Die Moosach in Freising
Ein spannendes Gewässer mit vielen Facetten

Die Moosach. Das sagt man so. Doch so stimmt das nicht, so einfach ist das nicht. Denn eigentlich sind es mehrere Moosache, die durch Freising fließen. Und die haben jeweils auch noch unterschiedliche „Aufgaben“ und Nutzungen, prägen und beeinflussen das Leben in Freising auf ganz verschiedene Art und Weise.

Freising an der Isar. Das ist sicherlich richtig. Doch es gibt noch ein anderes Fließgewässer, das die Stadt und das städtische Leben beeinflusst: die Moosach, jener linke Nebenfluss der Isar, der zwischen Freising und Moosburg in die „Reißende“ mündet. Die ursprüngliche Quelle der Moosach befindet sich im Münchener Stadtteil Moosach. Heute hat die Moosach ihren Ursprung im Nordmünchner Kanalsystem. Hier befindet sich der neue Ursprung der Moosach, die hier zunächst als Berglbach ausgeleitet wird. Spätestens im Inhauser Moos heißt das Gewässer wieder Moosach. Diese verläuft parallel zur Autobahn A 92, bevor sie sich auf Höhe Neufahrn nach Norden wendet und Massenhausen durchquert. Bis Freising fließt die Moosach dann durch das Freisinger Moos.

 

Die Moosach und ihr Verlauf
In Freising wird’s dann etwas kompliziert, denn durch die Domstadt verläuft sie in mehreren Armen. Von Westen her kommend zweigt unterhalb von Weihenstephan zuerst die Stadtmoosach ab, die als einzige die Altstadt nördlich des Dombergs durchquert. Sie ist es, die jahrhundertelang offen durch die Innenstadt floss und jetzt gerade in der Oberen Hauptstraße wieder „entdeckelt“ wird. Auf dem restlichen Stück durch die Altstadt und durch den Stadtteil Neustift ist der Arm der Moosach größtenteils kanalisiert.

Der Arm südlich des Dombergs teilt sich in die Wörthmoosach und den Hauptarm. Von Letzterem zweigt dann wiederum die Schleifermoosach ab. Dabei trifft die Wörthmoosach schon auf Höhe der Bahnhofstraße wieder auf den Hauptarm – dort, wo auch der Mohrenbrunnen und die Altöttinger Kapelle stehen. Am östlichen Stadtrand mündet auch die Stadtmoosach dann wieder in den Hauptarm der Moosach, während die Schleifermoosach erst in den Isarauen auf Höhe Marzling auf diesen trifft.

Im westlichen Stadtgebiet sind die einzelnen Arme durch mehrere Wehre und kurze Kanäle miteinander verbunden. So gibt es unter anderem an der Karlwirtkreuzung eine direkte Ableitung von der Stadtmoosach in die Schleifermoosach, um die Altstadt vor dem Hochwasser des Wippenhauser und des Thalhauser Grabens zu schützen. Außerdem dienten die Verbindungen zur Wasserstandsregelung der zahlreichen Freisinger Mühlen.

Und damit ist man bei einem Aspekt der Moosach, den viele Freisinger wahrscheinlich gar nicht kennen:

 

Die Moosach als Ort und Objekt von Forschung und Lehre
Vielen Freisingern ist das „Mühlengebäude“ an der Moosach in Freising-Vötting bekannt. Hier hat der Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie der Technischen Universität München (TUM) unter Leitung von Professor Dr. Jürgen Geist seinen Hauptsitz. Er, seine Mitarbeiter und die Studenten nutzen die Moosach, die dem Lehrstuhl zugehörige Fischzucht und die Fließgewässer-Versuchsanlage für die Forschung und die Ausbildung der Studierenden verschiedener Fachrichtungen wie Biologie, Agrar- und Forstwissenschaften sowie Umweltingenieurwesen. Und auch die internationalen Studierenden im Studiengang „Sustainable Resource Management“ freuen sich über die Gelegenheit, verschiedene Arten einmal hautnah zu sehen und erklärt zu bekommen. „Gerade in Ergänzung zu den Vorlesungen und Seminaren im Hörsaal können den Studierenden so direkte Einblicke in die Untersuchungsmethoden für Fließgewässer gegeben werden, die für ihre berufliche Qualifikation wichtig sind“, schildert Geist das, was die Moosach so wertvoll macht. Zum Lehrstuhl gehört neben der Fließgewässer- und Fischforschung in Weihenstephan auch die Limnologische Station der TUM in Iffeldorf südlich des Starnberger Sees, wo der Fokus auf der Seenforschung im alpinen Raum liegt.

Kernthema der Forschung am Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie an der TUM School of Life Sciences ist die funktionelle Ökologie von Gewässerökosystemen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Wirkung von meist vom Menschen verursachten Störungen auf die Biodiversität und die Widerstandsfähigkeit der Systeme. Das Thema „Wasser“ wird dabei interdisziplinär und vor allem auch umfassend „vom Molekül bis zum Ökosystem“ bearbeitet, betont Geist. Dabei ist der Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie international aufgestellt: Untersuchungen zur Biologie von heimischen und invasiven Fischen, Muscheln und Krebsen, zur ökologischen Verträglichkeit innovativer Wasserkraftanlagen, zur Wirksamkeit von Gewässerrestaurierungen, aber auch molekulargenetische und ökotoxikologische Arbeiten werden unter anderem in Kooperation mit verschiedenen Partnern aus Europa, den USA, Kanada und Australien bearbeitet.

Für einige dieser Projekte spielt aber auch die Moosach in Freising eine entscheidende Rolle, wie Geist schildert. So lebt in der Moosach ein dichter Bestand an nordamerikanischen Signalkrebsen, anhand dessen einige grundlegende Mechanismen biologischer Invasionen geklärt werden konnten. Auch zu den Auswirkungen des Klimawandels und der Feinsedimente auf Gewässerorganismen wurden sowohl in der Moosach selbst als auch in Fließrinnen entscheidende Experimente durchgeführt. Dabei wurden Empfindlichkeit und Toleranz von so genannten Schlüsselarten im Gewässer wie dem Huchen bzw. Donaulachs sowie von Flohkrebsen gegenüber diesen Einflussfaktoren charakterisiert. Auch für die Restaurierung von Gewässern diente ein Abschnitt der Moosach bereits als wichtiges Modell: So konnten Lockerungen des Bachbetts, die Einbringung von Sichelbuhnen sowie von Kies unterschiedlicher Korngrößen kleinräumig in Bezug auf ihre Wirkung auf die Gewässerorganismen und die Nachhaltigkeit der Maßnahmen untersucht werden – Ergebnisse, die nun auch andernorts in der Restaurierungsökologie berücksichtigt werden. Infos unter www3.ls.tum.de/aquasys/

 

Die Moosach als Politikum und städtisches Element
Dass ein Bürgerentscheid darüber ins Leben gerufen wurde, ob die Moosach in der Oberen Hauptstraße geöffnet werden soll, obwohl doch seit Jahren im Stadtrat die Entscheidungen gefallen waren und die Bürger von Anfang an und wiederholt in den gesamten Prozess der Innenstadtumgestaltung eingebunden worden waren, mag damals und auch acht Jahre später seltsam anmuten. Und doch zeigt es, dass die Moosach eben ein Thema in Freising und für die Freisinger ist – ein Thema, dem sie 2014 mit einem ganz klaren Votum von 74 Prozent pro Moosachöffnung endgültig Grünes Licht gegeben haben. Seitdem ist klar: Auf Steinstufen am sanft plätschernden Gewässer sitzen, sein Eis schlecken, die Sonne und das Altstadtambiente genießen – dieser Traum wird wahr. Und acht Jahre nach dem Bürgerentscheid ist auch schon ein Ende abzusehen, dass dieser Traum bald gelebt werden kann.

Der Weg dorthin war kein einfacher. Von wegen: Abdeckung runter und fertig. So war beispielsweise – und auch das mag die Bedeutung der Moosach, also: der Stadtmoosach verdeutlichen – ein Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben. Knapp drei Jahre nach dem Bürgerentscheid im Februar 2017 wurden die Unterlagen beim Landratsamt Freising eingereicht, im Frühjahr 2019 erfolgte der Planfeststellungsbeschluss. Im September 2019 wurde der Projektbeschluss vom Stadtrat gefasst. Somit konnte es im Mai 2020 mit der Umsetzung endlich losgehen. Moosachöffnung und barrierefreie Neugestaltung der Oberen Altstadt dauern an.

 

Die Moosach und die Fischtreppe
Aber nicht nur an der Stadtmoosach wurde und wird gebaut. Auch die Moosach, die an der Roseninsel vorbei plätschert, war für lange Zeit eine Baustelle. Grund: Eine Fischtreppe in der Nähe der Roseninsel soll den Fischen den Aufstieg von der Schleifermoosach in die Moosach ermöglichen und erleichtern. Gebaut wird ein sogenannter „Schlitzpass“, eine besondere Art von Fischtreppe. Und das war wegen der beengten Platzverhältnisse ein besonders schwieriges und auch langwieriges Bauwerk. Für eine Umgehungsgerinne, wie sie sonst gerne realisiert wird, war einfach kein Platz am Fürstendamm. Also sind übereinander angeordnete Betonbecken mit Schlitzen errichtet worden, die die Geschwindigkeit des Wassers so regeln, dass die aufsteigenden Fische die Gegenströmung bewältigen können. Immerhin müssen zwei Meter Höhenunterschied überwunden werden – Ruhezonen für die Fische inklusive. Ziel der Aktion: Die Wiederherstellung der biologischen Durchgängigkeit, um für die Moosach wieder einen guten ökologischen Zustand zu erreichen und die biologische Vielfalt in der Moosach wieder zu verbessern. Weil man im Aushub die berüchtigten Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entdeckt hatte, musste der Aushub deponiert werden, was zu Verzögerungen beim Bau führte. Jetzt aber ist das Bauwerk zum Wohle der Fische und der Moosach fertig.

 

Von Andreas Beschorner

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Juli/August 2022.
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