18 Tage lang Abenteuer Europa
Vanessa und Katharina auf großer Fahrt mit Discover EU

Sieben Städte in fünf Ländern mit dem Zug erkunden? Vanessa Nehel (20) und Katharina Diller (21) aus Freising haben das gemacht und haben innerhalb von 18 Tagen und über 31 Stunden im Zug mehr als 3100 km hinter sich gebracht. Die Reiseplanung begann bereits im Januar 2022, als Vanessa am 6. Januar 2022 erfuhr, dass sie im Jahr der Jugend als eine von 10 000 deutschen Jugendlichen durch eine Aktion des Europäischen Jugendportales (Discover EU) einen Interrail Global Pass gewonnen hat. Katharina war sofort dabei und beide fingen gemeinsam an, zu planen. Ihre Erlebnisse, einmaligen Eindrücke und Problematiken der Reise möchten sie nun mit den FINK-Lesern teilen.

Luxemburg

Die Rucksäcke waren gepackt, alle Hotels gebucht und die Zugfahrten geplant. Alles war bereit für unsere Abreise vom Freisinger Bahnhof nach Luxemburg um neun Uhr. Leider war keiner der drei deutschen Züge pünktlich und wir kamen direkt zum Start unserer Reise ins Schwitzen, da sich die Umsteigezeiten auf ein Minimum reduziert hatten. Trotz überfüllter Regionalbahnen kamen wir um 16.30 Uhr überglücklich am Luxemburger Bahnhof an und wir machten uns mit der kostenlosen Straßenbahn auf den Weg ins Hotel. Der öffentliche Nahverkehr ist dort seit Februar 2020 komplett kostenlos und wir konnten bequem mit Bus und Bahn die Stadt erkunden. Dass hier alles ökologisch und naturverbunden ist, bemerkten wir recht schnell, da die Wegstrecken der Straßenbahn begrünt und überall Bäume geplant wurden. Am Abend des Anreisetages erkundeten wir nur noch das Gelände des Fort Obergrünewald und machten einen Spaziergang durch die Stadt. Am nächsten Tag machten wir uns früh auf den Weg und kauften uns auf dem Wochenmarkt am Place Emile Hamilus ein Frühstück. Gestärkt besichtigten wir die Denkmale „Moument to Dicks et Lentz“ und „Gëlle Fra“. Von hier hatten wir einen schönen Blick auf die Adolphe Brücke. Die Kathedrale unserer Lieben Frau von Luxemburg sahen wir uns von innen an und gingen weiter zum Großherzoglichen Palast. Wir haben uns in unterschiedliche Busse gesetzt und sind einfach mal drauf los gefahren. Wir strandeten zwar abseits der Wohngebiete im Nirgendwo, aber wir erlebten das tatsächliche Leben der Luxemburger. Am Nachmittag besuchten wir das Mudam Museum in dem moderne Kunst ausgestellt wurde. Die Ausstellung erstreckte sich über zwei Etagen. Den Abend verbrachten wir auf dem städtischen Volksfest, das zur Feier des Nationalfeiertages am 23. Juni stattfand. Verteilt in der Stadt fanden sich überall Fahrgeschäfte, Stände mit Essen und Trinken und überall spielte Musik. Die Stimmung war ausgelassen. Nach einem Frühstück im Park erlebten wir am nächsten Tag die Militärparadenprobe zum Nationalfeiertag am Place de Metz. Wir konnten den Proben der Kapelle lauschen und die Vorfahrt sämtlicher Polizei-, Militär- und Rettungswagen beobachten.

Amsterdam

Die Zugfahrt nach Amsterdam wurde leider zur absoluten Katastrophe. Die Fahrt von Luxemburg nach Maastricht verlief noch ohne Probleme. Dort angekommen fiel der Anschlusszug aus und wir konnten erst eine Stunde später weiterfahren. Kurze Zeit später stiegen allerdings alle Passanten aus dem Zug aus.  Die niederländischen Bahndurchsagen verstanden wir nicht und liefen nach Anweisung einer Mitarbeiterin der Menge hinterher und saßen in einem komplett überfüllten Zug nach Den Haag. Später fanden wir heraus, dass es auf unserer geplanten Zugstrecke zu einer Kollision gekommen war und wir nun einen Umweg fahren mussten. Nach einem weiteren Umstieg kamen wir gegen 22 Uhr in Amsterdam an und konnten das Hotelzimmer beziehen. Auch wenn wir hunderte von Kilometer von Freising weg waren, wurde in der Bar unter unserem Hotel Weihenstephaner Weißbier ausgeschenkt. So kann man doch gar kein Heimweh bekommen, oder? Unser erster Eindruck am nächsten Tag war furchtbar, da wir offensichtlich einen Tag der Müllabfuhr erwischt hatten und sich überall Müllberge häuften und alles herumflog. Trotz Regen besuchten wir den wunderschönen Blumenmarkt und sahen auf unserer Erkundungstour viele der bekannten Blumenfahrräder. Wir besichtigten den „Paleis op de Dam“ und waren leider viel zu spät dran, um Eintrittskarten in das Anne Frank Haus zu bekommen. Stattdessen besuchten wir das NEMO Museum. Im Wissenschafts- und Technologiemuseum konnten wir selbst in unzähligen Experimenten und Workshops auf Entdeckungsreise gehen und lernten einiges dazu. Anschließend machten wir eine Bootstour mit deutschem Audioguide und sind auf den Kanälen entlang der Stadt geschippert. Die Architektur der Gebäude und die Aussicht auf die kleinen Gassen haben uns sehr gefallen. Besonders nachts, wenn die Häuser von unten angestrahlt werden und sich im Wasser spiegeln. Mit einem 24-Stunden-Ticket fuhren wir mit der Straßenbahn durch die Stadt und fanden eine alte traditionelle Mühle und besuchten am Abreisetag den Vondelpark mit seinen beeindruckenden Rosenpflanzen.

Brüssel

Brüssel stellte uns bei der Ankunft vor die nächste Herausforderung: neue Schuhe finden. Da Katharinas Schuhe die vielen Kilometer zu Fuß nicht ausgehalten hatten, mussten wir Ersatz finden. Nach einem Bummel durch die Einkaufsstraßen sind wir fündig geworden. Wir besuchten den „Mont des Art“, den „Palast der Nation“ und die wunderschöne „Kathedrale St. Michael und St. Gudula“. Und wir machten einen Abstecher zum Atomium und dem angrenzenden Mini-Europa. Wieso eigentlich lange reisen, wenn man Europa innerhalb weniger Stunden besichtigen kann? Ein Besuch im Schokoladenmuseum mit einer Vorführung zur Pralinenherstellung durfte genauso wenig fehlen wie Pommes. Wir genossen die Sonnenstrahlen am „Grand Place“ und aßen belgische Waffeln. Am 23. Juni ging es ins Europaviertel und wir erkundeten zunächst das sehr informative und interessant gestaltete Parlamentarium. Anschließend machten wir eine Audioguidetour durch das Europäische Parlament und konnten den Plenarsaal besichtigen. Im Museum der Europäischen Geschichte lernten wir vieles dazu und fanden alte Werbeplakate des Interrailtickets. Comic-Liebhaber können auf der Comic-Strip-Route einiges erkunden, da überall verteilt an den Hauswänden Szenen aus Comics aufgemalt wurden.

Paris

Ein absolutes Must see in Paris: der Eiffelturm und das Louvre. Letzteres besuchten wir am verregneten 25. Juni und konnten zum ersten Mal das Gemälde der Mona Lisa in echt bestaunen. Aufgrund der Vielzahl von Ausstellungsstücken schafften wir leider nicht alles, da wir am Vormittag bereits das Musée d´Orsay besucht hatten. Wir genossen den Ausblick auf den Eiffelturm und schlenderten gemütlich über die Champs-Élysées zum „Arc the Triomphe“. Die berühmte Kathedrale Notre-Dame de Paris konnten wir aufgrund der anhaltenden Bauarbeiten nur von außen bestaunen. Wir unternahmen eine Bootstour auf der Seine und genossen das Flair von Paris. Mit dem Besuch des Disneyland Paris erfüllte sich am 27. Juni ein Kindheitstraum. Trotz tausender Besucher und langer Warteschlangen vor den Fahrgeschäften und Attraktionen war es ein unbeschreibliches Erlebnis den Charme der Disneywelt mitzuerleben. Ein lustiges Erlebnis hatten wir in der Geisterbahn, da wir kurz vor Ende aufgrund eines technischen Defektes nicht mehr weiterfahren konnten und so die Geisterbahn im Hellen bestaunen konnten und zu Fuß raus geholt werden mussten. Wir schauten uns die Parade durch den Park an und fuhren einige spaßige Achterbahnen.

Lyon

Dieser Tagesausflug hat sich definitiv gelohnt. Die Sonne schien den ganzen Tag und wir konnten die bezaubernde Stadt zu Fuß erkunden. Vanessas kaputte Tasche hielt uns nicht lange auf, wir kauften in einem Handarbeitsgeschäft Nadel und Faden und reparierten den abgerissenen Henkel. Als erstes sahen wir den Place des Terreaux mit dem Bartholdi-Brunnen. Das einzigartige Fassadenkunstwerk „La fresque des Lyonnais“ hat uns sehr beeindruckt. Unser Besuch der „Basilique Notre Dame de Fourvière“ forderte uns ziemlich heraus, da wir den Weg über hunderte von Treppen nahmen und der Aufstieg in der Mittagshitze anstrengender als gedacht war. Der Ausblick über die Stadt und ein leckeres Mittagessen ließen uns die Anstrengung schnell vergessen und wir besuchten die schön gestaltete Wallfahrtskirche.

Marseille

Da wir am Anreiseabend nicht mehr viel erkunden konnten, machten wir uns am nächsten Tag sehr früh auf den Weg und sahen uns die Eglise Saint- Laurent an. Am wunderschönen und stilvollen alten Hafen frühstückten wir und entschieden uns für eine Stadtrundfahrt mit der „Les Petits Train“. Die Fahrt ging am Strand entlang hinauf zur Basilica „Notre-Dame de la Garde“. Von der Aussichtsplattform hatten wir wieder einen schönen Blick über die Stadt. Das reichlich verzierte Innere der Kirche gefiel uns sehr. Wir entschieden uns aufgrund der Hitze auch noch für die zweite Tour durch die Stadt und einige bezaubernde Gassen. Den Nachmittag verbrachten wir am Strand und kühlten uns im Meer ab. Abends beobachteten wir noch den Sonnenuntergang über dem Meer und packten wieder unsere Rucksäcke für die Weiterreise am nächsten Tag. Das kleine schnucklige Apartment mit aufwändig bemalten Wänden war für uns die schönste Unterkunft auf unserer Reise durch Europa. 

Barcelona

Für die meisten Züge in Frankreich und Spanien ist Sitzplatzreservierung notwendig. Leider bekamen wir keine mehr für die Fahrt von Marseille nach Barcelona und waren so gezwungen, fast neun Stunden in kleinen Regionalzügen durch die Ortschaften zu fahren. Als Interrailer sollte man definitiv flexibel sein und sich nicht allzu schnell stressen lassen, da auch im Ausland die Züge häufig unpünktlich sind. Vor allem wenn es, wie bei uns, an Grenzbahnhöfen nichts zum Mittagessen gibt. Die Verständigung in Spanien erwies sich etwas schwierig, da dort wenig Englisch gesprochen wird und wir kein Spanisch konnten. Die Verständigung mit Händen und Fü.en klappte aber recht gut. Wir besuchten die Casa Milá und die Casa Batlló des Architekten Antoni Gaudí, sowie den von ihm gestalteten Park Güell. Auf dem „Marcat de la Boqueria“ haben wir uns durch die regionale Küche geschlemmt und leckere neue Gerichte kennengelernt. Wir genossen die Zeit am Strand und sogen die frische Meeresbrise in uns auf. Der Besuch des großen Aquariums von Barcelona und der Sagrada Família durfte nicht fehlen. Der Tag in Barcelona war einer unserer aktiven Tage. Wir erkundeten auf unserer Reise sehr viel zu Fuß und kamen am Ende des Tages auf knapp 40 000 Schritte. Da kann man abends geschafft ins Bett fallen.

Madrid

In Madrid ist Vanessas Freund Markus Pisarek zu uns gestoßen. Aufgrund der anhaltenden Hitze erkundeten wir nur am Vormittag die Stadt und entspannten am Nachmittag im Hotelpool. Im „Parque de El Ritiro“ entdeckten wir einige Bootsfahrer und lernten in der Stierkampfarena „Las Ventas“ einiges dazu. Trotz Umbau konnten wir das Fußballstadium von Real Madrid „Estadio Santiago Bernabéu“ besichtigen. Die Abende verbrachten wir mit unserem ortskundigen spanischen Kumpel Angel Briceño. Er brachte uns die traditionelle spanische Küche näher und zeigte uns im Rahmen einer Tapastour einige schöne und teils abgelegene Sehenswürdigkeiten von Madrid. Durch ihn sahen wir im Sonnenuntergang den Tempel von Debod und den königlichen Palast. Es lohnt sich also definitiv, auch mal abseits der Touristenspots unterwegs zu sein.

 

Die nächste Bewerbungsrunde des Europäischen Jugendportals für die nächsten 35 000 Discover EU Interrailtickets startet im Frühjahr 2023 (genaue Termine sind noch nicht bekannt). Solltest du 18 Jahre alt sein oder in 2023 deinen 18. Geburtstag feiern, können wir dir nur raten, dich zu bewerben und die Chance auf eine einzigartige Europareise zu nutzen. Mehr Informationen gibt es unter www.europa.eu/youth/discovereu_de. Auch wenn nicht immer alles nach Plan läuft, überwiegen am Ende die schönen Erlebnisse, an die man gerne zurückdenkt. Auch wenn wir in Zukunft die Aufenthalte in den einzelnen Städten länger gestalten werden, hat sich für uns die Reise definitiv gelohnt und wir planen schon die nächste Tour durch Europa.  

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Dezember 2022.
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