Ansprechpartner für Schüler und Eltern
Jugendsozialarbeit an Schulen gibt es inzwischen an den meisten Schularten im Landkreis Freising

„Meine Vormittage sind gefüllt mit Gesprächen.“ Seit Ende 2021 ist Viola Hobmaier als Jugendsozialarbeiterin an der Kastulus-Realschule Moosburg tätig. Sie ist damit quasi ein „Pilotprojekt“, denn sie besetzt die erste Stelle von Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) an einer Realschule im Landkreis Freising. Die Arbeit macht sie schon viel länger, zuvor aber stets an Grund- und Mittelschulen. „Der große Unterschied“, sagt sie, „ist das Mehr an Beratungsarbeit“.

Das Angebot, das es bald auch an weiteren Realschulen geben soll – entsprechendes Personal wird derzeit gesucht –, wird richtig gut angenommen. „Und zwar nicht nur von Schülerinnen und Schülern, sondern auch von den Eltern“, betont Viola Hobmaier. Es seien sehr schnell Kinder und Jugendliche mit Problemlagen zu ihr gekommen, und auch Eltern wollten Schwierigkeiten für ihr Kind frühzeitig erkennen und besprechen. „Da geht es um familiäre Konflikte, aber auch um persönliche Probleme Jugendlicher.“

Corona hat vieles verändert. Es gelte, Krisen aus den vergangenen zwei Jahren aufzuarbeiten. „Psychische Auffälligkeiten nehmen zu. Viele Kinder und Jugendliche wirken labil, haben Ängste, machen sich Gedanken. Man muss ihre Stärken wieder herausarbeiten, ihnen eine Zukunftsperspektive geben.“ Lange konnte man keine Freunde treffen, das soziale Miteinander fehlte. „Nun meiden manche Kontakte.“ Auch Schulangst hat sich zum Teil in der Pandemiezeit verstärkt. Die erfreuliche Kehrseite der Medaille: „Man merkt, dass zahlreiche Familien durch die Zeit miteinander in sich gestärkt wurden.“

Vielfältiges Aufgabenspektrum Das Aufgabenspektrum der Jugendsozialarbeit an Schulen ist vielfältig. Es umfasst Beratungs- und Hilfsangebote für Kinder und Jugendliche bei privaten oder sozialen Problemen und leistet Hilfestellung bei ersten Schritten Richtung Arbeitsmarkt und in die Selbständigkeit. Darüber hinaus werden Sorgeberechtigte in Erziehungsfragen beraten. Zum Arbeitsalltag der Jugendsozialarbeit gehören außerdem zahlreiche Präventionsangebote in den Bereichen Sozialkompetenz oder Medienund Sexualpädagogik. Aus dem Schulalltag sind die Kolleginnen und Kolleginnen des Sachgebiets 53 am Landratsamt Freising nicht mehr wegzudenken.

Bayernweites Pilotprojekt

1996 wurde bayernweit die erste JaS-Stelle an der Paul-Gerhardt-Schule geschaffen. Damit nahm der Landkreis eine Vorreiterrolle ein. Mittlerweile findet man JaS im Landkreis Freising an Grund- und Mittelschulen, dem Staatlichen Beruflichen Schulzentrum, dem Sonderpädagogischen Förderzentrum und ab 2022 auch an Realschulen und der Staatlichen Wirtschaftsschule. „Dank der Förderung durch das Staatsministerium, der Zuschüsse der jeweiligen Gemeinden und Städte sowie des Landkreises Freising ist es in den letzten 26 Jahren gelungen, ein flächendeckendes und zukunftsweisendes Angebot dauerhaft zu installieren“, sagt Michael Scheumann, verantwortlicher Sachgebietsleiter im Amt für Jugend und Familie Freising.

Die Schwerpunkte haben sich in dieser Zeit immer wieder verlagert. „Während um die Jahrtausendwende noch Gewaltprävention und Integration in den Arbeitsmarkt im Fokus standen, sind nunmehr Digitalisierung, Migration und Kinderschutz die vorherrschenden Themen“, weiß Scheumann. Auch psychiatrische Auffälligkeiten junger Menschen spielen im Arbeitsalltag der Fachkräfte eine immer wichtiger werdende Rolle. Für passgenaue Hilfen ist die Vernetzung mit unterschiedlichen Kooperationspartnern wie Beratungsstellen, Gesundheitsamt, Polizei oder Arbeitsagentur ein weiterer wichtiger Baustein.

Seit 2010 arbeitet Viola Hobmaier als Jugendsozialarbeiterin an verschiedenen Schulen. Die Aufgaben seien im Grunde ähnlich geblieben. Es seien aber neue dazu gekommen. „Wir leben in einer Welt, in der es für Kinder und Jugendliche einfach ist, sich durch das Internet Informationen zu beschaffen oder mit einfachen Klicks Mitmenschen zu diskriminieren.“ Cybermobbing sei immer noch eine große Herausforderung. „Hinzu kommen jetzt verstärkt die Themen Häusliche Gewalt, Sexing, Genderpädagogik, Queer. Jugendliche, die bemerken, dass sie möglicherweise eine nicht-heterosexuelle Orientierung haben, haben in ihrer Adoleszentphase eine doppelte Belastung. Hier kann die Jugendsozialarbeit oft als Vertrauensperson da sein.“ Etwas verschoben haben sich nach Hobmaiers Wahrnehmung Suchtprobleme. „Alkoholkonsum geht etwas zurück. Wir in der Jugendsoziarbeit sind nun vermehrt mit riskantem bzw. pathologischem Spielverhalten konfrontiert, auch vermehrt schon im Grundschulalter.“

Der Krieg in der Ukraine beschert der Schulfamilie wie der gesamten Gesellschaft eine weitere große Aufgabe: die Integration der Geflüchteten. Demnächst sollen Willkommensgruppen an den Schulen geschaffen werden. Diese können auch schulartübergreifend sein. Dort sollen die Schülerinnen und Schüler zunächst grundlegende Deutschkenntnisse erhalten. Zusätzlich können – je nach Bedarf und Situation – auch sportliche und musische Angebote wahrgenommen werden. „Wir wollen uns hier einbringen, die Schulen, Kinder und deren Familien unterstützen, Bedarfe erkennen und Vernetzung schaffen.“

Robert Stangl, Landkreis Freising

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Mai 2022.
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