Es gibt Lebenswege, die sind direkt, geradewegs auf ein Ziel zu, ohne Umschweife. Der von Michael Facchini ist es nicht. Er hat stets gemacht, wonach ihm der Sinn stand: Gartenbauer, Soldat, Reporter, Tourmanager, Veranstalter, Kameramann. Er hat sich ausprobiert und ist mutig seine eigenen, verschlungenen Wege gegangen – aber auch immer geradewegs auf ein Ziel: das Leben. So wundert es nicht, dass er sich nun ein weiteres Mal entschieden hat, ein völlig neues Feld zu bestellen – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Michael Facchini produziert jetzt sein eigenes Bio-Olivenöl.
Schon seit einiger Zeit hat er eine kleine Olivenplantage in Griechenland und irgendwie schließt sich damit ein Kreis, denn als junger Mann hat er sein Berufsleben im Gartenbau begonnen. Als Einzelkämpfer hat er auf diesem Weg Kreativität ausgelebt, hat mit seinen Händen etwas geschaffen. Harte Arbeit habe er nie gescheut, sagt er. Vielleicht hat er sich ja deshalb auch gegen ein Studium in Weihenstephan entschieden. „Ich wollte was machen, nicht sitzen und die Theorie lernen“, erinnert sich der gebürtige Münchner an seine ersten Jahre in der Domstadt zurück. Also schuftete er im Sommer und nutzte die Winterpausen, um sein Fernweh zu stillen. Die USA, Kanada, Australien, Asien – die Abenteuerlust brachte ihn an die schönsten Flecken dieser Erde. Und in ganz jungen Jahren sogar auch mal in die Armee. „Ich war für vier Jahre Soldat“, sagt er und es klingt so, als könnte er es fast selbst nicht glauben. Ist ja auch schwer vorstellbar, dass sich jemand mit ausgeprägtem Freiheitsdrang und eigenem Kopf militärischen Regeln beugen möchte. „Ich hab halt immer das ausprobiert, was mir gerade eingefallen ist“, fügt er als Erklärung an.
Und irgendwann ist ihm dann auch eingefallen, dass er gerne Geschichten erzählt. „Solche, die wahr sind oder wirklich erlebt.“ Was lag da näher, als in den Journalismus zu gehen. Beim einstigen Freisinger Lokal-Sender „Freising im Bild“ bekam er eine Chance. „Es war ein herrlich verrücktes Team“, sagt Michael Facchini und lacht. So bekam er nicht nur eine gute journalistische Ausbildung, sondern auch den Raum, seine Ideen zu verwirklichen und eben Geschichten zu erzählen. Vor allem im Bereich Musik machte ihm so schnell keiner was vor. „Musik war schon immer mein Lebenselixier“, betont er. Und Musik sollte in seinem Leben noch oft eine Rolle spielen. Aber bevor er als Roady mit namhaften Bands auf Tour ging, bevor er als Tourmanager den jungen Musiker Jesper Munk durchs Land schickte, erlernte er erstmal das Handwerk des Kameramanns. Jetzt erzählte er also Geschichten nicht mehr als Reporter in Worten, sondern in Bildern. Auf sein Talent wurden schnell große TV-Sender aufmerksam: Pro7, RTL, die ARD. „Ich bin in der Zeit viel getingelt – und dann habe ich eine riesen Chance bekommen.“ Focus TV wollte ihn für eine Reportage über die Fremdenlegion nach Tschibuti schicken. Ein Moment der Wahrheit: „Du bekommst diese eine Chance, wenn du dann nicht lieferst, bist du raus aus dem Geschäft.“ Aber Michael Facchini lieferte. „Die Soldaten hatten keinen Bock auf die Kamera“, erinnert er sich. Also bedeutete der Job: kein Komfort, mitlaufen, durchhalten. „Da kam mir meine Zeit als Soldat wieder zu Gute“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Dieser Job sei eine Grenzerfahrung gewesen – aber eben auch ein Abenteuer. Und weil es so gut lief, schickte man ihn in weitere Grenzsituationen: zu den harten Cops in die USA, zu Shrimps-Fischern nach Costa Rica. Dann nach Afghanistan. Eine sehr lehrreiche Zeit sei das gewesen, sagt er und wird ernst. Schwer verletzte Kinder, bittere Armut und gleichzeitig Herzlichkeit und unendliche Gastfreundschaft. „Es hat mich verändert.“
Umso schwerer fiel es ihm, wieder mit dem Lebenswandel in Deutschland zurecht zu kommen. Der verschwenderische Reichtum, der Egoismus, das Jammern auf höchstem Niveau. „Ich habe mir nur gedacht: Was soll das?“. Er gerät fast ein bisschen in Rage, als er davon erzählt. Deshalb hat der zweifache Papa immer darauf geachtet, dass seine eigene, kleine Welt anders funktioniert: Er hat Wert gelegt auf ein Miteinander, darauf, für etwas einzustehen, andere zu fördern und zu unterstützen und darauf, die Natur wertzuschätzen. „Ich hatte auch immer eine Affinität zu guten Lebensmitteln, Nachhaltigkeit ist bei mir schon lange ein Thema.“ Wohl auch, weil er bei seinen Reisen um die Welt gesehen hat, welche Auswirkungen der westliche Konsum auf das Leben anderer Menschen hat. Deshalb ist er so stolz auf sein selbst produziertes Olivenöl. „Alles Bio und ich mache jeden Schritt von der Ernte bis zum Öl selbst.“ Die Geschichte seiner eigenen Olivenplantage ist ganz typisch für Facchinis Leben: der Zufall hat sie ihm geschenkt – und er hat zugegriffen. Als er sich auf einer Fahrt durch den Peleponnes verirrt hatte, brachte ihn ein deutscher Auswanderer auf den richtigen Weg und so zum eigenen Grundstück am Meer. Diesen Wunsch hatte der Freisinger schon lange gehegt. Eins führte nach der Zufallsbegegnung zum anderen und heute ist er Eigentümer von insgesamt 80 Olivenbäumen. Er hat gelernt, wie man sie pflegt, erntet und aus den Früchten Öl macht. „Ich liebe diese alten, knorrigen Bäume, sie sind wie ein Kunstwerk – und sie haben teilweise schon die alten Römer vorbeilaufen sehen“, schwärmt er. Mit seinem grünen Daumen und seinem Willen zur Arbeit war Facchini schnell erfolgreich, das Öl kam bei Freunden und Bekannten super an. „Also hab ich eine Firma gegründet.“ Hinterm Haus in der Freisinger Pampa steht schon ein kleiner Trailer, den er selbst hergerichtet hat. In der kommenden Festival-Saison wird er damit von Ort zu Ort ziehen und das wertvolle Öl unter die Menschen bringen. Zudem ist es in ausgesuchten Fachgeschäften in der Region erhältlich. Die Arbeit mit der Natur tut ihm gut. Es sei ein wichtiger Ausgleich zu seinem Job im Mikrokosmos „Medienbranche“. „Wenn ich dann in den 200 Jahre alten Bäumen sitze, erdet mich das wieder“, sagt er und lächelt selig dabei. Also steckt in jeder Flasche neben Können und harter Arbeit auch eine große Portion Liebe – und das ist ja bekanntlich die wichtigste Zutat.
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Januar 2019.
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