Die Anrichter
Lebensmittel retten wie zu „Omas Zeiten“

Ein kleines, aber feines Start-up, hinter dem eine große und wichtige Idee steckt: „Die Anrichter“ haben am 15. April geöffnet, es ist ein Konzept, das ausschließlich mit Lebensmitteln handelt, die nicht der EU-Norm entsprechen. Sie arbeiten nach den Mottos „Verwenden statt verschwenden“ und „Neu Anrichten statt Vernichten“. Hierbei wird gekocht wie zu „Omas Zeiten“ – und das Ganze ohne Schnickschnack und ohne künstliche Zusatzstoffe. Im FMZ Freising, oberhalb des Kauflandes, kann man vor Ort essen oder sich etwas mitnehmen. Wir haben den Kopf hinter dem Konzept der Nachhaltigkeit, Andreas Waltl, getroffen und ihm einige Fragen gestellt:

Woher erhalten Sie ihre Produkte?
Wir erhalten die Produkte aus Hofläden, Bäckereien und Metzgereien, die im Umkreis liegen.

Was, denken Sie, ist der Grund für die hohen Zahlen von Lebensmitteln, die in Deutschland weggeworfen werden?
Diese Frage stelle ich mir selbst schon längere Zeit. Ich habe mich mit dem Thema lange und intensiv beschäftigt, ich kann Ihnen leider keine Antwort darauf geben. Für mich stellt sich die Frage, wer hat damit angefangen, dass die Theken und Auslagen bis spät abends voll sein müssen? Haben wir, die Verbraucher, das gefordert oder kam es von der Industrie?

Werden Ihre Produkte teurer verkauft als reguläre Ware?
Da ich nur Produkte beziehe, die nicht der EU-Verkaufsnorm entsprechen, kann ich diese günstig beziehen und damit anständige Preise für gute Qualität anbieten.

Haben Sie sich schon immer für Nachhaltigkeit interessiert?
Das Thema beschäftigt mich schon, seit ich ein kleiner Junge war. Meine Mama putzte damals abends in einen Supermarkt und ab und zu habe ich mitgeholfen. Da stellte ich mir schon die Frage, warum das alles in den großen Müllcontainern landet. Seitdem interessiert mich das Thema der Nachhaltigkeit.

Wann wird ein Lebensmittel aus dem regulären Verkauf ausgeschlossen?
Teilweise ist es so, dass einige Produkte, die noch lange ein Mindesthaltbarkeitsdatum haben, nicht mehr angenommen werden, da dieses unter drei Monaten liegt, wie zum Beispiel bei Tiefkühlwaren, Getränke oder auch im Trockensortiment.

Woher kam die Idee, Lebensmittel zu retten?
Ich bin mit Nachhaltigkeit aufgewachsen: Im Dorf ging man mit einem Korb zum Bäcker. Da kamen die Backwaren ohne Tüten hinein, beim Metzger hatte man Tupperware dabei und die Milch holte man jeden Abend beim Bauern in einer Milchkanne. Manche Sachen wurden in Zeitungspapier eingewickelt. Gekocht wurde, was da war, und vor allem, was der Garten hergab. Da gab es halt mal zwei Wochen hintereinander Gurkensalat, wenn die reif waren. Kleidung bekam man von den älteren Geschwistern und Fleisch gabs maximal zwei Mal in der Woche.

Stemmen Sie die gesamte Arbeit allein oder haben Sie Mitarbeiter?
Im Moment mache ich es noch alleine, aber ich bin absolut überzeugt, dass dieses Konzept sich durchsetzen wird und ich bald Unterstützung brauche.

Wie viel Obst und Gemüse konnten Sie bisher vor der Tonne retten?
Da wir erst vier Wochen auf dem Markt sind, kann ich noch keine genauen Zahlen nennen – zirka 120 Kilogramm Kartoffeln, rund 200 Kilo Gemüse, rund 15 Kilo Fleisch beziehungsweise Wurstwaren und etwa zehn Kilogramm Backwaren, würde ich jetzt mal sagen.

Wie ist die Rückmeldung aus der Gesellschaft?
Bis dato gab es nur positive Rückmeldungen.

Und wer sind ihre Kunden?
Meine Kunden – und das ist echt sehr schön – sind vom Jugendlichen bis zu Familien und Senioren alle. Und aus allen Gesellschaftsschichten.

 

Interview: Denice Fuchs

 

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Juni 2022.
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