Helmut Weinzierl: „Man macht, was sich ergibt und freut sich.“
Die große Fragestunde

Worte wie Urgestein oder Legende sind natürlich total überstrapaziert: Aber was tun, wenn sie auf einen Menschen einfach perfekt passen? Für die große Fragestunde haben wir uns in diesem Monat mit so einem Menschen getroffen: dem ehemaligen Sportreferenten der Stadt und Tausendsassa Helmut Weinzierl. Speziell wollten wir mehr wissen über sein Engagement um die Städtepartnerschaft Freisings mit Arpajon in Frankreich. In diesem November zum Korbiniansfest soll deren 30. Geburtstag (nach-)gefeiert werden.

 

Helmut, Du bist ja sowas wie der „Grand Seigneur“ der Freisinger Städtepartnerschaft mit dem französischen Arpajon im Süden von Paris. Wie beschreibst Du Dein französisches Lebensgefühl?

Ich persönlich fühle mich in Frankreich, mit Franzosen und wenn ich Französisch sprechen darf, pudelwohl.

Wie ist überhaupt bei Dir diese Liebe zu Frankreich und zu der französischen Sprache entstanden?

Bei mir war das so: Mein Vater wollte immer, dass ich Atomphysiker werde, aber für mich war das – obwohl  ich in dem Bereich ganz gute Noten hatte – keine Herzensangelegenheit. Und ich habe mir dann überlegt, dass ich eigentlich gerne Lehrer werden würde. Für Englisch, das war klar. Meine Lehrer in der Schule haben mir dann empfohlen, Latein dazu zu nehmen. Aber da gab es ein Problem: Um Lateinlehrer werden zu können, musst Du eine Griechischprüfung machen. Ich hätte also erst Griechisch lernen müssen. In dem Moment habe ich ohne groß nachzudenken gesagt: „Dann lerne ich Französisch.“ So habe ich also erst im Studium mit Französisch angefangen, einem Fach, das ich an der Schule nicht gehabt hatte.

Wie schnell kam es dann bei Dir zu einem ersten sogenannten Austausch, warst Du dann schon als Student in Frankreich?

Ja, ich habe ein halbes Jahr in Frankreich studiert, in Poitiers. Und dort habe ich also mehr oder weniger mit Französisch bei Null angefangen und es hat mir einen Heidenspaß gemacht! Was einem Spaß macht, das lernt man und man lernt relativ schnell. Schüleraustausch und so weiter war übrigens eher nicht so meine Welt. Als Leichtathletiktrainer habe ich aber mit französischen Freunden einen Sportaustausch organisiert. Das war mein Einstieg in dieses ganze Thema.

Und dann kam irgendwann die Geschichte mit Arpajon …

Zwei Leute in Freising haben sich sehr um dieses Thema gekümmert: Fritz Forster und Paul Daimer vom Jugendzentrum. Die beiden haben gewusst, dass der Heilige Korbinian mit der Stadt Arpajon zu tun hatte und sind nach Arpajon gefahren und haben sich dort erkundigt, haben mit sehr netten Leuten Kontakte geknüpft. Leute übrigens, die nachher die Stützen dieser Städtepartnerschaft wurden. 1986 ist dann eine erste Delegation aus Arpajon nach Freising gekommen. Fritz Forster hat mich damals gleich eingebunden und ich war begeistert, denn es war für mich eine tolle Möglichkeit, mit Frankreich etwas zu machen. 1991 wurde dann die Städtepartnerschaft offiziell bestätigt. Ich hatte ja als Student noch mitbekommen, wie de Gaulle und Adenauer diese Grundlagen erarbeitet hatten zum Thema deutschfranzösischer Jugendaustausch. Das wurde finanziell und organisatorisch unterstützt und wir haben uns gefreut, vor Ort etwas machen zu können. Als Lehrer am Hofmiller-Gymnasium habe ich dann angeregt, einen Schüleraustausch mit einer geeigneten Schule drüben zu starten. Das lief auch sehr gut, allerdings nicht mehr seit der deutschen Wiedervereinigung. Jetzt wollen die Franzosen lieber nach Berlin als nach München. Der Kontakt aber insgesamt mit der Stadt Arpajon blieb und wir können ja nun schon den 31. Geburtstag unserer Städtepartnerschaft feiern.

Du hast gerade schon de Gaulle und Adenauer angesprochen und ihre Idee, die deutsch-französischen Beziehungen durch persönliche Kontakte zu verbessern. Die Verhältnisse haben sich seither enorm verändert, Deutschland ist wiedervereinigt, Frankreich und Deutschland sind die starken Kräfte in Europa. Wie siehst Du denn heute die Beziehung zwischen Deutschen und Franzosen?

Das klingt vielleicht jetzt etwas überraschend: Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich haben sich derart intensiviert, normalisiert. Man hat gar nicht das Gefühl, dass es nötig ist, dass man da viel macht. Deshalb – man macht das, was sich ergibt und freut sich. Wir haben in Freising einige Leute, die wirklich enge Freundschaften mit Bürgerinnen und Bürgern aus Arpajon pflegen.

Neben französischer Lebensart und der Sprache hast Du, wie jetzt schon anklang, noch eine ganz andere große Passion, den Sport. Du warst ja auch sehr lange der Sportreferent der Stadt Freising. Machst Du eigentlich selbst noch viel Sport?

Ich bin immer gelaufen und meine Frau hat Nordic Walking gemacht. Da habe ich sie immer ausgelacht. Aber dann habe ich mir eine Achillessehnenverletzung zugezogen und die Physiotherapeutin hat mir empfohlen, es doch einmal mit Nordic Walking zu versuchen. Und: Wir haben beide einen Heidenspaß. Wir wohnen ja so günstig und sind so gleich in der Isarau. Nach Allerheiligen will ich allerdings noch zusätzlich ins Fitness-Studio gehen. Das Studio hat so eine herrliche Lage, an manchen Tagen siehst Du da bis in die Alpen und das gehört für mich schon auch ein bißchen dazu. Sport nicht nur, weil es gesund ist, als Pflichttermin, sondern als Bestandteil von einem variablen Leben.

Als wichtiger Bestandteil – so hast Du den Sport ja auch hinsichtlich der Stadtgesellschaft gesehen …

Ja, das war für mich ganz ganz wichtig. Deshalb wurde ich in den 1980er-Jahren auch gefragt, ob ich die Aufgabe des Sportreferenten übernehmen möchte, ich war ja sehr verbunden auch mit den Vereinen damals schon.

Das war ganz schön viel Zeit, die Du da aufgewendet hast, auch für die Kommunalpolitik insgesamt.

Mir hat es immer Spaß gemacht. Weil ich unheimlich viele herrliche Menschen kennengelernt habe, unheimlich viele engagierte Menschen. Mit solchen Leuten zusammen zu sein, das ist für mich einfach ein Spaß.

Wie oft passiert es Dir, dass Dir gesagt wird: Herr Weinzierl, wir vermissen Sie im Stadtrat!

Das passiert eigentlich selten, weil wir über sowas nicht reden. Ab einem bestimmten Zeitpunkt Deines Lebens engagierst Du Dich und irgendwann gehst Du raus und machst andere Sachen schwerpunktmäßig. Ich bin nach wie vor begeistert, aber auch froh, dass es nicht so an meiner Person festgemacht war, dass es ohne mich nicht geht. Mein Nachfolger ist ein ganz begeisterter und engagierter Sportmensch! Ich habe natürlich günstige Zeiten erlebt, wir konnten viel machen. Ich war mit dabei, als wir diese herrliche Badeanlage, das Kombibad fresch, errichtet haben. Die Eishalle, die Weihenstephan Arena. Wir haben verschiedene Sporthallen gebaut, das Stadion Savoyer Au.

Helmut, letzte Frage: Wenn Du heute Dein Leben mit einer Farbe beschreiben solltest, welche wäre das und warum?

Ich habe nicht die eine Farbe. Mein Lieblingsfarben sind Blumenfarben, Frühling. Rot, orange, gelb und die Mischungen. Der Herbst ist nicht meine Jahreszeit. Aber, was mich begeistert am Herbst: Jedes Mal beim Nordic Walking zeigt sich ein neues Bild. Insofern ist der Herbst vielleicht sogar die interessanteste Jahreszeit.

Interview: Birgit Mooser-Niefanger

Unsere Autorin trifft sich für den FINK mit interessanten Menschen zur „großen Fragestunde“ und hofft, heraus zu finden, was Menschen in ihrem Innersten bewegt. Die Fotos zur Serie macht Birgits langjähriger Freund und Kollege Franz Josef Kirmaier (das produktionshaus).

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom November 2022.
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