Selten war der Haushalt der Stadt Freising so umstritten und auch so schwierig wie der für 2023. Selbst in Zeiten, in denen um die Finanzierung der Westtangente gerungen und diskutiert wurde, waren die Debatten nicht so intensiv und die Situation nicht so prekär. Freilich: Einen Etat für 2023 haben Kämmerei aufgestellt und Stadtrat schlussendlich doch genehmigt – mit 33:6 Stimmen.
Das Dilemma begann schon im Oktober mit der Steuerschätzung, als die Gemeinden mit rückgängigen Einnahmen bei der Beteiligung der Grunderwerbssteuer rechnen (minus 11,8 Prozent) mussten, da ein starker Einbruch auf dem Immobilienmarkt zu verzeichnen sei. Aufgrund der starken Inflation ist auch mit einem Anstieg der Einnahmen aus der Beteiligung an der Umsatzsteuer und der Einkommensteuer zu rechnen, erläuterte der Stadtkämmerer Johannes Hutter. Die dürften jedoch durch die inflationsbedingt gestiegenen Ausgaben, insbesondere im Bereich Bau und Energie, vollständig aufgezehrt werden, sodass der finanzielle Handlungsspielraum der Stadt Freising nicht steigt.
Insgesamt könne, so Hutters Einschätzung, die finanzielle Situation der Stadt Freising derzeit als schwierig angesehen werden. Und da ist eine Zahl, die das besonders drastisch ausdrückt: Um die laufenden Ausgaben im Verwaltungshaushalt decken zu können, müssen dem Vermögenshaushalt 19,6 Millionen Euro entnommen werden. Das bedeutet zwei Dinge: Zum einen zeigt es, dass das laufende Geschäft wie Personalkosten 2023 nicht erwirtschaftet werden können, zum anderen folgt daraus, dass zum Ausgleich des Vermögenshaushalts nicht nur rund 40 Millionen an Krediten für die Investitionen, sondern eben rund 60 Millionen Euro an neuen Schulden aufgenommen werden müssen. Denn alle Rücklagen sind in den vergangenen Jahren aufge braucht worden, der Schuldenberg der Stadt wird demnach bei einer Schuldentilgung von fünf Millionen Euro Ende 2023 auf 155 Millionen Euro steigen, nachdem er schon in 2022 von 24 auf 100 Millionen Euro angewachsen war.
Obwohl in den Vorjahren häufig bessere Jahresergebnisse erreicht werden konnten als ursprünglich prognostiziert (so wurden entgegen der Planung seit 2010 rund 130 Millionen Euro der Rücklage hinzugefügt) wurde die Stadt hart von der Corona-Pandemie getroffen. So mussten seit 2020 zirka 82,8 Millionen Euro der Rücklage entnommen werden. Die Ausgleichzahlungen von Bund und Land konnten zwar 2020 und 2021 die Verluste dämpfen. Doch in 2022 habe sich das Gewerbe im Stadtgebiet noch nicht vollständig erholt, erläuterte die Kämmerei, und es seien weiterhin Einbußen bei den Gewerbesteuereinnahmen zu verzeichnen. In Zahlen: Man rechnet mit nur noch 27,4 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer. Nur zum Vergleich: 2018 lag man bei – freilich außergewöhnlichen – 60 Millionen, 2019 und 2020 bei jeweils rund 40 Millionen.
Darüber hinaus werde die Stadt Freising derzeit durch die enorm gestiegenen Baukosten in Verbindung mit einer Vielzahl von begonnenen Baumaßnahmen hart getroffen. Da sich diese beiden Bereiche in den kommenden fünf Jahren wieder entspannen werden, sei „noch” ein positiver Ausblick auf die künftige Finanzlage möglich, hieß es aus der Kämmerei. Bis dahin wird es für die Stadt allerdings schwierig werden, die Mindestzuführung zu erwirtschaften und den Mindestbetrag der Rücklage zu erhalten.
Auch wichtig: Nach der derzeitigen Prognose kann die Stadt Freising 2023 trotz der zurückgegangenen Gewerbesteuereinnahmen nicht mit Schlüsselzuweisungen rechnen.
Ein Posten, an dem man nicht sparen kann, weil die Berechnung vorgegeben ist, ist die Kreisumlage: Über 38,77 Millionen Euro kann sich der Landkreis in 2023 freuen.
Und dann noch die Personalkosten im Verwaltungshaushalt: Die anstehenden Tarifverhandlungen zusammen mit der derzeitigen Inflation führen dazu, dass 2023 mit einer Steigerung des tariflichen Entgelts um 7,5 Prozent gerechnet werden muss. Das bedeutet, dass die Personalkosten im Haushalt 2023 um 9,37 Prozent ansteigen und insgesamt 43,1 Millionen Euro betragen. Eine weitere, erhebliche Steigerung wird im Bereich der Heizkosten erwartet: Hier rechnet man für 2023 mit einem Anstieg um 145 Prozent auf fast drei Millionen Euro.
Alles zusammen führt dazu, dass der Verwaltungshaushalt ein Volumen von 145 Millionen Euro aufweist.
Den Vermögenshaushalt prägen wie immer wichtige Maßnahmen wie die Sanierung des Asamgebäudes, Investitionen in den Bereichen Schulen (vor allem die Erweiterung der Grundschule Vötting) und Kindertagesstätten, die Neugestaltung der Innenstadt und Infrastrukturmaßnahmen wie die Kappenerneuerung der Isarbrücke. Insgesamt sind für Hochbaumaßnahmen 46,3 Millionen Euro vorgesehen, für den Tiefbau hat man 21,8 Millionen Euro veranschlagt.
Weil sich die letzten Jahre gezeigt habe, dass Zuweisungen und Zuwendungen oft mit erheblicher Zeitverzögerung zu den Ausgaben ausgezahlt werden und es deshalb über die letzten Jahre immer wieder zu Defiziten bei den Einnahmen im Vermögenshaushalt gekommen ist, hat man daraus die Lehre gezogen: Die Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen für 2023 hat man sehr vorsichtig kalkuliert, da derzeit keine Überschüsse im Verwaltungshaushalt zu erwarten und Rücklagen nicht mehr vorhanden sind, um mögliche Finanzierungslücken zu decken. So wurden rund 25 Millionen Euro noch ausstehende Zuschüsse für die Westtangente nicht in den Haushaltsund Finanzplan übernommen, da noch keine Klärung hinsichtlich der Auszahlung erzielt werden konnte.
Der Vermögenshaushalt umfasst in Einnahmen und Ausgaben 110,2 Millionen Euro.
Das insgesamt 255 Millionen Euro umfassende Gesamtpaket wurde im Stadtrat mit den sechs Gegenstimmen der CSU (4), der FDP und der AfD genehmigt.
Einsparmöglichkeiten, dessen war man sich bewusst, werden für den Haushalt 2024 überaus wichtig sein, um den Haushalt der Stadt Freising wieder zu stabilisieren. Hierbei kann das Haushaltskonsolidierungsgutachten helfen, das man beim Bayerischen Kommunalen Prüfungsverfahren in Auftrag gegeben hat und das aufgrund der späten Übersendung für den Haushalt 2023 nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Schau mer mal.
von Andreas Beschorner
Foto: Stadt Freising
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Januar 2023.
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