Timi geht essen: Marriott Hotel

Auf Anraten vieler Freunde und Bekannter hab ich es nun endlich geschafft: Ich war soeben beim Sonntags-Brunch im Marriott Hotel. „Timi, da musst du unbedingt hin, das ist der Wahnsinn! Besser gehts nicht!“, hats geheißen. Und deshalb war ich auch da. Ein Freund war auch dabei. Der hat sich natürlich genauso darauf gefreut wie ich. Den Bauch mit allerlei Köstlichkeiten vollhauen, Getränke sind im Preis dabei, beste Qualität und so weiter. 35 Euro pro Person sind zwar nicht die Welt, aber dafür darf man schon ein wenig erwarten und hat gewisse Ansprüche an solch einen Brunch. Zudem wird gewo ben mit dem Spruch „Freisings beliebtester Brunch“. Das wollen wir doch mal genau wissen. Also, rein ins Vergnügen!
Wir parken in der Kammergasse und sind nach zwei Minuten Fußweg auch schon am Ziel. In der Lobby werden wir professionell und freundlich begrüßt und obwohl wir nicht reserviert haben, gibt die freundliche Dame am Empfang alles, um uns doch noch unterzubringen. Sie schafft es.
Wir haben einen schönes Plätzchen inmitten des Getümmels erhalten. Der Gastraum ist eingerichtet wie eine überdimensionierte Küche. Hell gefliester Boden und hölzerne Küchenschränkchen an der Wand. Nicht gerade totschick, aber schon sehr einladend und gemütlich. Wie in einer Küche eben.
Wir bekommen sofort Prosecco, Weißwein oder Rotwein angeboten – ohne den ist der Andrang auf das Buffet auch kaum zu bewältigen. Die Hektik der anderen Gäste ist deutlich sichtbar. Eine Kolonne um das Vorspeisenbuffet bewegt sich synchron, ruckartig durch den Raum. Man kann kaum erkennen, was es alles für Köstlichkeiten gibt. Kaum zu glauben, dass es gerade viertel nach zwölf ist und das Buffet bis 15 Uhr dauert. Einige Gäste scheinen tatsächlich dem Hun- gertod recht nahe. Besonders die etwas besser Genährten kämpfen ums Überleben am Vorspeisentisch. Das Hotelpersonal hat das alles wunderbar im Griff und füllt fleißig die Platten mit frischen Speisen auf. Auf dem Tisch stehen eine großzügige Salatauswahl, diverse Snacks, geräucherter Fisch, ein kompletter marinierter Lachs, Rollmöpse, bayerischer Wurstsalat, eingelegter Bismarckhering, Krautsalat, Pepperoni mit Schafskäse… da kann man sich wirklich nicht beschweren! Nachdem sich die anfängliche Aufregung etwas gelegt hat, machen wir uns auch auf zum Vorspeisenbuffet und genießen das hochwertige Essen. Mein Croissant, das ich zum Lachs genommen habe, hat leider eine Schokofüllung. Ich weiß allerdings nicht, ob es Absicht oder Versehen war, die Croissants so nah am Fisch zu platzieren. Für mich war Lachs und Schokohörnchen allerdings eine einmalige Erfahrung.
Plötzlich geht es wieder los: Quasi alle Gäste stehen praktisch gleichzeitig am Hauptspeisenbuffet. Jetzt hat es der arme Küchenjunge schwer, Nachschub heranzukarren. Da sieht man schon mal böse Mienen, weil sich ein anderer Gast zu viel grünen Spargel auf den Teller getan hat – und jetzt gibt es gerade nur noch weißen Spargel. Ich finde das alles ganz putzig und warte einfach 2 Minuten, bis die nächste Ladung grüner Spargel kommt. Auch hier bei den Hauptspeisen gibt es einige nette Sachen zu entdecken: Stir Fry Hühnchen Asia Art, verschiedene Reis Variationen, Bärlauch Ravioli, Rinderhüftsteak in dunkler Sauce, Quiche und Lauchtorten und sogar eine kleine Nische, in der eine junge, gut gelaunte Köchin Meeresfrüchte zubereitet. Sehr schön! Also die Köchin… äh die Meeresfrüchte, mein ich! Also die Köchin schon auch… äh… Oh mann Timi, du redest dich schon wieder um Kopf und Kragen… weiter im Text.

Ich nehme von allem etwas und bin erstmal beschäftigt. Die meisten Gerichte sind wirklich gut! Selbst die Bärlauch-Ravioli sind wunderbar auf dem Punkt. Das Asia Hühnchen ist nett gemeint, aber gewinnt sicherlich keinen Preis. Eine Sache geht allerdings gar nicht: Das Rindersteak. Nachdem das erste Stück komplett ungenießbar war, hab` ich mir dann noch ein zweites Stück geholt, um auf der sicheren Seite zu sein. Aber auch hier, Fehlanzeige. Das Steak ist zwar innen wunderbar rosa und auch mittelklasse weich – aber staubtrocken und komplett geschmacksbefreit. Ich hoffe, es lag an diesem Tag nur an der Fleischauswahl und ist nicht immer so, denn das geht mal so gar nicht. Gerade in Anbetracht des Eintrittspreises. Sonst könnt ihr gerne am 4. Juli, zum Wohle eurer Gäste, bei der fünften Freisinger Grillmeisterschaft vorbeischauen und euch ein paar Tipps holen.

Wo ich gerade bei den negativen Seiten bin: Die Besteckverteilung bei den Speisen konnte ich nicht so ganz nachvollziehen. Da muss man sich frische Gurkenscheiben mühevoll mit einer Gabel herausfischen, wo es doch mit einem Löffel so viel einfacher wäre. Wenn man den Rollmops mit dem beigefügten Löffel auf dem Schüsselchen nimmt, hat man den ganzen Teller voll Fischsaft. Nicht so toll. Beim Nachspeisen-Buffet gibt es für den Kuchen nur kleine Löffel. Da bin ich mir aber sicher, dass ihr das bald hinbekommt.

Auch die Darbietung der Marmeladen hat mir nicht so gut gefallen – plumpe Plastikverpackungen. Kann man da nicht einfach kleine Weckgläser verwenden? Die schauen nicht ganz so billig aus, man kann einfüllen, was man möchte, und jeder Gast kann sich sein eigenes Glas nehmen, ist also auch für die Hygiene ganz toll. Gibt`s günstig bei Amazon.

So, genug der negativen Seite, jetzt geht es steil bergauf, das Nachspeisen-Buffet wartet auf mich. Und das ist eine wirklich ganz große Nummer. Selten eine so hervorragende Auswahl gesehen: Panna Cotta Erdbeer Törtchen, Mousse in diversen Variationen, unzählige Schnittchen und sonstige Konditoren-Meisterleistungen. Selbst eine Eisskulptur in Schwanenform gefüllt mit Vanille-Pistazieneis und Himbeeren blickt ehrfürchtig auf den Gast herab und möchte verspeist werden. Hübsch, hübsch! Sowas bekommt man nicht alle Tage und stimmt mich wieder glücklich. Vielen Dank dafür!

Fazit: Zwei Personen, siebzig Euro, den Bauch prall gefüllt. Nicht ganz billig, aber gute Produkte. Bis auf das Rindersteak. Aber das wird schon!
Bis dann, Timi

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Juni 2012.
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