Es wird ruhiger nach all den geschäftigen Wochen, Sallie mit ihren Studenten, unsere gemeinsame Ausstellung in der hochprofessionellen Uni-Galerie. Gemälde und Fotos. Ein besonderes Ereignis mit zwei Protagonisten aus Deutschland.
„Christmas Holidays“ sind ein „big deal“. Die Lichter sind installiert, Häuser und Straßen farbig illuminiert und in den Vorgärten zeugen verwegene Expositionen und Dekorationen rund um Santa Claus vom Humor und auch vom religiösen Enthusiasmus ihrer Bewohner.
Nicht zu überhören auch das permanente Gebimmle der Heilsarmee, die mit ihren Glöckchen an allen Ecken und Enden der Stadt um Spenden bittet.
Letzte Nacht war wieder eines dieser brutalen Gewitter. Der Tag sonnig und mild, plötzlich kam der Sturm auf, alles in gelbes Licht getaucht vom Sand, der durch alle Ritzen pfeift. Dann diese endlosen Donner mit Blitzeinschlägen. Nichts für wetterfühlige Naturen hier im Panhandle von Texas. An einem Sonntag im November tobte ein Schneeblizzard, urplötzlich wars finster und Minuten später war alles mit einem halben Meter Schnee bedeckt. Wenn es regnet, meist sintflutartig, werden die Straßen zu unpassierbaren Flüssen. Hitze und Dürre für Monate und Jahre, Temperaturstürze von dreißig Grad Celsius in wenigen Stunden. Wir denken immer an die Siedler, die sich diesen Landstrich ausgewählt haben, welche Strapazen.
Vergangene Woche war Aufruhr in der Stadt. Ein „mountain lion“ wurde gesichtet in Campusnähe. Diese Kreaturen sind erstaunlich, durchstreifen das Land hunderte von Meilen, möchte ihren Weg nicht kreuzen, Auge in Auge.
Harmloser schon der Graufuchs, der mich abends beim Grillen umstreift, in der Hoffnung auf etwas Verzehrbares. Oder die Abertausend von kanadischen Gänsen, die derzeit in vollendeter Formation und mit Riesenspektakel ihre Bahn nach Süden ziehen, Tag und Nacht.
Habe meinen texanischen Führerschein gemacht, eine skuriles Unterfangen. Schriftlicher Test am Computer, zum „driving test“ hievte sich ein Sheriff in voller Montur in den Beifahrersitz unseres Pick-ups. „My name is Bobby, let`s drive around the block.“ Gesagt getan, Sir, wenn auch das Einparken und Rückwärtsfahren für seinen Geschmack zu rasant war.
Unsere Zeit in Canyon ist bald vorüber, und wir sind ein wenig traurig. Haben wunderbare Menschen und Charaktere kennen und schätzen gelernt in dieser harschen und doch so aufregenden Gegend. Randy, ein befreundeter Musiker meinte, die Landschaft und das Klima des Panhandle seien so rauh und brutal, das bringt einen sehr eigenen Typus von Mensch hervor. Nur verrückte und verschrobene Zeitgenossen könnten es ertragen und sich wohlfühlen. Wir befinden uns in bester Gesellschaft, my friend.
Take care and see you soon.
Johannes Wunner
19.12.2014, Canyon,TX.
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Januar 2015.
In unserer Bibliothek können Sie diese und alle anderen Ausgaben der letzten Jahre online lesen.