Vereinsarbeit bei der Feuerwehr: Mehr als nur rote Autos
150 Jahre Feuerwehr Freising

Eine großzügig gebaute Hauptfeuerwache an der Dr.-von-Daller-Straße, eine zweite Feuerwache im Stadtteil Lerchenfeld, eine Vielzahl von Großfahrzeugen mit technischem Gerät auf dem neuesten Stand und professionell arbeitende Feuerwehrleute am Einsatzort – da entsteht auch heute noch bei so manchem Bürger in der Domstadt der Eindruck, als verfüge die Stadt Freising über eine Berufsfeuerwehr. Weit gefehlt!
Wenn sich die Hallentore der beiden Feuerwachen nach einer Alarmierung öffnen, strömen aus allen Stadtbereichen ehrenamtliche Helfer zu ihrer Feuerwache, um sich dann rasch ihre Einsatzkleidung anzuziehen und zur Feuerwehrfrau oder zum Feuerwehrmann zu mutieren. Es sieht dann alles so selbstverständlich aus, wenn die Feuerwehrleute in eine brennende Wohnung eindringen, einen brennenden PKW löschen, eingeklemmte Personen nach einem Verkehrsunfall aus dem Auto befreien oder wenn Feuerwehrleute einfach nur helfen, damit beispielsweise der berühmte Freisinger Martinszug mit zigtausend Beteiligten reibungslos funktioniert.

Ganz so selbstverständlich, wie es nach außen hin auszusehen scheint, kann natürlich die Arbeit einer Freiwilligen Feuerwehr, gern auch als älteste Bürgerinitiative bezeichnet, nicht funktionieren.
Freiwillige Feuerwehren sind immer ein komplexes Gebilde aus dem Zusammenwirken einer kommunalen Verantwortung und der Bereitschaft der Bürger, ehrenamtlich viele Stunden an Freizeit für den Mitbürger zu investieren. Konkret heißt das, dass die Stadt Freising für funktionsfähige Gebäude und das technisches Equipment, also Feuerwehrfahrzeuge mit all dem nötigen Material, aufkommen muss. Aber damit ist es freilich noch nicht getan. Fahrzeuge und Einsatzmaterial müssen von fachkundigen Menschen dann auch bedient werden. Genau da beginnt dann die Arbeit der zweiten Säule einer Freiwilligen Feuerwehr, nämlich die des Feuerwehrvereins.

Dessen Aufgabe besteht darin, Bürger einer Kommune, vor allem auch Jugendliche, für die ehrenamtliche Arbeit in einer Freiwilligen Feuerwehr zu gewinnen bzw. zu motivieren und zu begeistern. Das allein genügt freilich längst nicht. Der Feuerwehrverein muss dann auch Sorge dafür tragen, dass die sozialen Rahmenbedingungen in der Freiwilligen Feuerwehr zum Wohlbefinden der Mitglieder beitragen. Denn nur dann können sich diese Bürger, die im Alltag Bankangestellte, Maurer, Bäcker, Installateure, Ingenieure, Landwirte, Geschäftsleute oder Lehrer sein können, bei einer Alarmierung sich rasch in Feuerwehrleute verwandeln, um ihren Mitbürgern zu helfen.

Die Frage nach dem „Warum“

Da stellt sich zwangsläufig die Frage, weshalb Mädchen und Buben, junge Erwachsene den Weg zur Feuerwehr finden, um dann einen Großteil ihrer Freizeit damit zu verbringen, in vielen Übungsstunden all das komplizierte technische Gerät bedienen zu können und dann bei jeder Tages- und Nachtzeit für den Ernstfall abrufbereit zu sein? Diese Frage lässt sich nicht so einfach und pauschal beantworten. Bei so manchem jungen Menschen mag die Faszination an der modernen Technik, die in den Feuerwehrfahrzeugen steckt, zunächst einmal eine wichtige Rolle gespielt haben, vielleicht auch der Adrenalinkick, der jedes Mal eintritt, wenn mit „Blau“ zum Einsatz geeilt wird. Unterhält man sich mit Feuerwehrleuten, die schon mehrere Jahrzehnte ihren freiwilligen Dienst am Nächsten tun, so wird während des Gesprächs irgendwann deutlich, dass allen wohl das sog. „Helfer-Gen“ eigen ist. Feuerwehrleute zeichnen sich auch außerhalb des Feuerwehrbereichs dadurch aus, dass sie anderen grundsätzlich beiseite stehen, wenn man sie braucht. Ein Beispiel ist Freisings Vereinsvorsitzender Ulrich Kachel, der viele Funktionen in der Freiwilligen Feuerwehr bekleidet hat und nun schon mehr als 18 Jahre die Geschicke des Feuerwehrvereins als 1. Vorsitzender leitet. „Man fragt als Feuerwehrler eigentlich nie nach dem Warum oder Wieso. Man ist einfach da, wenn es gilt, anderen zu helfen.“

Die Stärken der Feuerwehr

Menschen diesen Typs gibt es in Freising ganz sicherlich sehr viele, aber sie treten nicht automatisch der Freiwilligen Feuerwehr bei. Die Stärke des Freisinger Feuerwehrvereins war und ist es sicherlich, dass es ihm hervorragend gelungen ist – trotz immer schwieriger werdenden gesellschaftlicher Rahmenbedingungen – dafür zu sorgen, dass viele bestens ausgebildete Feuerwehrleute dazu beitragen, dass der Freisinger Bürger sich auf seine Wehr verlassen kann. Aber dazu ist es auch nötig, dass der Verein Rahmenbedingungen schafft, damit sich die Mitglieder wohl fühlen. Rote Autos in schmucken Feuerwachen allein genügen dazu nicht.

Die Arbeit der Feuerwehr und des Feuerwehrvereins beginnt bereits im Kindergarten. Feuerwehr hautnah und zum Anfassen heißt die Devise, wenn Kindergartengruppen die Feuerwachen besuchen oder wenn Feuerwehrleute im Kindergarten vorbeischauen. Ein riesiger Andrang von Kindern herrscht jedes Jahr im August, wenn im Rahmen des Ferienprogramms die Freisinger Wehr die Tore der Hauptfeuerwache öffnet und die Kinder und Jugendlichen einmal Feuerwehrfrau oder Feuerwehrmann spielen dürfen.

Attraktivität der Feuerwehr

Die Stärke des Freisinger Feuerwehrvereins liegt sicherlich darin, dass er es bislang trotz vielfältiger Freizeitangebote in einer Großstadtregion geschafft hat, die Freiwillige Feuerwehr zusammen mit dem kommunalen Bereich so attraktiv zu gestalten, dass es keine Nachwuchsprobleme gibt und dass die jungen Menschen vor allem auch bereit sind, das intensive und extrem anspruchsvolle Ausbildungsprogramm zur Feuerwehrfrau und zum Feuerwehrmann durchzuhalten. Neben dem Feuerwehrverein gibt es aber noch eine weitere große Stärke in der Freisinger Feuerwehrgemeinschaft: die Eigeninitiative der Mitglieder. Vorsitzender Kachel: „Unsere Mitglieder beweisen laufend, wie kreativ und einfallsreich sie das gesellschaftliche und kameradschaftliche Zusammenleben aktiv bereichern, quasi über den offiziellen Vereinsbereich hinaus.“

Optimistisch in die Zukunft

Wenn nun die Freiwillige Feuerwehr Freising ihr 150-jähriges Bestehen feiert, stellt sich fast zwangsläufig die Frage, ob es eine Freisinger Wehr auch in ferner Zukunft noch geben wird. Für den Vereinsvorsitzenden Ulrich Kachel besteht eigentlich kein Zweifel: „Es ist unser Ziel und ich bin mir sicher, dass wir in Freising auch weiterhin eine freiwillige Feuerwehr haben werden. So wie es in der Vergangenheit teilweise sehr starke Veränderungen gegeben hat, so wird sich das auch in den nächsten Jahrzehnten so weiterentwickeln. Und nachfolgende Generationen werden dann auch weitere runde Geburtstage unserer Wehr feiern können.“

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom April 2013.
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