Elke Hausmaninger: “Ich mag Understatement”
Die große Fragestunde

Eigentlich schade, dass es unter den vielen statistischen Erhebungen nicht eine gibt, die eine Aussage darüber trifft, wie viele Rockröhren in einer Stadt aktiv sind. Freising könnte da vermutlich einen ganz guten Tabellenplatz erreichen, was zum Beispiel das große All Stars Konzert mit Rock-Klassikern auf dem Marienplatz in diesem Sommer nahelegte. Unter den ganz großen Freisinger Namen war der von Elke Hausmaninger, die im Chor mit Conny Kreitmeier und Evi Melzer schon gewaltig abrockte, im Solo aber dann voll auf’s Ganze ging. So sehr, dass der Freund neben mir wirklich restlos begeistert buchstäblich in die Knie ging. Gründe also genug, um „die große Fragestunde“ in diesem Monat mit der Freisingerin zu verbringen.

Elke, wie geht es Dir an so einem Abend auf der Bühne, bereust Du in solchen Momenten, dass Du nicht Profisängerin geworden bist?

Nein. Nein, denn wenn es so wäre, würde ich mich bemühen, Profi-Sängerin zu werden. Für mich fühlt sich das total in Ordnung an. Es macht mir eine totale Freude, aber der Gedanke ist mir tatsächlich noch nie gekommen.

Wie entsteht denn eigentlich die Besetzung eines solchen Freising All Stars-Abends, wer ruft da wen an und ganz speziell, wie kommst Du immer dazu?

Ich glaube, dass mich mal der Janovsky Günter angerufen hat. Und ich hab ja auch mit dem Kalle Wallner schon Musik gemacht, wir waren zusammen in einer Tanzband vor Jahren und Jahren. Mit dem Marc Turiaux, dem Schlagzeuger von RPWL, spiele ich auch immer noch zusammen in einer Band. Wie soll ich sagen – man kennt sich so ein bisschen und so ergibt sich das dann. Und es freut mich wirklich sehr, dass ich da dabei sein kann, weil ich ja sonst meistens auf geschlossenen Veranstaltungen spiele, die nicht für die breite Öffentlichkeit zugänglich sind. Und dass man dann da mal so einen tollen Gig hat, mitten in Freising, das ist einfach super.

Ja, es war ja wirklich zu spüren, mit welcher Spielfreude da alle dabei waren und was auch untereinander für eine tolle Stimmung war. Am Ende ist das ja auch so ein Freundschafts- Ding…

Ja klar, man denkst sich dann: Was, der ist auch dabei? Oh ja, dann komme ich auch.

Jetzt wissen wir also schon, dass Du erstklassig in der Freisinger Musikszene vernetzt bist, magst Du uns ein wenig über Deinen Werdegang erzählen?

Ganz am Anfang war ich in Hohenkammer im Chor, unter anderem mit dem Bürger Norbert. Und da in dem Chor haben sie mich mal gefragt, ob ich nicht in einer Band mitmachen will. Wir hatten dann zwei oder drei Proben und haben unser erstes Konzert im Jugendzentrum Neufahrn gespielt. Da war ich 18 oder so. Daraus entstand dann die Band „Velvet World“, mit der haben wir es dann manchmal sogar schon in die Zeitung geschafft, unter anderem haben wir am Vöttinger Weiher gespielt. Das war damals noch keine Cover-Musik, sondern selbst gemachte Sachen.

Wie kam es dann doch zur Cover-Musik?

Ja, erst wollte ich das ja lange nicht machen. Das war für mich so Tanzmucke, a bissl uncool. Aber dann haben mich auf der Hochzeit einer Arbeitskollegin andere Gäste aufgefordert, für das Brautpaar ein Lied zu singen. Und ich habe mit der Band – in der Kalle Wallner spielte – „Hold the line“ von Toto gesungen. Das hat der Band gefallen und später ist Kalle auf mich zugekommen, um mich zu fragen, ob das nicht was für mich sein könnte. Es gibt ja wirklich so viele wunderbare Songs, die man singen kann, da kann man schon aus dem Vollen schöpfen. Und es ist auch schwierig, sich mit selbst gemachter Musik glücklich zu machen. Man hat doch einen hohen Anspruch und es waren am Ende genug Songs, die ich gemacht hatte, nicht genug Ideen, die ich wirklich toll fand. Und ich wollte irgendwie nie halbe Sachen machen.

Was für ein erstaunlicher Satz: „Es ist schwierig, sich mit eigenen Songs glücklich zu machen.“ Ist diese Haltung ein wenig typisch Frau?

Das müsste ich jetzt näher untersuchen. Aber ich könnte es mir schon vorstellen, weil ich oft den Eindruck habe, dass Frauen sich schon eher mal in Frage stellen. Männer sind, glaube ich, oft schon selbstbewusster. Ich halte es aber grundsätzlich schon für eine Stärke, sich zu reflektieren, in Frage zu stellen, um sich entwickeln zu können.

Ja, wir wollen es natürlich auch nicht zu pauschal bewerten, aber war denn diese Einstellung zu den eigenen Sachen am Ende auch der Grund, warum Du Dich nie für ein Leben als Profi-Musikerin entschieden hast?

Grundsätzlich mache ich gerne Sachen, die so daher kommen. Ich nehme gerne Impulse von außen auf. Also, wenn mich was interessiert, dann probiere ich es aus. Ich weiß auch, dass ich Songs sehr gut interpretieren kann. Aber ich bin nicht so zielstrebig. Ich hatte nie den Plan: Ich will Sängerin werden. Den Gedanken habe ich überhaupt nie verfolgt. Ich habe mir auch nicht gedacht, dass ich besonders gut singen kann. Und ich bin auch so eine „Papiergruschlerin“. Ich arbeite ja im Büro, ich bin im Sekretariat von der Geschäftsleitung eines großen Handwerksbetriebs und das macht mir wahnsinnig Spaß. Wenn ich da einen Leidensdruck hätte, dann wäre es vielleicht was anderes. Ich hatte mal überlegt, Stunden zu reduzieren, aber das habe ich letztlich auch nicht gemacht. Ich bin vielleicht zu wenig ambitioniert und ich wollte auch nie berühmt werden.

Vielleicht willst Du eben einfach nur Musik machen und bist nicht so sehr auf der Suche nach Aufmerksamkeit…

Na ja, jeder will gemocht werden. Aber ich mag auch so ein bisschen Understatement. Ich finde zum Beispiel immer ganz lässig, wenn einem Sachen gar nicht zugetraut werden. Und sich dann die Leute am Ende doch denken: ahaaaa.

Ein bisschen ist das bei Dir ja so – Du hast ja so eine gewisse Normalität in Deinem ganzen Auftreten … und dann diese Wahnsinns-Ausstrahlung auf der Bühne!

Es macht mir halt Spaß. Ich glaube zutiefst daran, dass man das ausstrahlt, wenn man was von Herzen gerne macht. Egal, ob das Briefe austragen oder singen ist. Wenn jemand was gerne macht, dann spüren das andere und es tut ihnen gut.

Gibt es denn nach dieser langen Zeit noch Songs, die Dir selbst eine Gänsehaut verursachen, die Du Dir ganz bewusst aussuchst?

Es gibt schon so Herausforderungen. Dass man einen Song schafft und den richtig gut singt. Ich würde zum Beispiel gerne mal „Aquarius“ probieren. Das ist ja wirklich eine Hammernummer, finde ich. Wenn ich da im Auto mitsinge, dann überlege ich, ob ich die kann. Die würde mich tatsächlich reizen und „Barracuda“ von Heart.

Dann kannst Du sie Deinen Bandkollegen ja vielleicht mal vorschlagen. Seit langer Zeit singst Du fest in einer Formation „Monaco Groove“…

Ja genau. Da spielen wir Abi-Bälle und auch Faschingsbälle. Insgesamt nicht sehr oft und das ist ganz gut. Ich wollte irgendwann einfach weniger machen, nach vielen Jahren mit sehr sehr vielen Hochzeiten. Wenn Du immer keine Zeit hast, weil Du jedes Wochenende bei Auftritten bist, lädt Dich einfach von Deinen Freunden irgendwann niemand mehr ein.

Zusammengefasst bist Du also eine Frau, die gerne Musik macht, die gerne aber auch noch ein anderes Leben führt und genießt.

Ja. So viele Leben wie möglich. Wobei so jetzt nach Corona, habe ich schon wieder richtig Lust auf Auftritte. Ich springe zum Beispiel ganz gerne auch bei anderen Bands ein, das macht mir riesig Spaß, weil es auch so eine Herausforderung ist.

Eine weitere Sache, die Du mit Leidenschaft verfolgst – und deshalb haben wir uns auch in Deiner Küche umschauen dürfen – ist das Kochen.

Ja, insofern, dass man ja jeden Tag was essen muss und dann soll das auch was Gutes sein. Und es ist auch ein kreativer Prozess.

Diese Ausgabe vom Fink erscheint ja im September, also zu einem Zeitpunkt, an dem die Ernte eingefahren ist – auch natürlich auf Deinem tollen Balkon. Wenn Du uns jetzt zu einem Erntedankfest einladen würdest, was gäbe es zu essen?

Ohhh, Kürbislasagne. Ich habe ein super Rezept für Kürbislasagne. Es ist von meiner Freundin Doris und schon mehrfach erprobt bei Geburtstagen und anderen Festen.

Wir kommen zu unserer letzten Frage: Wenn Du heute Dein Leben mit einer Farbe beschreiben solltest, welche würdest Du Dir aussuchen?

Spontan würde ich sagen: grün. Ich mag grün unheimlich gerne und grün ist ja auch Hoffnung. Und vor allem denke ich da an Laub, ich mag Pflanzen und auch Wald wahnsinnig gerne, die hunderttausend Grüntone. Grün ist super. So würde ich mein Leben beschreiben wollen, so will ich das haben.

von Birgit Mooser-Niefanger

Die Fotos zur Serie macht Franz Josef Kirmaier (das produktionshaus).

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom September 2022.
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