Das Asam erhält seine Würde zurück
Generalsanierung nach 300 Jahren

Das Gebäude ist die Herzkammer der Altstadt, hier schlägt der Puls des kulturellen Lebens, hier ist Freisings Geschichte erlebbar. Die Rede ist vom Asamgebäude, kurz: „das Asam“. Seit jeher ist die Gebäudeanlage den Freisingern lieb und teuer. Nach sieben Jahren, die die Generalsanierung des Komplexes gedauert hat, und 65 Millionen Euro, die man in das Projekt gesteckt hat, wird das Asam im April wiedereröffnet. Und dann ist es den Freisingern sicherlich noch lieber und noch teurer.

von Andreas Beschorner

Seit rund 300 Jahren steht die barocke Vierflügelanlage kräftig und prominent da, prägt das Bild der Innenstadt zu Füßen des Dombergs, ist trotz seiner vielfach wechselnden Nutz-ungen das prägende Gebäude. Als Hochschule mit angeschlossenem Gymnasium wurde es 1695 vom Freisinger Fürstbischof Johann Franz Eckher von Kapfing und Liechteneck begründet, die Benediktiner betreuten das Lyzeum. Der Bau des Gebäudes wurde um 1695 wohl von Antonio Riva begonnen. Der Westflügel stammt von 1707 bis 1709, der Ostflügel von 1737. Ab 1764 wurde der Südflügel erbaut. Im Westflügel befindet sich der später Namen gebende Asamsaal. Dessen barocke Ausstattung und die Fresken von Georg Asam, dem Vater der beiden berühmten Gebrüder Cosmas und Egid Quirin, sowie der Stuck von Nikolaus Liechtenfurtner machen ihn zu einem festlichen und intimen Raum. Die Säkularisation des Hochstiftes Freising im Jahr 1802 brachte das Ende der Hochschule. 1834 entstand zwar ein neues, nun Königlich Bayerisches Lyceum in Freising, das 1923 in Philosophisch-theologische Hochschule Freising umbenannt wurde. Die bestand bis 1969, ihr Sitz befand sich jedoch im ehemaligen Marstall auf dem Domberg. Nach der Säkularisation wurde der Gebäudekomplex am Marienplatz zunächst für verschiedene Schulen genutzt, die den Asamsaal als Studienkirche verwendeten. Ab 1838 hatte das Appellationsgericht hier seinen Sitz. Dieses baute den Saal um, zog eine Zwischendecke und Quermauern ein, und nutzte den Saal als Gerichtssaal. Ab 1862 wurde er von der Realschule als Turnraum benutzt. 1949 wurde der Saal durch den Ausbau der Wand und der Zwischendecke wieder nutzbar gemacht und das Deckengemälde saniert. Es begann der Umbau der Räumlichkeiten zum Festsaal, zudem sollte er für Theaterzwecke und Lichtspiele, also für ein Kino, zur Verfügung stehen. Theaterleiter Karl-Heinz Krüger wollte dem noblen Rahmen entsprechend hauptsächlich anspruchsvolle deutsche und künstlerisch wertvolle internationale Produktionen zeigen. Durch die geräumige Bühne waren auch Konzert- und Theatervorstellungen möglich. Auf einen Antrag von 1947 hin erhielt der neu geschaffene Saal die Bezeichnung „Asamsaal“. Der wurde dann 1975 komplett renoviert und dabei der Westflügel um sieben Meter über die Moosach verlängert, um die Bühnenfläche zu erweitern. Die Anforderungen eines modernen Spielbetriebes machten eine grundlegende Neugestaltung des Theaterumfeldes erforderlich. Die Stuckdecke des Saales wurde gesichert und befestigt, schadhafte Teile wurden erneuert. Die farbliche Gestaltung der Decke und der Wände erfolgte nach dokumentarischem Befund. Die Deckenbilder wurden restauriert. Weiterhin wurden unter anderem das Bühnenhaus erweitert, die Empore um drei Sitzreihen verkürzt, neue Fenster im Saal, Foyer und im barocken Treppenhaus in Naturton eingebaut, die Fassaden renoviert und das Foyer vergrößert. 1977/78 wurde die Hauptfassade renoviert. Seit 1965 ist in dem Gebäude auch das Freisinger Stadtmuseum untergebracht. Doch auf eine umfassende Generalsanierung hat der Gebäudekomplex bis heute gewartet.



Die startete im April 2017, als man zum „Baubeginnsfest“ geladen hatte. Das Konzept des Architekturbüros Wollmann und Mang, das als Sieger aus dem 2009 ausgeschriebenen Realisierungswettbewerb mit angegliedertem städtebaulichen Ideenteil hervorging, wird seitdem umgesetzt, Diskussionen, ob man den Innenhof überdachen solle, gehören inzwischen der Vergangenheit an, besondere Funde wie eine Mitte 2020 freigelegte Pumpenanlage, wie man sie bis dahin nur aus dem norddeutschen Bergbau kannte, sind gesichert. Und so sieht das Konzept der Modernisierung und Neustrukturierung aus, das jetzt realisiert wurde: Der Westflügel wurde auf ganzer Breite zum Innenhof hin geöffnet und ein großes Foyer mit Touristinfo, Theaterkasse und Garderobe geschaffen, der über den Innenhof der Hauptzugang ins Gebäude sein wird. Über eine neue, breite Treppe auf der Nordseite geht es hinauf ins Stadtmuseum, das seine Ausstellungsfläche fast verdreifachen wird. Noch ein Stockwerk höher steht man im erweiterten Asamfoyer, an das sich der Asamsaal anschließt. Hier wurde die prachtvolle Originaldecke restauriert. Das Theaterpublikum darf sich freuen: Die Empore blieb erhalten, das Gestühl wurde erneuert und etwas erhöht, was für eine bessere Sicht auf die Bühne sorgen wird. Die gesamte Audio- und Videotechnik wurde ebenfalls auf den neuesten Stand gebracht. Zusätzlich entstand vor der Bühne ein flexibel einsetzbares Orchesterpodium: Es kann als Orchestergraben abgesenkt, auf die Höhe des Parketts gefahren und bestuhlt oder auf Bühnenniveau gebracht und dann als Vorbühne genutzt werden. Im zweiten Stockwerk, wurde außerdem ein neuer, kleiner Veranstaltungssaal mit Bühne geschaffen. Im barocken Dachstuhl werden das Depot des Museums sowie Lager- und Technikräume untergebracht. Im Gebäude kommen weiterhin die Büros für das Stadtmuseum sowie das Kultur- und Tourismusamt unter. Erstmals wird im Südflügel des historischen Ensembles ein Bistro entstehen, dem auch Freiflächen im Innenhof und auf dem südlichen Platz zur Bewirtung zur Verfügung stehen. Im Flügel auf der Nordseite zum Marienplatz werden wie in der Vergangenheit Läden zum Einkaufen einladen.



Dazu wurde am gesamten Gebäude das stark sanierungsbedürftige Tragwerk ertüchtigt. Da sich der gesamte Planungsbereich im Schwemmland der Moosach am südlichen Fuß des Dombergs mit sehr hohen Grundwasserständen befindet und das Gebäude noch auf seinen ursprünglichen Eichenpfählen gegründet ist, war die statische Ertüchtigung der Fundamentierung neben der Sanierung des Dachtragwerks und Holzbalkendecken von zentraler Bedeutung.
Selbstverständlich wurde auch die veraltete und der Gebäudenutzung nicht mehr gerecht werdende Haus- und Betriebstechnik grundlegend erneuert. Neben der kompletten Modernisierung der Elektroinstallationen auf den heutigen Sicherheits- und Ausstattungsstandard mussten auch die Sanitäreinrichtungen, die Gebäudeheizung und insbesondere die nicht mehr funktionierende Lüftungstechnik erneuert werden. Die vier barocken und fünf historischen Fenster (älter als 100 Jahre), die es in dem 10 000 Quadratmeter großen Gebäude noch gibt, wurden restauriert, alle anderen Fenster erneuert. Von den Innenwänden wurden sämtliche Farbschichten abgetragen (bis zu zwei Zentimeter dick), die barocken Putze darunter blieben erhalten. Und auch die Decken und Gewölbe blieben strukturell erhalten, wurden allerdings besser gedämmt und nach statischen und brandschutztechnischen Anforderungen aufwändig verstärkt und verbessert. Auch die Außenwände mit ihrem barocken Putz haben die Sanierung „überlebt“, die Fassadenputze wurden restauriert, teilweise rekonstruiert.

Eine enorme Aufwertung erfuhr der südliche Platz, der den Namen „Asam öffne dich“ erhält: Der neue Lastenaufzug für den Asamsaal kann gleichzeitig als aufklappbare Bühne für Open Air-Veranstaltungen eingesetzt werden. Besonders spektakulär: die Fassade. Das Künstlerehepaar Susanna und Bernhard Lutzenberger hat sie aus unzähligen eloxierten Aluminium-Lamellen entstehen lassen, die in einem sanften und warmen Goldton daherkommt, und mit der ein wichtiges Bild transportiert wird: Der Freisinger Mohr, der auf einem Deckengemälde des Freisinger Mariendoms zu sehen ist, wird durch entsprechende Verdickungen der Lamellen im Bereich des Motivs sichtbar gemacht. Die besondere Technik wird bewirken, dass sich das Aussehen je nach Blickwinkel, Tageszeit und Beleuchtung verändert. Der früher so vernachlässigte Hinterhof bereichert als attraktiver Veranstaltungsplatz das Freisinger Zentrum.

Zusammengefasst hat die Stadt Freising mit der Sanierung, Modernisierung und Neustrukturierung die Zukunft des Asamgebäudes – eines der bedeutendsten Baudenkmäler der Freisinger Altstadt – zu einem kulturellen und merkantilen Zentrum der Bürgerstadt Freising gesichert. Das Ziel der Neugestaltung und Aufwertung der Wegebeziehung zwischen der Freisinger Altstadt mit dem Marienplatz als Zentrum und dem Domberg mit seinen kirchlichen und kulturellen Einrichtungen ist erreicht, auf eine hohe Aufenthaltsqualität in den Außenbereichen und auf eine Nutzungsvielfalt, die den verschiedenen Bedürfnissen Rechnung trägt, wurde geachtet. Nicht zuletzt wird das Mammutprojekt auf diese Weise einen nachhaltigen Beitrag zur Stärkung und Belebung der Freisinger Innenstadt leisten. Fazit, wie es Architekt Anton Mang zu Beginn der Arbeiten formuliert hatte: „Wir wollen dem Gebäude wieder etwas an Würde zurückgeben.“

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Februar 2024.
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