Momentan ist ja so ziemlich höchste Biergarten-Saison. Das Wetter passt, es ist angenehm heiß und das Bier scheint ein Jahrhundertjahrgang zu sein, so gut wie mir das momentan schmeckt. Beste Voraussetzungen also für einen entspannten, sonntäglichen Biergartenbesuch.
Der Biergarten in Haag, die Schlossallee, hat es mir ganz besonders angetan. Gute Atmosphäre, meist freundlicher Service und die Leute sind auch sehr nett. Apropos Leute: die Oma der Freundin kommt heute auch mal wieder mit – sie hat Lust auf Steckerlfisch. Der soll ganz besonders gut sein hier.
Unser Pärchen-Ausflug wird also eher ein „Oma-Unterhaltungs-Ausflug“. Naja, wird schon werden. Ich parke also direkt gegenüber vorm Eingang der Schlossallee, um den Rollator auszuladen, und die Freundin kümmert sich zwischenzeitlich drum, die wacklige Oma auf den Beinen zu halten. Der Wille der Oma ist groß: Sie will „so an verdammten Steckerlfisch, der is prima!“ Na dann… Hände an den Rollator und losgedüst.
Gegen viertel vor zwölf nehmen wir relativ weit vorne an der Bierschenke Platz – da ist es „schön schattig und es zieht nicht, des is guat für meine Knie“. Toll.
Ich überlasse die Freundin nebst Oma ihrem Schicksal und kümmere mich erstmal um den Steckerlfisch. Ich will ja schließlich auch einen. Lachsforelle soll ́s sein; Makrele find ich seltsam und sie schmeckt auch schnell tranig, wenn sie falsch zubereitet wird. Da geh ich lieber auf Nummer sicher. Der Fischstand ist schon relativ gut belagert, ca. zehn Leute stehen etwas planlos um den Stand herum. Keiner weiß so recht, wo und wie er sich anstellen soll. Einfach zum Fischbrater gehen? Zuerst an der Kasse einen Bon holen? Zuerst zahlen? Zumindest ich kann keinen Ablauf feststellen. Ich stehe also ein paar Minuten mit einem kleinen Fragezeichen auf der Stirn da und werde dann von der netten Kassiererin aus etwa 5 Meter Entfernung angeredet: „Mogst du a an Fiiiiiiiiisch, Schbätzi?“ Ähm… ja, schon. Bitte. „Kimmst in 25 Minutn nomoi. Nimmst da beim Fiiiiiiiiisch-Broda a Glubbal mit da Numma!“ Aha, Nummer ziehen. Alles klar. Ich habe „Wäscheklammern Nummer 41 und 42“. Soweit so gut. Hätte aber auch einfacher gehen können.
Unverrichteter Dinge bummle ich zurück zu meinem Platz. Die Freundin hat inzwischen die Frischkäsetheke erkundet und der Oma und mir je eine Mass Bier besorgt. Ein Jägerbier hätt ́s auch gegeben, das hat die Freundin aber nicht gekannt. Schade. Das Helle ist aber auch sehr gut. Genauso wie der Frischkäse und das Bierstangerl, das sie von der Frischkäsetheke mitgebracht hat. Hier fühlt man sich fast wie in der Eisdiele. Verschiedenste Sorten Brotaufstriche werden liebevoll mit einem Eiskugelschaber nach Wunsch auf den Teller garniert. Hier gibts wirklich unzählige Sorten. Vor mir auf dem Teller stehen Tomaten- Paprika- und Bärlauch-Frischkäse. Mit dem Bierstangerl zusammen ein wahres Gedicht. Das muss man probiert haben, sonst glaubt man nicht, wieviel Geschmack man in einen einfachen Brotaufstrich packen kann. Fantastisch.
Mit Bier, guten Backwaren und Brotaufstrich vergehen die 25 Minuten Wartezeit wie im Flug. Beim Abholen unserer Steckerlfische wird ́s wieder kompliziert. Jetzt steht schon eine ganze Horde anderer Gäste vor mir. Wollen die ihren Fisch abholen, wie ich oder wollen die erst bestellen? Soll ich mich beeilen und vordrängeln, damit meine Fische nicht austrocknen bzw. weggegeben werden? Ja. Natürlich. Und das ist auch gut so. Der Fischbrater hat inzwischen Verstärkung bekommen und winkt mich aus der Ferne schon zu sich. Die anderen sind verärgert und verstehen nicht, warum ich mich vordrängeln darf. Die werden schon noch merken, dass sie erst eine Wäscheklammer holen müssen.
Der Fischbrater steckt noch kurz ein Grillthermometer in meine Fische, zieht die Mundwinkel fachmännisch nach unten und nickt zufrieden. „De han fertig, Schbätzi!“
Warum nennt mich hier eigentlich jeder Spezi? Egal. Die Fische sehen richtig gut aus. Auf meine Frage, welche Temperatur er denn vom Thermometer abgelesen hat, erhalte ich einen richtig interessanten Vortrag zum Thema Fischgrillen. Er nimmt die Fische bei 60 Grad vom Grill, andere nehmen um die 65 bis 70 Grad. Aber bei 60 Grad ist der Fisch perfekt saftig. Laut dem Fischbrater gerinnt Fisch- Eiweiß sowieso bei 31 Grad. Es ist also relativ egal, bei welcher Temperatur man den Fisch runternimmt. Man kann ihn auch komplett roh essen, da sind dann am meisten Inhaltsstoffe drin. Da gibt ́s aber dann manchmal Probleme mit Bakterien, die nicht abgetötet werden. Wie bei Sushi halt auch. Die Lachsforellen würde er sofort selber roh essen, die sind Spitzenqualität, meint er. Die Makrelen kann man zwar auch roh essen, die schmecken roh aber eher tranig. Sind eben Meerwasserfische. Meine Rede!
Noch ordentlich Zitrone zu den Fischen und ab ins Papier. Um die 13 Euro pro Fisch sind auf jeden Fall gerechtfertigt, das sind ordentliche Brummer. Mit meinen neuen Erkenntnissen und dem Steckerlfisch beladen schlendere ich zu unserer Bierbank zurück. Oma und Freundin haben in der Zwischenzeit auch einen kleinen Ausflug gemacht und Brezen besorgt. Wirklich gute Brezen!
Ran an den Fisch. Der Fischbrater hat nicht zu viel versprochen, der Fisch ist fantastisch. Perfekte Marinade, außen schön braun und die Grillstufe von 60 Grad hat den Fisch wunderbar saftig und unglaublich geschmackvoll gemacht. Vermutlich der beste Steckerlfisch, den ich je essen durfte. Vielen Dank, liebe Schlossallee!
Ich habe kurz nicht aufgepasst und die Oma hat ihren Fisch selbst zerlegt. Was für eine Sauerei! Alles voll Gräten und Fischmatsch… Ich versuche zu retten, was geht, und bekomme den Fisch dann, gottseidank, noch relativ gut zerlegt. So schwer ist es ja eigentlich garnicht. Erstens Kopf abtrennen, aber Rückengräte dranlassen. Zweitens am Rücken entlang einschneiden und in Richtung Bauch aufklappen. Drittens, den Kopf mit Rückengräte nach Hinten abziehen. Dann sollten alle Gräten weg sein und auch Omas Fisch sieht nun wieder gut aus. Wunderbar, dann Zitrone drauf und guten Appetit.
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom September 2012.
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