Band? Klasse!
In den Guten Ängern macht Musik Schule - und Schule Musik

Ganz neue Töne hört man an der Freisinger Realschule Gute Änger. Seit September gibt’s dort nämliche eine hauseigene Band. Nicht irgendeine Schulband, nein, bei den Lerchenfeldern ist eine gesamte Klasse unter die Musiker gegangen: die Bandklasse. Musik macht an der Realschule jetzt also Schule – und die Schule macht Musik.

Das Projekt hat Musiklehrer Stefan Vogl initiiert. Ihm schwebte schon länger eine Bandklasse vor. Als dann die Uni Erlangen/ Nürnberg  „klasse.im.puls“ ins Leben rief, war der Moment gekommen, in dem er diese Idee Wirklichkeit werden lassen konnte. „klasse.im.puls“ ist bundesweit das erste musikpädagogische Förderprogramm und will mit eben solchen Bandklassen praktischen Musikunterricht an Real- und Mittel schulen nach vorne bringen. Die 5b an der Realschule ist eine von deutschlandweit gut 400 Klassen, die nicht mehr nur gemeinsam paukt, sondern auch gemeinsam quasi auf die Pauke haut. Rein bildlich gesprochen natürlich, denn tatsächlich ist der Musikunterricht hochkarätig. Vogl selbst unterrichtet Gitarre und seine Kollegin Theresa Stoiber Keyboard, zusätzlich  hat man sich noch drei Profis von der Freisinger Musikschule ins Boot geholt: Julia Schröter (Gesang), Yvo Fischer (Bass) und Stephan Treutter (Schlagzeug). Die drei sind nicht nur fachlich bewandert, sondern bringen auch noch jede Menge Bühnen- und Banderfahrung mit – und nicht zuletzt sind sie Musiker mit Leib und Seele. Besser hätten es die 25 Teenies aus der 5b also nicht treffen können. „Ich hab den Eindruck, dass sie alle mit Spaß und Motivation dabei sind“, stellt Yvo Fischer denn auch gleich fest. Außerdem kommen die Jugendlichen mit neuen Instrumenten in Kontakt. Vorwissen ist in diesem Fall nämlich nicht erwünscht. Alle in der Klasse sollen die gleichen Startbedingungen haben. Wer bereits Unterricht in einem Instrument hatte, der lernt jetzt ein anderes. Wie Jonas. Der kann bereits Gitarre spielen, deshalb lernt er jetzt Keyboard. „Und er hat es für sich entdeckt, es macht ihm Spaß“, weiß seine Lehrerin Theresa Stoiber. Ein weiteres Plus sieht Stefan Vogl in der Brücke, die damit von der Musiktheorie zur Praxis geschlagen wird. „Oft können sie mit dem, was sie im Musikunterricht lernen, nichts anfangen“, sagt er. Notenlesen zum Beispiel. Und er findet einen greifbaren Vergleich: „Das ist, wie wenn sie eine Fremdsprache lernen und sie nie sprechen.“ Und nicht zuletzt macht es etwas mit dem Klassenverband. Man ist nicht nur eine Schulklasse, man ist eine Band, probt gemeinsam, hat gemeinsam Lampenfieber – und man badet gemeinsam in Jubel und Applaus. Das schweißt zusammen. Für die drei Lehrer von der Musikschule ist es übrigens auch eine ganz neue Erfahrung. Während für Stefan Vogl und Theresa Stoiber das Gewusel von 25 jungen Damen und Herren Alltagsgeschäft ist, haben die Musikschullehrer im Normalfall meist nur ein oder zwei Schüler in ihren Stunden. Bei der Bandklasse sind es fünf oder sechs. „Das ist jeden Montag spannend und anders“, findet Jazzsängerin Julia Schröter. Sie merkt, wie gut es den Schülern tut, eine weitere Möglichkeit zu haben, sich emotional auszudrücken. „Und ich habe den Eindruck, da will ganz viel raus.“  Wie passend, dass die Band da gerade an einem Stück von den Sportfreunden Stiller arbeitet, in dem es genau darum geht: sich ausdrücken, etwas sagen. „Ein Kompliment“ ist der Titel. Und ein Kompliment kann man auch diesem Projekt machen. Das wird übrigens fortgesetzt. Auch im kommenden Schuljahr soll eine fünfte Klasse zur Bandklasse werden. Musik macht eben Schule – und Schule macht Musik an der Realschule Gute Änger. Hat man da noch Töne?

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom April 2019.
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