1 Jahr im Amt. Mehr als immer nur Corona
Landrat Helmut Petz beleuchtet im Gespräch mit dem FINK eine große Themenpalette

Als er sich im Jahre 2019 dazu entschloss, sich für die Freien Wähler um den Posten des Landrats zu bewerben, konnte er nicht damit rechnen, dass ihn nach seiner Wahl im März 2020 das Thema „Corona“ so sehr fordern und in Beschlag nehmen würde. Seit seinem offiziellen Amtsantritt vor rund einem Jahr, nachdem er in der Stichwahl zum neuen Landkreischef gewählt wurde, vergeht allerdings kein Tag, an dem Helmut Petz nicht mit der Pandemie, mit deren Folgen und mit der Umsetzung von Vorgaben beschäftigt ist. Trotzdem müssen die „normalen“ Geschäfte im Landratsamt freilich weiterlaufen, müssen wichtige Projekte weiter vorangetrieben werden, müssen die kommunalpolitischen Weichen für die Zukunft gestellt werden. Da geht es um das Berufsschulzentrum, um das Klinikum, um die Zukunft des Stabsgebäudes, um die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises oder auch um Infrastrukturmaßnahmen. Im Gespräch mit dem Stadtmagazin FINK blickt Petz nun nicht nur auf die Corona-Pandemie, sondern spricht auch von schönen Erlebnissen und enttäuschenden Ereignissen. Und am Ende darf sich der Landrat sogar etwas wünschen.

Ein Jahr in Amt und Würden. Und auch ein Jahr im Corona-Stresstest. Hätten Sie kandidiert, wenn Sie das gewusst hätten?
Welche Aufgaben mit dem Amt des Landrats verbunden sind, war mir bekannt, als ich mich für die Kandidatur entschieden habe. Es geht um die Verwirklichung des Gemeinwohls. Um nichts Anderes geht es im Grundsatz auch bei den mit Corona verbundenen Herausforderungen. Natürlich sind diese gewaltig. Die Pandemie ist ein unglaublicher Stresstest für unsere Gesellschaft – gesundheitlich, wirtschaftlich, psychisch. Wir im Landratsamt versuchen, unseren Beitrag zu leisten, damit die Infektionen beherrschbar bleiben und die Folgen möglichst glimpflich ausfallen.

Und dann hat Sie Covid-19 ja auch noch selbst erwischt. Hat das Ihren Blick auf die Pandemie verändert?
Ja und nein. Meine zunächst nur abstrakte Vorstellung von der Krankheit wurde durch meine eigene Erkrankung konkreter, die Angst davor ein klein wenig geringer, zumal ich keine Symptome hatte. Aber ich weiß natürlich, dass dieses Glück nicht allen beschieden ist.

Wie fühlen Sie sich als Chef einer Kommunalverwaltung in dieser Zeit von Bund und Freistaat unterstützt. Wo ist es gut? Wo könnte die Sache besser laufen?
Hervorragend ist die Unterstützung durch die Regierung von Oberbayern. Die Regierungspräsidentin, Frau Els, tut alles in ihrer Macht Stehende, um uns zu helfen. Bedauerlich ist, dass seitens des Bundes immer wieder Erwartungen geweckt wurden, die nicht erfüllt werden konnten. Das gilt insbesondere im Zusammenhang mit dem Impfen.

Wie liefen aus Ihrer Sicht die Test- und Impfzentren im Landkreis Freising bisher?
Testen und Impfen sind wesentliche Bestandteile unserer Strategie im Kampf gegen Corona. Die Teststrecke des Landkreises lief schon während der ersten Corona-Welle prima. Auch die jetzige Teststrecke in der Luitpoldanlage läuft einwandfrei. Mittlerweile haben wir unsere Teststrategie um viele weitere Testmöglichkeiten wie etwa in Apotheken oder Arztpraxen ergänzt. Um mit dem bayerischen Gesundheitsminister zu sprechen: „Unser Testschirm ist sehr weit aufgespannt!“ Besonders gut hinbekommen haben wir aus meiner Sicht unser Impfzentrum im Stabsgebäude der ehemaligen Steinkaserne. Hier haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamts das schier Unmögliche möglich gemacht: Vom Planungsbeginn bis zur Inbetriebnahme hat es gerade einmal drei Wochen gedauert. Das Impfzentrum funktioniert sehr gut, auch dank des großartigen Engagements der Betreiber (BRK und JuH). Und: Wir haben lange vor den Ministerpräsidenten entschieden, die niedergelassenen Arztpraxen in unsere Impfstrategie einzubauen, sozusagen als dezentrale Impfzentren. Aber: Wir können natürlich nur dasjenige verimpfen, was wir an Impfstoff erhalten. Das ist der momentane Engpass.

Eigene Einnahmen hat der Landkreis bekanntlich nicht, er hängt sozusagen am Tropf der Gemeinden. Wie sieht es da aus? Geht der Kreis finanziell in die Knie oder sind die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie noch erträglich?
Unter den gegebenen Umständen konnten wir einen vergleichsweise guten Haushalt vorlegen. Die Corona-bedingten Gewerbesteuer-Einbußen der Landkreisgemeinden hat der Freistaat Bayern im Jahr 2020 weitgehend kompensiert. Der Hebesatz der Kreisumlage konnte deshalb bei 47,9 % konstant gehalten werden. Die Einschränkungen unserer finanziellen Spielräume sind erträglich. Ob das auch im nächsten Jahr so bleiben wird, ist fraglich. Wir müssen uns deshalb einer Aufgabenkritik unterziehen und Projekte, die nicht dringend sind, ggf. auch nach hinten schieben, wie etwa den geplanten Neubau eines Verwaltungsgebäudes im Steinareal.

Immerhin hat man ja in den kommenden Jahren Großes vor. Wie sieht es zum Beispiel mit dem Berufsschulzentrum aus? Kann das wie geplant weiterlaufen?
Die planerischen Vorarbeiten für das staatliche berufliche Schulzentrum an der Wippenhauser Straße sind vorbildlich. Das gilt nicht nur für den soeben abgeschlossenen städtebaulichen Architektenwettbewerb und den anlaufenden Realisierungswettbewerb. Auch bei den Baukosten hat unser Hochbau nichts dem Zufall überlassen. Ich habe deshalb keine Zweifel, dass alles wie geplant realisiert werden kann. Ein wichtiges Aufgabenfeld sehe ich aber im Kampf gegen Kostensteigerungen, insbesondere bei Schulbauprojekten. Hier möchte ich mich – fachlich begleitet durch unseren Hochbau – mit aller Kraft entgegenstemmen.

Und wie geht es mit dem Masterplan für das Klinikum weiter?
Auch da läuft alles nach Plan. Die Stadt Freising ist gerade dabei, die Bauleitplanung abzuschließen. Unsere Geschäftsführerin im Klinikum, Frau Kreuzer, hat unabhängig davon bereits viele Projekte des Masterplans auf den Weg gebracht. Mit großer Zuversicht erfüllt mich überdies die Arbeit der im Sommer 2020 vom Aufsichtsrat des Klinikums eingesetzten Task Force, deren Ziel es ist, das Klinikum auch medizinstrategisch zukunftsfähig zu machen. Ein Zwischenergebnis soll dem Kreistag noch im März präsentiert werden.

Was passiert jetzt im und um das ehemalige Stabsgebäude im Freisinger Norden? Was plant man da jetzt?
Hier wird man sehen: Zunächst einmal geht es darum, im Stabsgebäude – als Zwischennutzung – dringend benötigte Arbeitsplätze für das Landratsamt herzustellen. Das Raumangebot lässt auch Spielräume zum Ausprobieren neuer „Bürowelten“, die wir gemeinsam mit einem Planungsbüro und unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landratsamt gestalten wollen. Darüber hinaus wird Raum für sonstige Zwischennutzungen übrigbleiben, etwa für Vereine oder künstlerische Zwecke. Ob und ggf. zu welcher Zeit wir neben dem Stabsgebäude einen Verwaltungsneubau errichten, werden wir – wie bereits erwähnt – entscheiden, sobald belastbare Planungen zum zukünftigen Arbeitsplatzbedarf des Landratsamts vorliegen.

Und gibt es schon erste konkrete Überlegungen für die Zukunft des Josef-Hofmiller-Gymnasiums? Wann wird der Landkreis diese Schule übernehmen? Und wird es eine sanierte Schule am bisherigen Standort sein oder ein Neubau an anderer Stelle? Wie ist der Stand der Dinge?
Zu diesem Thema wollten wir uns mit der Stadt Freising eigentlich schon im Januar 2021 treffen. Dieses Treffen musste Corona-bedingt verschoben werden. OB Eschenbacher und ich stimmen aber darin überein, dass wir hier schnell vorankommen müssen. Welche Lösungen Realisierungschancen haben, werden wir sehen.

Was waren denn die erfreulichsten Und schönsten Termine in den vergangenen zwölf Monaten?
Gesellschaftliche Termine haben Corona-bedingt so gut wie gar nicht stattgefunden. Erfreut bin ich, dass es in den Kreisgremien so gut läuft. Generell kann ich sagen: Mir bereitet der Umgang mit Menschen Freude. Deshalb gibt es viele schöne Termine.

Und wo waren Sie enttäuscht oder haben sich gar nicht wohlgefühlt?
Abgeblitzt bin ich/sind wir mit unseren Wünschen und Vorstellungen zum Fahrradschnellweg im Kontakt mit dem zuständigen Ministerium. Dieses für uns wichtige Thema wurde nicht in das Radwegebauprogramm des Freistaats aufgenommen und ist deshalb nicht förderfähig. Aber es ist noch nicht aller Tage Abend. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch ohne ministerielle Unterstützung einen (schnellen Fahrrad-) Weg finden werden.

Haben Sie nach einem Jahr im Amt eine Vision und Vorstellung, was bis 2026 alles realisiert sein wird?
Ich hoffe natürlich, dass wir vieles von dem, was wir vorhaben, in der laufenden Periode realisieren können. Beim staatlichen beruflichen Schulzentrum bin ich beispielsweise sehr zuversichtlich. Die Verlängerung der U 6 von Garching-Forschungsgelände nach Neufahrn demgegenüber wird sicher noch nicht fertig sein, wenn meine Amtszeit endet. Aber ich hoffe, dass wir bis dahin wenigstens die Weichen für dieses Projekt in Richtung Realisierung gestellt haben werden.

Den Energiewendebeschluss 2035 haben Sie schon aufs Tapet gebracht und den Bürgermeistern und Gemeinden ins Gewissen geredet. Hat das gefruchtet oder sehen Sie schwarz?
Wir sind sogar schon einen Schritt weiter: Im letzten PUTLI haben wir einen Klimagipfel im Jahr 2021 und eine Fortschreibung des Landkreisentwicklungskonzepts in den Handlungsfeldern „Siedlungsentwicklung“, „Entwicklung der Naturräume“ und „Energiewende“ beschlossen. Jetzt suchen wir ein kompetentes Büro, das uns bei der Ausarbeitung begleitet.

Bei der Wohnungsbau-Gesellschaft des Landkreises haben Sie die Weichen in Richtung Aktivität und Fortbestehen gestellt. Wie sieht da der Fahrplan aus?
Ende des zweiten Quartals 2021 werden wir dem Kreistag berichten. Wir sind zuversichtlich, dass wir mit einer fortbestehenden Wohnungsbau-Gesellschaft viel Gutes bewirken, etwa bezahlbaren Wohnraum für die Beschäftigten des Landratsamts und des Klinikums schaffen können.

Wenn Sie jetzt einen Wunsch frei hätten – wie würde der lauten?
Ich wünsche mir genügend Kraft, um mich all den spannenden Aufgaben, die das Amt des Landrats beinhaltet, weiterhin mit Hingabe widmen zu können.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom April 2021.
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