Das neue Kardinal-Döpfner-Haus: Ein großer Wurf
Die Siegerentwürfe für das Bildungszentrum auf dem Domberg

Es ist die Ansicht der Freisinger Stadtsilhouette schlechthin: der Domberg von Süden. Seit Jahrhunderten prägt die fürstbischöfliche Residenz den Anblick, seit ein paar Jahrzehnten der Neubau – beides zusammen das Kardinal-Döpfner-Haus. Doch in ein paar Jahren wird sich dieser Anblick grundlegend ändern. Der nicht gerade repräsentative Bau neben der Residenz weicht einem neuen Gebäude, das sich hinter der Residenz nicht zu verstecken braucht und ihm doch keine Konkurrenz macht.

Es ist der Entwurf des Berliner Architekturbüros gmp International, der als Sieger aus dem Wettbewerb für das Kardinal-Döpfner-Haus auf dem Freisinger Domberg hervorgegangen ist und vor Kurzem der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die Architekten sehen für das Bildungszentrum der Erzdiözese München und Freising einen teilweisen Neubau mit zwei parallel angeordneten Zimmerflügeln vor, die durch eine Treppenhalle mit einer mehrere Stockwerke hohen Glasfront zum Diözesanmuseum auf der Westseite des Dombergs verbunden werden und auf der Ostseite an den historischen Gebäudeteil anschließen. Das Preisgericht unter dem Vorsitz von Diplom-Ingenieur Lutz Heese, dem Ehrenpräsidenten der Bayerischen Architektenkammer, hatte in Freising getagt. Das, so Heese, selten einmütige Ergebnis der Beratung über 14 eingegangene Vorschläge: Der Entwurf von gmp International füge sich „stimmig und in sehr angemessener Weise in den städtebaulichen Kontext des Dombergs ein“, wie es in der Begründung des Preisgerichts heißt. Dem Ziel eines offenen und der Öffentlichkeit zugewandten Gebäudes werde „die Situierung der großzügigen Eingangshalle in besonderer Weise gerecht“, die „ein Ort der Begegnung und des Austausches“ sei. Heese schwärmte von einem „fast genialen“ Konzept, von einem „großen Wurf“ und einem „epochalen Bauwerk“.

 

Das Preisgericht vergab keinen zweiten, sondern zwei dritte Plätze – und zwar an die Münchner Architekturbüros Knerer und Lang sowie Schmidt-Schicketanz und Partner. Der Entwurf von Knerer und Lang sieht einen Platz vor, der als „Stadtbalkon“ sowohl den historischen Gebäudeteil wie auch drei neu zu errichtenden Gebäude – Gästehaus, Loggia und Turm – verbindet. Der Vorschlag biete einen „hervorragenden Beitrag zur Lösung dieser städtebaulich anspruchsvollen Aufgabe“ und „schön und gut proportionierte Außenräume“, so das Preisgericht. Der Entwurf von Schmidt-Schicketanz und Partner schlägt als Neubau ein Blockgebäude mit Innenhof vor und orientiert sich somit an der vorhandenen Struktur. Die Preisrichter überzeugte, „dass er in funktionaler Hinsicht sehr sorgfältig durchgearbeitet“ sei.

Der Generalvikar des Erzbischofs von München und Freising, Peter Beer, sagte, aus dem Wettbewerb seien „kreative, innovative, zukunftsweisende Ideen“ hervorgegangen. Das Bildungszentrum solle zu „einem offenen, einem inspirierenden Ort“ werden im Geiste seines Namensgebers Kardinal Julius Döpfner, der eine „weltoffene, dialogbereite, den Menschen zugewandte Kirche“ repräsentiert habe. Es sei „ein Kernort unseres Erzbistums, weil wir hier die Zukunft mitgestalten“, so der Generalvikar. Gerade in einer Zeit der Unsicherheiten und Spaltungen werde es immer wichtiger, Menschen zu befähigen, „sich einzubringen in unsere Gesellschaft in die Politik, in die Kirche“.

Wichtig: Beer lud alle Interessierten ein, ihre Meinung zu den Siegerentwürfen abzugeben: „Das Kardinal-Döpfner-Haus ist ein Haus, in dem der Mensch im Mittelpunkt steht, und deshalb wollen wir bei seiner Weiterentwicklung möglichst viele Menschen einbeziehen.“ Die bisherigen Umfragen zur zukünftigen Gestaltung des Dombergs prägten die aktuellen Planungen, betonte der Generalvikar. Der Wunsch nach einer Belebung im Hinblick auf die Gastronomie habe beispielsweise dazu geführt, dass im Diözesanmuseum nun ein Café eingerichtet werden solle. Weiter erklärte Beer, die Erzdiözese lege großen Wert auf die Zusammenarbeit mit der Stadt Freising: Der Domberg „gibt Freising sein Gesicht. Das bedeutet eine große Verantwortung, und dieser Verantwortung sind wir uns bewusst“. Die Ergebnisse der Umfrage, an der sich im Februar Bürger und Gläubige beteiligen konnten, fließen anschließend in die Entscheidung ein, welcher Entwurf für das Kardinal-Döpfner-Haus umgesetzt wird.

Einen genauen Zeitplan für das Mammutprojekt gibt es noch nicht. Und auch die Kosten sind bisher nur eine ganz grobe Schätzung. Immerhin: Laut dem Finanzdirektor der Erzdiözese bleibe der Entwurf von gmp International wohl um ein gutes Stück über den als Höchstgrenze vorgegebenen 53 Millionen Euro.

Im Preisgericht arbeiteten neben Diözesanbaumeister Christian Stumpf als Fachpreisrichter vier Architekten mit, die Erfahrung in der Planung und Realisierung von Bildungshäusern sowie in den Bereichen Denkmalpflege, Nachhaltigkeit und Städtebau mitbringen. Als Sachpreisrichter wirkten Vertreter von Institutionen und Gruppen mit, die dem Kardinal-Döpfner-Haus als Bildungszentrum nahestehen. Unter anderem waren dies Sandra Krump, Leiterin des Ressorts Bildung im Erzbischöflichen Ordinariat, Claudia Pfrang, Direktorin der Stiftung Bildungszentrum, die für das Programm des Kardinal-Döpfner-Hauses verantwortlich ist, Hans Tremmel, Vorsitzender des Diözesanrats der Katholiken, sowie Tobias Eschenbacher, Oberbürgermeister von Freising. Hinzu kamen Berater, die überwiegend aufgrund ihrer Erfahrung in der Leitung von Bildungshäusern ausgewählt wurden.

Das Kardinal-Döpfner-Haus besteht aus einem denkmalgeschützten historischen Gebäudeteil, der ehemaligen fürstbischöflichen Residenz, sowie einem Anbau aus den 1960er Jahren. Die Wettbewerbsausschreibung hatte festgelegt, dass der Altbau generalsaniert und der Anbau durch einen Neubau ersetzt werden soll, lediglich die Martinskapelle, die Platz für bis zu 200 Menschen bietet, soll erhalten bleiben. Zusammen sollen die beiden Gebäudeteile dann ein zeitgemäßes Bildungszentrum mit rund 100 Gästezimmern bilden. Es soll attraktiv für Besucher und behindertengerecht ausgestattet sein, Kommunikationsflächen und Rückzugsräume bieten und für unterschiedliche Tagungen, Kurse und Seminare, aber auch für kulturelle Veranstaltungen flexibel nutzbar sein. Durch die Sanierung und den Neubau soll das Kardinal-Döpfner-Haus offener werden und neue Bezüge zu den umliegenden Außenflächen und Gebäuden erhalten. An der südwestlichen Gebäudeseite soll ein zusätzlicher Eingang eingerichtet werden und so eine Verbindung zwischen Kardinal-Döpfner-Haus und Diözesanmuseum entstehen. Genau diese Anforderungen hat der Entwurf von gmp International also nach Ansicht des Preisgerichts am besten erfüllt.

Die ehemalige fürstbischöfliche Residenz, der historische Gebäudeteil des Kardinal-Döpfner-Hauses, war seit dem frühen Mittelalter Wohnstätte und Sitz der Verwaltung der Freisinger Fürstbischöfe. Gemeinsam mit dem Mariendom prägt das Gebäude bis heute den Domberg und das Stadtbild Freisings. Nach der Säkularisation im Jahr 1803 wurde es zum Priesterseminar umgebaut. 1902 entstand als Erweiterung des Priesterseminars ein erster Anbau, der 1960 durch den aktuellen ersetzt wurde. Seit 1968, als das Priesterseminar nach München verlegt wurde, werden beide Gebäude als Bildungshaus genutzt.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom März 2017.
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