Es war ein Sonntag im Juli, nachts um 3:33 Uhr, als Steffi Euringer und ihre Freundin Sophie Schweiger-Beck gespannt vor dem Laptop saßen und wie wild versuchten die Homepage der Allgäu-Orient-Rallye zu aktualisieren. Die vielen Zugriffe und der abgestürzte Server machten es den Beiden nicht gerade leichter einen der begehrten 111 Startplätze für die Rallye zu ergattern. So vergingen die frühen Morgenstunden mit Bangen und Hoffen. Um 8:30 Uhr dann endlich eine E-Mail: „Herzlichen Glückwunsch, ihr seid dabei. Auf Startplatz Nummer 65!“ Erleichtert und voller Vorfreude konnte das Abenteuer nun beginnen.
Die Allgäu-Orient Rallye, die in diesem Jahr bereits zum neunten Mal stattfindet, ist auch und gerade heute noch ein Abenteuer, ein Wagnis. Sie geht vom Allgäu in den Orient, dient dem guten Zweck und ist eine sogenannte Low-Budget Rallye, für die man eine gesunde Mischung aus Kreativität, Abenteuergeist und Mut haben sollte, um erfolgreich zu sein. Der Teamname „Mission Camel“ war schnell gefunden, aber nun galt es noch vier weitere Teammitglieder für das Abenteuer zu finden. Steffi hat ihren Freunden und Bekannten immer wieder im Vorfeld von der Rallye vorgeschwärmt und so war es nicht schwer die Ersten zu überzeugen. Henrik Bode, Georg Scharfenberger, Simon Herz und Stefan Vollnhals waren sofort vollends begeistert von der Idee und haben nicht lange überlegt. „Jeder von uns ist wahnsinnig neugierig, was uns erwartet, immerhin führt uns die Rallye durch spannende Länder. Zuerst Osteuropa, dann die Türkei, anschließend mit der Fähre nach Nordzypern, nach Israel und schließlich nach Jordanien“, erzählt Steffi.
Seit der Startplatz des sechsköpfigen Teams feststeht, finden wöchentliche Teammeetings statt, denn es gilt eine Menge organisatorischer Fragen mit Witz, Kreativität und Organisationstalent zu klären. Durch die Spielregeln des Veranstalters wird es den Teams nicht gerade einfach gemacht.Pro Team werden zum Beispiel drei Autos gebraucht, wovon jedes nur 1111,11 Euro kosten darf oder mindestens 20 Jahre alt sein muss. Die Streckenwahl wird den jeweiligen Teams überlassen, es müssen nur bestimmte Punkte angefahren werden. Übernachtet wird im Auto, im Zelt oder in Hotels, die nicht mehr als 11,11 Euro kosten dürfen. Navis und Autobahnen sind tabu und die Veranstalter haben kurz vor Start noch ein ganzes Buch voller Aufgaben für die Teilnehmer, welche es zu erledigen gilt. So mussten die Teams in der Vergangenheit schon im türkischen Fernsehen singen oder einen Tisch suchen, der in der jordanischen Wüste versteckt wurde. Wer alles erledigt und zudem noch schnell ist, hat die Chance auf den ersten Preis: Ein lebendiges Kamel. Die Autos verbleiben im Zielland und werden unter der Schirmherrschaft des Königshauses für wohltätige Zwecke versteigert. Dieses Geld kommt dann karitativen Einrichtungen zu Gute, die in der Vergangenheit schon viele Projekte in Jordanien und der Türkei verwirklichen konnten. So konnten Schulen unterstützt oder auch die Wasserversorgung verbessert werden
Der erste Gebrauchtwagen des Teams „Mission Camel“ wurde auch schon gefunden. Ein 16 Jahre alter Audi Avant quattro soll die Fünf nach Jordanien bringen. „Wir sind noch auf der Suche nach zwei weiteren Fahrzeugen, bestenfalls nochmal das gleiche Modell, wegen den Ersatzteilen und da der Wagen erfahrungsgemäß sehr zuverlässig ist. Außerdem kann Allradantrieb in der Wüste sehr nützlich sein“, erklärt Steffi. Viele Autos machen die Strapazen der Reise nicht bis zum Schluss mit, aber das wichtigste ist, dass das Team in mindestens einem Fahrzeug die Ziellinie in Amman überfährt. „Auf Komplikationen unterwegs sind wir vorbereitet und die gehören auch irgendwie dazu. Das macht den Reiz aus“, so die Marzlingerin weiter.
„Obwohl unser Teamname „Mission Camel“ vielleicht anderes vermuten lässt, fahren wir nicht mit, um unbedingt zu gewinnen. Wir wollen fremde Kulturen kennenlernen, was für die Völkerverständigung tun und zu guter Letzt möchten wir den guten Zweck, den die Allgäu-Orient-Rallye verfolgt unterstützen“, sagt Steffi. „Uns persönlich liegt es sehr am Herzen auch einigen Bedürftigen zu helfen, denen wir unterwegs begegnen. Durch Reisen in andere arme Länder weiß ich, dass man schon mit Kleinigkeiten wie Kleidung oder Schulutensilien ein gutes Werk tun kann. Da die Lage in Syrien momentan sehr schlimm ist, werden wir übrige Sponsorengelder an das Flüchtlingslager in Jordanien spenden. Deshalb hoffen wir natürlich auf reichlich Unterstützung von Firmen und lokalen Unternehmen.“ Einige Sponsoren hat das Team auch schon gefunden, unter anderem Schenck RoTec und Stadtfeger Bernd Bildhauer, der mit seinem Team schon vor vier Jahren dabei war und die Rallye kennt.
Bis es am 2. Mai 2014 in Oberstaufen losgeht hat das Team „Mission Camel“ noch viel zu tun. Routenplanung, Visa beantragen, Türkisch lernen, Fahrzeuge finden und natürlich Urlaub beantragen. Dafür werden die Sechs mit vielen neuen Eindrücken, neuen Freunden und vor allem neuen Erfahrungen belohnt.
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom November 2013.
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