Das Energiebündel
Franziska Kreuter managt den Furtner und wirkt in Weihenstephan

Seit exakt zehn Jahren managt Franziska Kreuter mit Elan und Leidenschaft den Furtner, „mein Baby“, wie sie ihn liebevoll nennt. Zu der Berufung als Wirtin kam die gebürtige Münchnerin wie die sprichwörtliche Mutter zum Kind. Die Pächter wollten damals die Tradition des Furtnerbräu zu neuem Leben erwecken und suchten jemanden, der den Laden schmeißt. Die erste Wahl fiel auf das quirlige Energiebündel, das aber arbeitet gerne im gleichwertigen Team und wollte die Verantwortung nicht allein übernehmen, suchte nach einem Kompagnon und fand selbigen in Ludwig Zottl Dinzinger. Ursprünglich war das Projekt nur für ein Jahr als Zwischennutzung geplant, doch mittlerweile ist die urige Kneipe samt Nebenzimmer längst zum Kult avanciert. Die Kulturkneipe, die mit ihren vielfältigen Veranstaltungen einen wertvollen Beitrag zu Belebung der Innenstadt und zur Bereicherung des kulturellen Lebens leistet, hat sich einen festen Platz in der Freisinger Szene erobert. Und jeder, Franzi, wie sie von allen genannt wird, das Team und die Gäste, vor allem die Stammgäste, die den Furtner als ihr Wohnzimmer betrachten, hoffen auf eine lange Zukunft der Traditionsgaststätte.

Im holzvertäfelten Schankraum gibt es nach guter alter bairischer Wirtshauskultur Bier und Brotzeit zum Verzehr an blanken Holztischen. Zudem wird jeden Samstag ab 10 Uhr ein Frühschoppen mit Schmankerln aus der Freisinger Region geboten und am Samstagabend wird ein frisches Holzfass angezapft, aber nicht von der Belegschaft, sondern von Gästen, wobei natürlich die Gaudi schon vorprogrammiert ist. Nebenan im Jagdzimmer geht ein facettenreiches Kulturprogramm über die Bühne, was aber nicht von vornherein geplant war. Ursprünglich wollte Franzi nur Bier ausschenken und nicht obendrein ein Kulturprogramm organisieren. Aber inzwischen ist das schon ein Stück weit zu einem Selbstläufer geworden, da verschiedene Interessenten konkret nach dem Raum anfragen. Das breitgefächerte Potpourri beinhaltet beispielsweise Volkstanzabende, während derer auch Ungeübte erste Schritte wagen können, ebenso wird beim Karaoke jeder zum Mitmachen animiert, oder auch beim Kicker, während Quizabenden lassen sich die grauen Zellen trainieren und bei Strick-Treffen die Fingerfertigkeit. Diese Angebote sind Franzi vor allem in dem Sinne sehr wichtig, da sie sowohl Jung und Alt zusammenbringen will, als auch den Leuten eine Möglichkeit bieten möchte, voller Lebensfreude miteinander feiern zu können. Nichts haben wir nach zwei Jahren Pandemie notwendiger als solch eine Oase zum Abschalten. Außerdem finden regelmäßig Konzerte, Lesungen, Poetry-Slam-Abende und Theateraufführungen quer durch alle möglichen Themen und Stile statt. Dabei ist die Bühne nicht nur arrivierten Künstlern vorbehalten, genauso gerne dürfen sich dort Newcomer ausprobieren. Wer sich dafür bewerben mag, kann dies unter info@furtner.de machen. Als nächstes stellt dort die hessische Band The Backdated am 2. April ab 20 Uhr gemäß dem Motto „alles verrockt!“ ihr umfangreiches Powerrock-Coverprogramm vor. Das reicht von Jimmy Hendrix und John Lennon über Neil Young, The Who und Led Zeppelin bis zu The Cure, Nirvana, Oasis sowie Coldplay und Green Day. Am 22. April sind dort ab 20.30 Uhr Stick a Bush zu Gast, eine Dub-Jazz-Reggae-Band aus Wien mit Vorliebe für die Jamaikanische Off-Beat Musik und Affinität zur Improvisation. Gemeinsam generieren sie einen erdigen Roots-Reggae-Sound, gepaart mit tiefgründigen Texten. Weitere Veranstaltungen sowie das Programm zum Jubiläumsfest im Mai finden sich unter www. furtner-freising.de.

So schlüssig wie selbstredend sich das wunderbare Konzept nach einem erfolgreichen Jahrzehnt bewährt hat, so rätselhaft erscheint es, wie eine Frau, die keinerlei Ausbildung in dieser Richtung absolviert hat, sich auf solch ein Abenteuer einzulassen wagt. Wie so oft liegt auch hier so manches in den Genen, respektive Kindheitserlebnissen. Ihre Liebe zur Wirtshauskultur entdeckte Franzi schon als Kind in Garching, wo sie in einem Biergarten die leeren Gläser einsammelte, um am Ende ein Eis zu abzustauben. Zum anderen zeichnen sich ihre Eltern als Liebhaber von Kunst und Kultur aus. Trotz dieser frühen Prägungen hatte sie aber keinerlei Ambitionen, das eine oder andere beruflich zu verfolgen. Weil sie mit Menschen zu tun haben wollte, machte sie sich tagtäglich auf den Weg nach Freising, um sich an der Fachoberschule in das Sozialwesen zu vertiefen. Parallel dazu wurde sie im Baseballverein in Attaching aktiv und wirbelte als D-Jane bei Radio Libido, das Anfang der 2000er Jahre als DJ-Mekka der Region galt, im Lindenkeller mit. Spätestens jetzt war sie tief in der Szene der Domstadt angekommen.

Per Zufall entdeckte sie im Rahmen eines Tages der offenen Tür an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf das Fach Umweltsicherung für sich. Schließlich war sie als Mitglied des Bund Naturschutz schon lange in der Thematik tätig und ihr Dringlichkeit derselben entsprechend wichtig. Der Lehrstuhl dafür aber ist nicht hier situiert sondern in Triesdorf in Mittelfranken. Um sich fernab der Heimat finanziell über Wasser halten zu können, kellnerte sie im Quasimodo, das dort ähnlich legendär ist wie hier der Furtner. Nachdem sie ihre Prüfungen zur Diplom-Ingenieurin erfolgreich abgelegt hatte, ließ sie sich in Freising nieder. Nach ein paar Jahren als Mitarbeiterin in einem Ingenieurbüro für Biogas im Gründerzentrum kehrte sie im Jahr 2011 zurück an die Hochschule, diesmal als Assistentin in den Bereichen Physik-Verfahrenstechnik und Umwelttechnik, um für die Studenten Praktika aufzubereiten und an der Organisation mitzuwirken. Übrigens kam ihr Organisationstalent auch bereits in jungen Jahren zum Vorschein; als Jugendliche wurde sie nämlich mit der Leitung der Ministranten in ihrer Kirche betraut.

So gegensätzlich ihre beiden Professionen auf den ersten Blick wirken mögen, so sehr ergänzen sie sich auch. Auf der einen Seite die leise, konzentrierte, wissenschaftliche Arbeit, auf der anderen die laute als Wirtin, die mit beiden Beinen, mit Leib und Seele im Hier und Jetzt steht. Hier wie dort engagiert sie sich für das Leben, für das der Menschen ebenso wie das der Natur. Und genau diese beiden Pole sind es, die für sie das Dasein wertvoll machen, sie möchte weder das eine noch das andere missen. Genauso wenig missen möchte sie, die sich als temperamentvollen und sentimentalen Menschen bezeichnet, ihre Gefühle. So sehr sie problemlos in der Lage ist, vor Freude in die Luft zu springen, so heftig kann sie in einer sensiblen Phase alles mitnehmen, und sei es nur ein kitschiger Film. Das heißt aber keineswegs, dass Franzi von einem Extrem ins andere verfällt, vielmehr liegt ihr ein ausgeglichenes Leben in Harmonie am Herzen, und falls die mal nicht stimmt, beschäftigt sie das sehr. Möglicherweise helfen ihr dann der Sport und ihre geliebten Ausflüge in die Natur, sei es zu Fuß, per Rennrad, Mountainbike oder Vespa. Wie heißt es doch so trefflich: Mens sana in corpore sano.

Von Elisabeth Hoffmann

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom April 2022.
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