Tierschutz in Freising
Die aktuelle Situation und die Wünsche für die Zukunft. Ein Plädoyer von Joseph Popp.

Aufgaben eines Tierschutzvereins
In der heutigen Gesellschaft, in der die Tierhaltung immer mehr zunimmt und der Tierschutz dank seiner Verankerung als Staatszielbestimmung im Art. 20a des Grundgesetzes und seiner rechtlichen Ausgestaltung im Tierschutzgesetz auch bei den Menschen immer mehr in den Fokus rückt, ist es eine Notwendigkeit, eine solche Einrichtung zum Nutzen der Tiere und der Bevölkerung bereit zu stellen.
Die Staatszielbestimmung enthält eine verfassungsrechtliche Wertentscheidung, die von der Politik bei der Gesetzgebung und von den Verwaltungsbehörden und Gerichten bei der Auslegung des geltenden Rechts zu beachten ist.
Eine Tierherberge ist nicht nur eine strukturelle Bereicherung in einer Kommune, sondern heutzutage auch ein unverzichtbares, infrastrukturelles Hilfsangebot für die Bürgerinnen und Bürger, die mit ihren Haustieren in Not geraten sind.
Meistens wird von den Kommunen ihre aus dem Fund- und Sicherheitsrecht entspringende gesetzliche Unterbringungsverpflichtung bei aufgefundenen oder verletzten Tieren in den Vordergrund gestellt. Oft nicht berücksichtigt wird die notwendige Unterbringung von Tieren, die von Behörden (z.B. Landratsamt) beschlagnahmt werden. Sicherlich kann durch die ausschließliche Unterbringung von gefundenen oder beschlagnahmten Tieren die gesetzliche Verpflichtung kostengünstig erfüllt werden, dies ist aber nur ein kleiner Teil des gesamten Tieraufkommens in einem Landkreis, das ein Tierschutzverein oder eine Tierherberge zu bewältigen hat.
Ein großer Teil der Tieraufnahmen entsteht auch, wenn Tierhalter aus schwerwiegenden Gründen nicht mehr in der Lage sind, ihre Tiere zu versorgen. Die Gründe dazu sind vielfältig: Todesfälle, Erkrankungen, Scheidungen, Einweisungen in Krankenhäuser oder  Pflegeheime, Umzüge in Wohnungen mit Tierhaltungsverbot, Verarmung, Gefängnisaufenthalte usw.
Sich auch dieser Tiere anzunehmen und ihre weitere artgerechte Haltung sicherzustellen ist sicher keine Pflichtaufgabe, die eine Kommune zu erledigen hat. Aus der grundgesetzlichen Verankerung des Tierschutzes und den Vorgaben des Tierschutzgesetzes ist aber zumindest eine moralische und politische Verpflichtung abzuleiten, Bürgerinnen und Bürgern, die bei der Haltung ihrer Haustiere in Schwierigkeiten geraten sind, zu helfen. Andernfalls würden zahlreiche betroffene Tiere ausgesetzt und als vermeintliche Fundtiere oder verletzte herrenlose Tiere später doch in die Zuständigkeit der Kommunen fallen, jedoch erst nach einer für sie qualvollen Zeit bis zu ihrer Auffindung, eventuell sogar in einem Zustand, der einen erhöhten Aufwand für ihre medizinische Versorgung, Pflege und Weitervermittlung nach sich zieht.
Wichtig ist im Tätigkeitspektrums einer Tierherberge vor allem auch die Aufnahme von aufgefundenen, verletzten oder kranken Tieren zu jeder Tages- und Nachtzeit. Damit werden die Polizei, die Feuerwehr und auch die Gemeinden entlastet. Alle Tierheime sehen es zudem als ihre Aufgabe an, die Bevölkerung bei der Haustierhaltung zu beraten und Halterverstöße im Vorfeld eines veterinäramtlichen Einschreitens zu bearbeiten.
Um bereits Kinder und Jugendliche an die Inhalte und die Notwendigkeit des Tierschutzes heranzuführen, will der Tierschutzverein Freising ab dem Bestehen eines Tierheimes eine Jugendtierschutzgruppe gründen. Kindergartengruppen und Schulklassen sollen bei organisierten Besuchen des Tierheims von sachkundigen Betreuern beizeiten die Bedürfnisse von Tieren der unterschiedlichsten Art kennenlernen und die Grundzüge des Umgangs mit ihnen erlernen.

Der Verein und seine Tätigkeiten
Der Tierschutzverein Freising e.V. wurde am 10. November 1993 gegründet und feiert 2013 sein zwanzigjähriges Bestehen. Seit 1993 nimmt der Verein Tiere, die in Not geraten sind, aus dem Landkreis Freising bei sich auf.
Die ehrenamtlichen Helfer des Vereins sind stets bemüht, den hilfebedürftigen Tieren schnell und kompetent zur Seite zu stehen.
In mehreren privaten Pflegestellen kamen immer wieder Tiere unter, denen es gelinde gesagt „ziemlich dreckig“ geht. Aufpäppeln, gesund pflegen, Zuneigung geben und an ein gutes neues Zuhause weitervermitteln, heißt in den meisten Fällen die Devise. Für die, die nicht mehr vermittelbar sind, weil sie chronisch krank oder sehr alt und deswegen nicht mehr gewollt sind, werden immer Paten gesucht, die durch einen kleinen monatlichen Obolus den Unterhalt dieser Tiere mitbestreiten helfen.
Für einige Tiere gibt es aber trotzdem keine Zukunft mehr, da sie in einem derart erbärmlichen Zustand eingeliefert werden, dass jede Hilfe zu spät kommt und die tierärztliche Prognose kein tiergerechtes Leben mehr erwarten lässt. In solchen Fällen wird auch hier zum letzten Mittel gegriffen und die Tiere werden eingeschläfert.

Kastrationsprogramm
Ein drängendes Problem ist auch das Elend der wild lebenden Katzen, die sich in freier Natur, meist in der Nähe von Siedlungen oder Bauernhöfen mit vehementer Geschwindigkeit vermehren. Die Überpopulation führt zu elenden Zuständen. Viele sind voller Flöhe, verwurmt, verhungern, sie sterben an schweren Krankheiten, oder kommen anderweitig ums Leben. Dieses Elend ist aus Sicht des Tierschutzvereins nur an der Wurzel zu bekämpfen.
Deshalb wird seit längerer Zeit ein Teil der Spenden für ein Kastrationsprogramm verwendet. Man glaubt, mit dieser Aktion dieses Elend eindämmen zu können. Man fangt dabei die geschlechtsreifen Kater und Kätzinnen ein (jährlich ca. 220), lässt sie kastrieren und bringt sie anschließend an ihren Heimatort zurück. Ein so geschaffener Rückgang der Überpopulation gibt jedem einzelnen Tier mehr Chancen zum eigenen Überleben.

Aktuelle Situation des Vereins
Der Tierschutzverein Freising e.V. hat derzeit nur noch beschränkte Möglichkeiten, von Gemeinden Fundtiere, insbesondere Hunde aufzunehmen. Für Abgabetiere aus der Bevölkerung besteht fast kein Spielraum mehr.
Man war heuer schon gezwungen die Hundeaufnahme einzustellen, da keine freien ehrenamtlichen Pflegestellen trotz monatelanger Suche mehr zu finden waren.
Bei der Kleintieraufnahme bestehen immer wieder Möglichkeiten zur Aufnahme von Tieren. Aber auch diese Pflegestellen sind begrenzt.
Die Katzenaufnahme musste wegen der völligen Überfüllung der ehrenamtlichen Pflegestellen für zwei Monate eingestellt werden, aktuell gibt es gerade wieder einige freie Plätze.
Auch im laufenden Jahr wird es nicht genügend ehrenamtlichen Pflegestellen geben, weil zum einen die Tierzahlen laufend steigen, zum anderen die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Gründen nicht mehr können oder nicht mehr bereit sind, sich diese schwere Arbeit mit meist kranken, traumatisierten oder verletzten Tieren ehrenamtlich anzutun. Die dezentrale Unterbringung von Tieren in privaten Häusern und Wohnungen sollte einst nur eine Übergangslösung sein und war auch immer nur als eine solche gedacht.
Doch inzwischen haben die wenigen aktiven Mitglieder des Tierschutzvereins diese organisatorisch außerordentlich aufwändige und extrem kräftezehrende Arbeit der Aufnahme, Pflege und Vermittlung von jährlich durchschnittlich 350 Tieren (Fundtiere und Abgabetiere, ohne die ca. 220 Katzenaufnahmen aus dem Kastrationsprogramm), neben ihren beruflichen und familiären Aufgaben schon seit vielen Jahren geleistet.
Da die Tierunterbringung in privaten Pflegestellen, Häusern, Wohnungen, Schuppen, Gärten etc. ehrenamtlich durchgeführt wurde und wird, gibt die bisherige Ausgabenrechnung keine Auskunft über die tatsächlichen Kosten.
Gebäude-, Strom-, Wasser-, Abwasser-, Reinigungs-, Reparaturkosten werden von den Ehrenamtlichen selbst übernommen. Aufwendungen für Arbeitskleidung in der Tierpflege, Wäsche etc., selbst große Teile der Fahrtkosten wurden auch selbst getragen.
Im Durchschnitt der letzten drei Jahre bringt der Verein ca. 40.000 € aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen allein für Tierarztkosten auf. Personalkosten gibt es keine.

Aktuelle chaotische Situation der Tierunterbringung  im Landkreis Freising
Der Landkreis Freising (ca. 165.500 Einwohner) hat im Gegensatz zu den anderen Landkreisen in der Umgebung noch immer kein eigenes Tierheim. Deshalb werden die in Not geratenen und deshalb auf Hilfe und Unterbringung angewiesenen Tiere derzeit an verschiedene Tierschutzorganisationen oder Einrichtungen übergeben.
Die Stadt Moosburg sowie die Gemeinden Mauern, Hörgertshausen, Wang, Gammelsdorf und Langenbach (insgesamt ca. 29.900 Einwohner) haben schon länger Fundtierverträge (zum Teil mündlich) mit dem Tierheim Heinzelwinkel des Tierschutzvereins Landshut.
Ab 01.01.2013 haben auch die Gemeinden Hallbergmoos und Allershausen vorübergehende Fundtierverträge mit Heinzelwinkel geschlossen, weil wir signalisiert hatten, dass wir der zunehmenden Flut an Tieren (insbesondere bei Hunden) mit unseren ehrenamtlichen Mitteln nicht mehr Herr werden.
Die Gemeinden Au, Nandlstadt und Rudelzhausen (insgesamt ca. 13.600 Einwohner) haben Fundtierverträge mit dem Tierschutzverein Hallertau e.V. (private Pflegestellen).
Die Gemeinden Allershausen, Attenkirchen, Kirchdorf, Zolling, Hallbergmoos und Hohenkammer (insgesamt ca. 26.000 Einwohner) hatten bis 31.12.2012 Tieraufnahmeverträge mit dem Tierschutzverein Freising e.V. (private Pflegestellen), die aus Kapazitätsgründen (nur) im Hundebereich zum Jahresende 2012 fristgerecht gekündigt wurden.
Die restlichen Landkreisgemeinden Eching, Fahrenzhausen, Haag, Freising, Kranzberg, Marzling, Neufahrn, Paunzhausen und Wolfersdorf (insgesamt ca. 96.000 Einwohner) haben und hatten bisher nach unserer Kenntnis keine Verträge mit einem Tierheim im Umkreis. Die Tiere wurden von uns oder anderen Tierschutzvereinen aufgenommen
Die Stadt Freising betreibt für die Fundtiere aus dem Stadtbereich eine Tierauffangstation, in der die Tiere aber nur 4 Wochen verbleiben dürfen; dann müssen sie nach Vorgabe des Veterinäramtes Freising zwingend verlegt werden. Außerhalb der vorübergehenden Verwahrung und Betreuung von Fundtieren wird die Stadt Freising bislang nicht tätig.
Der Tierschutzverein nimmt auch zukünftig Tiere aus Gemeinden in seine private Pflegestellen und über Einzelabrechnung auf, soweit dort gerade Kapazitäten vorhanden sind, was aber bei der Hundeunterbringung derzeit ziemlich aussichtslos ist.
Außerhalb dieser o.g. Tierschutzorganisationen werden Tiere von Gemeinden, soweit notwendig und möglich, vereinzelt auch in den Tierheimen der umgebenden Landkreise untergebracht.

Tierheimbau
Sobald es gelungen ist, mit dem Bau eines von hauptamtlichen Fachkräften geführten Tierheims die unverzichtbaren Rahmenbedingungen zu schaffen, wird der Verein gerne alle Fundtiere der Gemeinden wieder aufnehmen können.
Im Moment befindet man sich in Grundstücksverhandlungen mit der Gemeinde Neufahrn wegen eines Standorts für eine Tierherberge bei Dietersheim/Mintraching. Die Zusage zur Übereignung des Grundstücks hat der Gemeinderat schon beschlossen. Es geht jetzt um den Preis. Im Laufe des Jahres wird ein Architekt beauftragt, eine Tierherberge zu planen. Mit einem Baubeginn ist dann Anfang 2014 zu rechnen. Bis dahin muss aber noch viel Geld gesammelt werden. Denn man ist auf die Bürger und die Firmen im Landkreis Freising angewiesen, aber auch auf die Gemeinden. Insbesondere die Kommunen sind aufgerufen, bei diesem Projekt zu helfen.

Finanzen
Der Verein finanziert sich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.
Da die Gemeinden für die Aufnahme ihrer Fundtiere laut einer Bekanntmachung des Bayerischen Innenministeriums nur für die Kosten der Tierunterbringung- und Versorgung der ersten 28 Tage zahlen müssen, bleiben die darüber hinausgehenden anfallenden Kosten immer schon am Verein hängen. Und diese sind immens. Denn der durchschnittliche Aufenthalt der Tiere liegt bei 4 bis 6 Monaten.
Neben dem Bau des Tierheims ist ein weiteres wichtiges Ziel die Steigerung der Mitgliederzahl. Für 25 Euro im Jahr kann man auch mit einer passiven Mitgliedschaft viel Gutes für in Not geratene Tiere tun.
Auch über Patenschaften für eines der nicht mehr vermittelbaren „Gnaden“-Tiere ist der Verein sehr dankbar. Diese kann man schon ab 15 Euro im Monat übernehmen.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom März 2013.
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