Da blieb einigen die Breze buchstäblich im Halse stecken: Seit Anfang Februar sorgt die Neufahrner Großbäckerei Müller-Brot deutschlandweit für negative Schlagzeilen. Über viele Monate herrschten katastrophale hygienische Bedingungen in der Produktion. Aber nicht nur Müller-Brot, sondern auch die Aufsichtsbehörden gerieten in die Kritik. Wie ist es allgemein um die Lebensmittelüberwachung im Landkreis Freising bestellt? Der FINK hat nachgefragt.
Ende Januar 2012: Nicht wie sonst üblich verlassen dutzende Müller-Brot-Lastwagen die Großbäckerei in Neufahrn. Die Produktion ist gestoppt. Schnell machen die Nachrichten die Runde, dass es in dem Betrieb schon seit langem deutliche Hygiene- Mängel gibt. Von Ungeziefer, von Mäusekot ist die Rede. Die Lebensmittelkontrolleure des Landkreises und andere Kontrollbehörden waren seit Monaten mehrmals vor Ort, beanstandeten die Zustände, verhängten Zwangsgelder, die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet. Am 30. Januar dieses Jahres wurde erneut kontrolliert: Die Zustände waren laut Landrat Michael Schwaiger schlechter als je zuvor. Es folgte das vorläufige Ende der Produktion.
Am Vorgehen der Kontrollbehörden regt sich nach wie vor Kritik. Die Kernfrage: Warum wurde die Öffentlichkeit nicht früher über die unappetitlichen Zustände in der Produktion bei Müller-Brot informiert, die seit 2009 aktenkundig waren? Auf Nachfrage des FINK betont das Landratsamt Freising: „Durch die Lebensmittelüberwachung des Landratsamts und durch die Spezialeinheit des LGL (Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Anm. d. Red.) war stets sicher gestellt, dass es keine Gefährdung der Verbraucher gab. Zudem setzt das Handeln einer Behörde immer auch die Prüfung der sog. Verhältnismäßigkeit voraus. Dies abzuwägen ist natürlich immer eine Gratwanderung und eine Frage der sorgsamen Abwägung.“ Landrat Schwaiger wies in einem Interview in diesem Zusammenhang auf die rund 1.300 Arbeitsplätze bei Müller-Brot in Neufahrn hin. Hatte das Landratsamt zudem Angst vor hohen Schadenersatzforderungen? Hat Müller-Brot als Großunternehmen gar Druck ausgeübt? Die Pressesprecherin des Landratsamts Eva Dörpinghaus dementiert: Druck, Drohungen oder Einflussnahme auf die Prüfer und das Landratsamt „gab es nicht und wenn es sie gegeben hätte, hätten wir uns davon auch nicht beeindrucken lassen“.
Der Fall Müller-Brot hat zu Verunsicherung bei den Verbrauchern geführt. Und auch die Frage aufgeworfen, ob die Lebensmittelüberwachung überhaupt flächendeckend ausreichend Kontrollen gewährleisten kann. Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure schlug Alarm: Es gebe in Deutschland viel zu wenig Personal bei den Kontrollbehörden.
Vier Kontrolleure für rund 1.600 Betriebe
Beim Landratsamt Freising gibt es vier Lebensmittelkontrolleure, die für die „kontrollpflichtigen“ Betriebe im Landkreis zuständig sind. Darunter fallen neben der Gastronomie und lebensmittelproduzierenden Betrieben wie Bäckereien und Metzgereien auch Hersteller von kosmetischen Produkten. Ebenso unterliegen Berufsgegenstände, das sind alle Gegenstände, mit denen Verbraucher im täglichen Leben in Kontakt kommen, der Überwachung durch die Lebensmittelüberwachung. Das sind im Landkreis rund 1.600 Betriebe. Das Landratsamt räumt ein: „Für die konkrete Situation hinsichtlich der Kontrollen bei Müller-Brot reichte das Personal aus. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass wegen der seit Jahren zunehmenden Aufgaben für die Lebensmittelüberwachung, insbesondere erhöhter Dokumentationspflichten, eine Aufstockung der Lebensmittelüberwachungsbeamten wünschenswert wäre.“
Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 1.639 Kontrollen durchgeführt. In 43 Fällen wurden Bußgelder von bis zu 1.500 Euro gegen Lebensmittelunternehmer verhängt. In drei Fällen wurden Verfahren wegen des Verdachts von Straftaten zur weiteren Bearbeitung an die Staatsanwaltschaft Landshut abgegeben. Nach Schätzungen des Landratsamts weisen fünf Prozent der kontrollpflichtigen Betriebe im Landkreis erhebliche Hygiene-Mängel auf. Derzeit gibt es fünf kleinere Betriebe, denen aufgrund festgestellter Mängel die Schließung drohen könnte, sofern es ihnen nicht gelingt, die festgestellten Mängel abzustellen. Über zu wenig Arbeit dürften sich die vier Lebensmittelkontrolleure im Landkreis in den nächsten Monaten und Jahren also nicht beschweren können.
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom März 2012.
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