Die kreativen Köpfe hinter dem neuen Bären-Design
Sechs Fragen an Mona Franz und Sebastian Berbig vom Designstudio Just Your Type

Es ist ein frisch gegründetes Designstudio aus München, für das sich die Stadt Freising zur Überarbeitung ihres Wappens und gesamten Corporate Designs entschieden hat: Mona Franz und Sebastian Berbig von Just Your Type. Mit viel Berufserfahrung im Gepäck spezialisieren sich die beiden nun in ihrer eigenen Agentur auf Corporate Design und die weite, faszinierende Welt der Schriftgestaltung.

Der FINK hat bei Mona Franz und Sebastian Berbig einmal nachgefragt, wie die Arbeit hinter den Kulissen abläuft: Wie geht man eigentlich an die Neugestaltung eines Wappens heran, was gehört alles zum Corporate Design der Stadt Freising und was steckt hinter der neuen Schrift Freising sans?

Das Freisinger Wappen hat nun ein ganz neues, gewandeltes Aussehen bekommen; ein Wappen zu überarbeiten, neu zu interpretieren und zu designen, damit stellt man sich ja in die große Traditionslinie der Heraldik. Wie und wo fingen Sie denn da beim Freisinger Wappen an, wie darf man sich Ihre einzelnen Arbeitsschritte vorstellen?

Genau das ist das Schöne an unserem Beruf – sich in neue und alte Welten zu begeben und eine visuell starke und passende Zukunftsperspektive zu schaffen. Tatsächlich haben wir uns für die Wappengestaltung erstmal die Blasonierung angekuckt, da hat man dann einen großen gestalterischen Freiraum, die wörtliche Beschreibung visuell zu übersetzen. Um sicherzugehen, schaut man da auch gern nochmal in ein Fachbuch. Beispielsweise besagt der Teil »Unter Schildhaupt mit den bayerischen Rauten …« nicht, wie viele Rauten platziert werden müssen oder wie die Proportion zum Restschild ist. Da muss man viel ausprobieren und am Ende spezifisch für den Einsatz als Logo in kleine Größen mitdenken. Für das Herzstück des Erscheinungsbildes sind wir in der Pitchphase zunächst in unterschiedliche Richtungen gegangen. Uns haben Fragestellungen und Extreme interessiert: Wie groß können wir den Bären einspiegeln? Welche Wappenform wird auch in Zukunft als nahbar und souverän wahrgenommen? Braucht es überhaupt eine Kontur um das Wappen? Es ist so spannend, wie schnell aus einem Bären ein neues Tier werden kann – mit etwas Fell wird’s schnell ein Hund und mit zu großen Ohren ein Schwein. Wir haben viel gelacht, bis wir die für uns perfekte Form gefunden haben.

Gab es seitens der Stadt Freising Vorgaben oder Wünsche, was die Neugestaltung des Wappens betraf? Und was war auch Ihnen besonders wichtig bei der Gestaltung des neuen Wappens, worauf legten Sie Ihr Augenmerk?

Tatsächlich wurde viel Zeit und Mühe in das Auswahlverfahren zum Corporate Design gesteckt. Für die drei ausgewählten Designstudios wurde von der Stadt Michael Heintschel beauftragt, für ein wirklich gut ausgearbeitetes Briefing. Wichtige Vorgaben für das Wappen waren neben der heraldisch richtigen Umsetzung auch eine neue Wirkung für den Korbiniansbären herauszukitzeln – »Aufbruch, Leichtigkeit, Erfolg, nach vorne schreitend« waren dabei besonders entscheidend. Diese neue Haltung des Bären war uns  besonders wichtig für die Stadt Freising. Wir wollten, dass die Menschen sich mit unserem Wappentier identifizieren können. Da steckt für uns wahnsinnig viel Power drin. Eine Stadt, eine Gestaltung, eine Haltung.

Gibt es eine symbolische Deutung oder Aussage, die das neue Freisinger Wappen transportieren soll?

Neben den vorgegebenen Schlagworten war es für uns im Arbeitsprozess spannend die Geschichte, auf der das Wappen basiert, für die Zukunft weiterzudenken. Also was wäre, wenn es eine Fortsetzung gäbe für unseren Korbiniansbären? Nachdem der Bär in vielen Darstellungen früher als untertänig gezeigt wurde, macht er für uns nun als »stolzer Diener« eine bessere Figur. Er hat die altbekannten Attribute – das »mit silbernen Bändern verschnürte(s) rote(s) Bündel« dabei, bringt aber eine neue Haltung mit – er kehrt in unserer Idee in Form eines Wappentiers freiwillig als Hüter zurück nach Freising. Das zeigt auch einfach die neue Anordnung der Wort-Bildmarke: der nach links (heraldisch rechts) schreitende Bär mit Blick auf den Stadt- Freising-Schriftzug.

Das Wappen war ja nur ein Bereich in der Überarbeitung des gesamten Corporate Designs der Stadt Freising. Was gehörte denn konkret alles zu Ihren Aufgaben? Gibt es – außer dem Wappen – vielleicht etwas, das dabei grafisch alle Bereiche vereint?

Ganz klar prägt ein Erscheinungsbild immer die Summe verschiedener Elemente. Die Säulen sind dabei Schrift, Farbe, Form. Das neue Corporate Design für die Stadt Freising sollte mehr Einheitlichkeit bringen. Durch die Ablösung der doppelten Gestaltungsidee von Tourismus und Stadt könnten wir jetzt ein einfaches und nachvollziehbares Gestaltungssystem manifestieren, das über alle Medien hinweg funktionieren wird. Neben dem Festlegen der Gestaltungselemente sehen wir als wichtige Aufgabe immer ein Corporate Design Manual, das leicht verständlich zeigt, wie man eine einheitliche Gestaltung schafft. Denn Wiedererkennung funktioniert nur, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen und ein gemeinsames Auftreten mitgestalten wollen. Das Schöne ist:  auf Dauer zahlt sich ein passendes, klares Corporate Design tatsächlich aus. Zu viele Möglichkeiten oder gar ganz ohne klare Richtlinien zu arbeiten, bietet vielleicht viel Gestaltungsfreiheit, verwässert aber die Wiedererkennung und kostet wahnsinnig viel Zeit und damit Geld.

Wie Sie erwähnt haben, wird es auch eine neue Schrift geben. Was zeichnet diese Schrift aus?

Für uns war es wichtig, dass wir mit der Schriftwahl zum einen ein Tool für eine einfache Gestaltung mitgeben. Zum anderen war unser Wunsch offene, belebte Buchstabenformen zu finden und die dabei unaufdringlich bleibt. Eine Schrift, die lange gesehen, beziehungsweise gelesen werden möchte. Die sogenannte Freising Sans als prägender Bestandteil jeder Gestaltung der Stadt Freising ist in erster Linie klar und reduziert. Durch schwungvolle Buchstabenausläufe und runde i-Punkte wirkt sie freundlich und dynamisch – diese Details haben wir extra nochmal visuell nachgeschärft. Eine Herausforderung war der Vergleich mit der viel genutzten Systemschrift Arial von 1982 – als Schriftgestalterin blutet da Mona das Herz. Im Prozess hat sich der unersättliche Wunsch nach einer Open- Source Schrift herausgestellt. Am Ende hat die Stadt Freising dann eine Schrift für alle – demokratisch sozusagen.

Welche nächsten Schritte stehen nun an, wie geht es mit Ihrer Arbeit am Wappen und Corporate Design weiter?

Wir sind happy, dass die Stadträt*innen sich am Ende einstimmig zur Idee der neuen Gestaltung für die Stadt Freising entscheiden haben. Das war quasi die Freigabe, um unsere Ideen im vorgesehenen Online-Styleguide zu manifestieren. Man kann sich das so vorstellen, dass man eine Art Anleitung schreibt, wie die Gestaltungselemente verwendet werden sollen. Und diese Arbeit ist sehr systematisch. Wir überprüfen da beispielsweise nochmal die Mindestgröße oder Abstände von einem Logo oder bestimmen genaue Farbübersetzungen für Pantone oder CMYK. Das Spannende ist immer, dass sich alles bedingt – also müssen wir zum Beispiel erst den CMYK Wert ermitteln bevor es in die sogenannte Reinzeichnung für die Logodateien gehen kann. Wenn der Styleguide für die Basiselemente fertig ist, werden prägende Touchpoints nach Wichtigkeit sukzessive gestaltet werden. Spannend ist es auch Vorlagen zu gestalten, die später von anderen mit neuen Inhalten gefüllt werden sollen, wie eine Briefvorlage. Wir versuchen Systeme zu entwickeln, die bei neu aufkommenden Bedarfen auch einfach auf unterschiedliche Formate übertragen werden können. Genau da stehen wir gerade und arbeiten zusammen mit Herrn Widmann und den Stadträt*innen, wie wir vorausschauend und nachhaltig die neue visuelle Identität der Stadt Freising vorantreiben können und welche Medien als erstes bespielt werden sollen.

Vielen Dank!

Interview: Isabella Hödl-Notter

Fotos: Just Your Type und mariabayer.de

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom September 2022.
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