Timi geht essen: Hop Sing

Asiatische Restaurants hat Freising mal genug. An der Altstadtgalerie geht‘s los und bei der Karlwirtskreuzung hört‘s auf. Hier sind wir dann auch letztendlich gelandet. Im Hop Sing. Hieß so nicht der chinesische Koch der Cartwright Familie aus der Fernsehserie Bonanza? Egal. „Bar & Restaurant“ lautet der Untertitel. Zum Asiaten wegen Cocktails? Ich weiß ja nicht… Eigentlich wollten wir ja in den Klimperkasten nach Vötting – der hat aber leider Montags zu. Die Currywurst-Story gibt es dann hoffentlich in einer der nächsten Folgen. Kaum hätte ich es ja nicht mal in den Hop Sing geschafft. Die Freundin ist totkrank, der Asiate lässt sie aber schlagartig genesen. Und ich kann die Cocktails testen, weil sie heute den Chauffeur spielt. Griabig.

Wir betreten den Laden und entdecken gleich mal ein paar Freunde. Nett hier. Der Kellner ist Anfangs ein wenig grimmig. Aber nicht negativ gemeint. Eher im Sinne von „in sich ruhend“. Asiaten halt. Mag ich. So wär ich auch immer gern. Hilft nix.
Erst mal bitte was zu trinken. Empfehlung des Hauses ist das Kirin Ichiban Bier. Als „Beer at its purest“ wird das beschrieben. Nach bayerischem Reinheitsgebot gebraut. Für uns normal, anderswo der pure Wahnsinn. Da können wir schon froh sein, hier zu wohnen. Der Kellner erzählt uns außerdem, dass er das Kirin Bier aus Düsseldorf bestellen muss – obwohl es hier in Weihenstephan gebraut wird. Mir schwant eine fragwürdige CO2 Bilanz. Schmecken tut‘s gut. Es wird mit einem Longdrink Glas serviert. Ich trink‘s aus der Flasche, das macht mehr Sinn.

Wir bestellen uns mal quer durch die Karte: Dancing Duck, Wet Wanta Suppe, vietnamesische Frühlingsrollen – das sind nicht die normalen Glücksrollen (!), Mao‘s Favorite Ente, Miss Saigon, Bun Bo La Lot, also gegrilltes Rindfleisch für denjenigen, der des Thailändischen nicht mächtig ist. Das klingt ja abenteuerlich. Tom will nur ein Wasser, er zögert noch. Die Hintergrundmusik wird von ihm kurzerhand als Slow Trance kategorisiert. Das ist aber eher abwertend gemeint, aber völlig legitim. Cocktail Musik soll das wohl sein.

Das Essen kommt. Der Salat sollte eigentlich mit kleinen Tellerchen kommen, damit alle probieren können. Das fällt leider aus. Der Salat schmeckt trotzdem fantastisch, da sind sich alle einig. Frische Avocados, echte Schrimps – und zwar die großen. Das Dressing ist ein gut salzig, das steht den Schrimps sehr gut. Die feine Säure unterstreicht die Avocados. Die Wan Tan Suppe ist ein Träumchen, die Frühlingsrollen sind selbstgemacht und schmecken bombastisch gut. Da ist kein schnöder Blätterteig aus dem Rewe rumgewickelt, nein! Das ist ein ganz ausgefuchster unglaublich knuspriger Familiengeheimnis- Frittierteig! Wow! Die Ente ist super saftig und sehr knusprig. Meistens bekommt man ja nur eins von beiden. Also ich bin im Himmel! Besser geht‘s fast nicht!

Besonders trickreich ist „Bun Bo La Lot“. Hier gibt es kleine frittierte Röllchen aus Algen oder frittiertem Spinat (da waren wir uns nicht ganz einig) mit einer herzhaften Fleischfüllung. Dazu eine kleine Salatgarnitur aus Tai Basilikum und Sprossen. Serviert wird das ganze auf einem Bett von ungewürzten Nudeln. Das Gericht funktioniert erst, sobald man die schmackhafte, leicht säuerliche Sauce über den gesamten Teller schüttet – da geht die Sonne auf! Flos „Miss Saigon“ ist eine vegetarische Gemüsepfanne in Cocos-Curry Sauce. Und unerbittlich scharf! In der Karte wird das Gericht zwar mit „sehr scharf“ gekennzeichnet, aber ich strecke quasi alle Viere von mir und wälze mich auf dem Boden, so scharf ist die Miss Saigon. Wenn der Schmerz nachlässt bleibt allerdings die Endorphin-Ausschüttung im Kopf und der ausgezeichnete Geschmack auf der Zunge. Flo tut zwar so, als wäre die Schärfe genau richtig für ihn, ich kann mir das aber aufgrund seiner hochroten Ohren kaum vorstellen. Er kämpft, der Arme. Zu guter Letzt probiere ich noch „Mao´s Favourite“: Eine gebackene Ente auf Gemüsebett mit Cocos Sauce. Ein richtiges Damen-Gericht. Man benötigt kein Messer, die Ente ist bereits in mundgerechte Häppchen zerteilt, die Sauce ist mild und schmackhaft abgeschmeckt und herrlich cremig. Das Gemüse ist wunderbar frisch und vor allem: nicht totgebraten, sondern immer noch frisch und knackig. Wir sind alle restlos begeistert, nur Tom nicht, der bleibt bei seinem Wasser. Er hatte sich heute so auf eine Currywurst gefreut.

Verführerisch blicken uns die Spirituosen und Säfte hinter der Bar an. Vorher kam es mir noch seltsam vor, Cocktails beim Asiaten zu trinken, aber die Musik wird immer ein Stückchen lauter, die Leute immer lockerer und irgendwie passt es doch. Ne Runde „Hop Sing Sling“ bitte für uns!
Auf Nachfrage, was das denn für ein Cocktail ist, meint der Barkeeper: „Das ist meine Doktorarbeit – schmeckt interessant!“ Das klingt spannend! Sekunden später erklingt der Cocktail-Shaker. Unzählige Zutaten werden zusammengeschüttet und in ein nett dekoriertes Gläschen gegeben. Das Ding kommt an den Tisch und ich habe im Bruchteil einer Sekunde einen neuen Lieblingscocktail! Sehr herb, fast ein Touch Barbecue Aroma schwingt da mit. Genau die richtige Süße – dieser Cocktail ist wirklich eine komplexe Doktorarbeit.

Die gebackenen Bananen zur Nachspeise beschreibe ich jetzt nicht, die probiert ihr am besten selbst. Die werden euch schmecken… seidig weicher Teigmantel, leichte Honignote… oh, ich wollte ja nix sagen.
Resümee: Geht zum Hop Sing, der kann was!

Liebe Grüße,
Timi

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Mai 2013.
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