, die ich schon in der Verwaltung geführt habe, habe ich gemerkt, dass man sich dort auch schon auf mich freut. Und das beruhigt mich schon, dass ich mit meinen Vorstellungen nicht allein dastehe.

Haben Sie schon Vorstellungen, was sich im Verwaltungsablauf ändern sollte?
Da werde ich noch genauer schauen, welche Strukturen es gibt und welche davon gut sind. Und ich werde auch hinhören, welche Erwartungen und welche Vorstellungen die Verwaltung hat. Dazu werde ich alle Abteilungen mal besuchen, ein paar Termine dafür sind auch schon festgelegt. Denn es ist wichtig, sich gegenseitig kennenzulernen. Und ich erwarte mir von meinen Mitarbeitern auch Vorschläge, denn ich werde gerne von meinem Team kritisch begleitet – auch wenn die letzte Entscheidung bei mir liegt. Außerdem werde ich mich mit den einzelnen Fraktionen zusammensetzen.

Wie wird das Verhältnis zur eigenen Fraktion der Freisinger Mitte sein?
Natürlich komme ich aus der FSM und werde mit der FSM in engem Kontakt bleiben. Aber selbstverständlich bin ich der Oberbürgermeister für alle Stadträte. Meine Tür steht allen offen. Und wenn die FSM und ich künftig mal unterschiedlicher Meinung sind, dann wäre das kein Problem. Das gab es in der Fraktion ja jetzt schon hin und wieder. Und das ist ja auch das Gute an der FSM, dass es da keinerlei Fraktionszwang gibt. Die gemeinsame Grundausrichtung von FSM und mir bleibt selbstverständlich. Daran wird sich nichts ändern.

Wie wird das künftig mit den Ausschuss- und Stadtratssitzungen sein. Ändert sich da terminlich was?
Der Sitzungskalender ist ja bis zum Ende des Jahres vorgegeben. Das ist ein festes, gut eingefahrenes System, an das sich die Stadträte inzwischen gewöhnt haben. Es tut nicht Not, das umzukrempeln.

Schon mal auf dem Chefsessel des OB im Rathaus Platz genommen?
Nein, bisher noch nicht.

Der erste Arbeitstag als OB ist der 2. Mai. Wie wird der ablaufen?
Ich werde wohl um acht Uhr zu Fuß ins Rathaus gehen. Bis dahin werden mir Mitarbeiter meinen PC aufgebaut haben. Um neun Uhr ist eine Besprechung mit den Referatsleitern angesetzt, um elf Uhr empfange ich eine französische Schulklasse und erzähle ihnen etwas über Freising. Die anderen Termine stehen in meinem i-Pad. Und dauern wird der Arbeitstag so lange, bis alles erledigt ist.

Wo wird Oberbürgermeister Eschenbacher den ersten Spatenstich vornehmen. Oder anders gesagt: Welche Großprojekte stehen ganz oben?
Den ersten Spatenstich wird es wohl für die Eishalle geben. Alles andere ist zeitlich noch schwer abzuschätzen. Ich hoffe, dass wir demnächst zumindest die Standortfrage für das Hallenbad klären können. Ebenso hoffe ich, dass es in absehbarer Zeit etwas wird mit dem Spatenstich für die Westtangente. Bei der Innenstadtkonzeption, die momentan ein bisschen hängt, werde ich anschieben: Denn als nächstes steht die Feinplanung an, in der vorgegeben wird, in welcher Reihenfolge die Maßnahmen angepackt werden sollen. Ich hoffe, dass wir mit der neuen Fuß- und Radwege-Unterführung am ehemaligen Bahnposten 15 bald starten können. Aber ich will nicht nur offizielle Spatenstiche vornehmen. Ich will auch ein OB sein, der bei manchen Aktionen mitmacht. Zum Beispiel werde ich beim Panoramalauf der Bürgerstiftung meine Turnschuhe anziehen. Und bei einem Konzert, das die Musikschule heuer zu ihrem 40-jährigen Jubiläum auf die Beine stellt, werde ich auch eine Nummer singen.
Und dann gibt es ja immer noch das Projekt dritte Startbahn, bei dem möglichst kein Spatenstich erfolgen soll.

Wie bringen Sie sich da jetzt in den Abwehrkampf ein?
Die erste Aktion, die jetzt ansteht, ist der Bürgerentscheid in München am 17. Juni. Ich war vor einigen Tagen bei dem nichtöffentlichen Koordinationsgespräch von Aufgemuckt dabei und habe dort die volle Unterstützung der Stadt zugesichert. Grundsätzlich gilt es, dass wir unsere Betroffenheit als Stadt noch stärker herausstellen. Es gilt die Fakten und das, was dieser Flughafenausbau für unsere Stadt bedeuten würde, noch stärker nach außen zu tragen. Wir müssen auch dem Flughafen deutlich machen, wie sehr uns eine dritte Startbahn belasten und einschränken würde. Dabei will ich keine Wand zur FMG aufbauen. Aber eines ist klar: Eine dritte Startbahn ist für uns nicht verhandelbar. Das ist ja kein Spiel, sondern eine existenzielle Frage für uns.

Wieviel Zeit zur Einarbeitung in das Amt geben Sie sich selbst?
Das kommt darauf an: Manches wird sehr schnell und sofort gehen, bei manchen Dingen wird es etwas dauern. Aber ich glaube und hoffe, dass ich bei der 100-Tage-Bilanz schon vorlegen kann, was sich verändern wird und was sich auch schon verändert hat.

Gibt es künftig auch den OB Eschenbacher auf Facebook?
Ich werde auf jeden Fall auch über die neuen Medien und sozialen Netzwerke über meine Arbeit, die Projekte und die Entscheidungen informieren. Mittelfristig plane ich, dass es schon ganz offiziell von der Stadt aus einen Facebook-Auftritt gibt, der über die Aktivitäten informiert.

Kurz nach Ihrer Wahl haben Sie gesagt, Sie hätten noch gar nicht so recht realisiert, was da gerade passiert sei. Wie geht es Ihnen jetzt?
Ich brauche noch immer ein bisschen Zeit, bis ich das wirklich realisiert habe. Momentan bin ich noch immer ein bisschen wie im Niemandsland und im Spagat zwischen Q-Bar und FINK auf der einen und Rathaus auf der anderen Seite.

Sind Sie von OB Thalhammer schon in ganz große Geheimnisse der Stadtpolitik eingewiesen worden? So wie der amerikanische Präsident, dem angeblich beim Amtsantritt das Alien von Roswell in der Area 51 gezeigt wird? Haben wir so etwas in Freising auch?
(lacht) Nein, bisher habe ich von so etwas noch nicht erfahren.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Mai 2012.
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