Es war ein logistisches Großprojekt. Innerhalb nur einer Nacht, vom 16. auf den 17. Mai 1992, zog ein ganzer Flughafen um – von München-Riem ins Erdinger Moos. Der 30. Jahrestag der Eröffnung des Flughafens München im Erdinger Moos verweist auf seine Anfänge.
Die konkreten Planungen zum Neubau des sich zu nahe am Münchner Stadtgebiet befindlichen Flughafens Riem begannen im Jahr 1963. Unter dem damaligen Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr und ehemaligen Arbeitsminister, Richard Oechsle MdL, wurde eine Kommission zusammengestellt, die geeignete Standorte für einen neuen Flughafenbau eruieren sollte. In die engere Auswahl kamen die Standorte Hörlkofener Wald (Landkreis Erding), Sulzemoos (Landkreis Dachau) und der Hofoldinger Forst (u. A. Landkreis München/Landkreis Miesbach) wie auch Mammendorf (Landkreis Fürstenfeldbruck) und das Erdinger Moos (Landkreis Erding). 1966 wurde für den Standort Hofoldinger Forst ein Raumordnungsverfahren eingeleitet, im Jahr darauf auf das Erdinger Moos ausgedehnt. Und auch im Erdinger Moos formierte sich nun Protest. Am 6. Dezember 1967 wurde die „Schutzgemeinschaft Erdinger Moos und Umgebung“ unter dem Vorsitz von Franz Schwaiger, Bürgermeister von Oberding, gegründet.
Erdinger Moos
Am 5. August 1969, rund fünf Jahre nach Beginn der Standortsuche, stand es schließlich schwarz auf weiß fest: Neuer Standort für den Flughafen München II sollte das Erdinger Moos werden. Der Protest der umliegenden Gemeinden ging unvermindert fort, beispielsweise durch die Neufahrner Bürgermeisterin und engagierte Flughafengegnerin Käthe Winkelmann. Bei der Bezirksregierung von Oberbayern gingen bis 1975 über 21.000 Einwendungen zum Planfeststellungsverfahren von betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern im Erdinger Moos ein. Im Sommer 1979 stand fest: Der Flughafen kann im Erdinger Moos gebaut werden. Der Widerstand blieb weiterhin bestehen, auch wenn Anfang November 1980 die Bautätigkeiten aufgenommen wurden. Tatsächlich erfolgte für alle überraschend 1981 ein Baustopp, das Beschlussverfahren von 1979 wurde nochmals geprüft. 1984 aber bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit des Beschlusses von 1979 und die Bezirksregierung von Oberbayern genehmigte eine verkleinerte Flughafenplanung. Von 1985 bis 1992 wurde der neue Flughafen schließlich gebaut.
Einweihung, Umzug und Inbetriebnahme 1992
Am 11. Mai 1992 – sechs Tage vor dem großen Umzugstag – wurde der neue Flughafen eingeweiht. Anlässlich dieses Festaktes hob die erste Maschine, ein Prototyp des Airbus A340 „Franz Josef Strauss“, auf der neuen Startbahn gen Himmel ab. Im Hangar der Lufthansa versammelten sich tausende Gästen, unter ihnen als Ehrengast auch Königin Silvia von Schweden. Schließlich war die Nacht des Umzugs gekommen: vom 16. auf den 17. Mai 1992. Eine Nacht mit 80 beteiligten Speditionen, knapp 700 Lastwägen, 130 Beladepunkten, 480 Entladepunkten und 1.600 Fahrten. Der Umzugsmarathon verlief reibungslos, aber nicht ganz nach Plan: Am Morgen des 17. Mai sollten zwei Maschinen der Lufthansa, die am 12. Mai neu getauften Typ Boeing 737-500 „Erding“ und „Freising“, als erste am neuen Standort parallel auf den zwei Landebahnen landen, wohl auch um die Verbindung des Flughafens zu den Umlandstädten hervorzuheben – doch fünf Minuten vor 5 Uhr morgens kam den beiden eine flinke Chartermaschine zuvor…
von Isabella Hödl-Notter
Fotos: Flughafen München
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Mai 2022.
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