Willkommen im Land der Ideen
Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie

Ruhig ist es hier oben. Vom hektischen Treiben des westlich gelegenen Campus ist nichts zu spüren und bis auf die Glocken der Kirche Sankt Jakob in Vötting herrscht entspannte Stille. Die Aussicht reicht über die Wiesen und Äcker bis hinunter zur Thalhauser Straße und von dort weiter über den Thalhauser Forst. Nur wenige Menschen würden es für möglich halten, dass in dieser Idylle die Zukunft entsteht. Denn hier am Ende der Lise-Meitner-Straße betreiben auf insgesamt 3.000 Quadratmetern neun Unternehmen aus den Bereichen Bio-, Agrar- und Ernährungswissenschaften Spitzenforschung unter einem Dach. Im „Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie“ (IZB) stehen den Firmengründern und jungen Unternehmern optimale Voraussetzungen zu günstigen Preisen zur Verfügung. Die Nachfrage nach den modernen Büroräumen und technisch aufwendig ausgestatteten Laboren ist demnach entsprechend hoch. Viele der Unternehmen sind sogenannte Spin-offs aus der Technischen Universität, also Firmengründungen, die aufbauend auf bestehenden Forschungstätigkeiten eines Lehrstuhls entstanden sind. Vom Biogas-Speziallabor über die funktionelle Genomanalyse bis hin zur Erforschung der verarbeitungstechnischen Eigenschaften der Getreidearten ist hier alles zu finden. Das Außergewöhnliche an diesem Standort ist die Nähe zu den Lehr- und Forschungseinrichtungen von Technischer Universität, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf sowie den Landesanstalten für Landwirtschaft, Wald- und Forstwirtschaft. Diese Nähe und die damit verbundene wissenschaftliche Vernetzung hat die entscheidende Rolle gespielt, als sich die Fördergesellschaft IZB mbH 2002 entschlossen hat, den bereits seit 1995 in Planegg-Martinsried bestehenden Standort mit einem Gebäude in Freising-Weihenstephan zu erweitern und damit die eigene Position unter den Top Ten der weltweit bestehenden Biotechnologiezentren zu untermauern. Im Rahmen der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ erhielt das IZB in Freising-Weihenstephan durch die Bundesregierung 2007 die Auszeichnung „Ausgewählter Ort im Land der Ideen“.

Um näher an den Kunden im süddeutschen Raum zu sein, gründete die aus Berlin stammende „Umwelt-Geräte-Technik GmbH“ (UGT) 2008 in Freising-Weihenstephan eine Zweitniederlassung, in der sich zu Beginn Dr. Sascha Reth als einziger Mitarbeiter um alle anfallenden Arbeiten kümmerte. Heute sind in den Büro- und Laborräumen im IZB fünf Mitarbeiter im Bereich Umweltmonitoring beschäftigt. Von der einfachen Wetterstation bis hin zu hochkomplexen Bodenmessgeräten fungiert UGT als weltweiter Zulieferer in allen umweltrelevanten Bereichen. Im Zentrum der Servicetätigkeit stehen die Analyse der Bodenqualität, die Nitratverlagerung und Möglichkeiten der Wiederaufbereitung von Böden. Als Gemeinschaftsprojekt von TUM, dem Bayerischen Umweltamt sowie den in Freising ansässigen Landesanstalten initiiert, wurde die UGT beauftragt, 100.000 Quadratmeter Forschungswald unterhalb der Baumkronen zu unterdachen, um im darunterliegenden Boden einen Trockenstress zu simulieren. Das in diesen Tagen startende Projekt stellt die UGT der Öffentlichkeit an ihrem Tag der offenen Tür am 08. Mai 2014 ausführlich vor. Genau wie das IZB so hat auch die „Umwelt-Geräte-Technik GmbH“ für den in Kooperation mit der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg entwickelten „Quicklyser“ – ein Messgerät mit dessen Hilfe sich der Nitratgehalt in Böden und Gewässern durch optische Methoden messen lässt – 2012 die Auszeichnung „Ausgewählter Ort im Land der Ideen“ erhalten. Direkter Nachbar im Freisinger Biotechnologiezentrum ist die atres Group, zu deren Portfolio die Beratungs- und Labordienstleistungen für die Energiebereitstellung aus organischen Reststoffen, nachwachsenden Rohstoffen und hoch belasteten Abwässern durch Vergärung zu Biogas gehören. 2006 von Gunther Pesta als Spin-off aus dem Lehrstuhl Brauwesen der TU Weihenstephan gegründet, beschäftigt das Unternehmen aktuell zehn Mitarbeiter. Inhaltlich geht es zum einen um die Analyse und Betriebsoptimierung bestehender Biogasanlagen jeglicher Größe. Zum anderen zählt auch die Bereitstellung neuer Energiequellen zum Arbeitsspektrum. Dabei geht es sowohl um die Einrichtung von Kleinstanlagen in Asien und Afrika für die autarke Energieversorgung von einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben bis hin zur Entwicklung von Anlagen, durch deren Energieerzeugung die tägliche Verbrennung von über hundert Tonnen Müll möglich wird. Bereits im Jahr 2001 gründete Professor Dr. Arne Skerra, Ordinarius am Lehrstuhl für Biologische Chemie an der TUM, gemeinsam mit Claus Schalper die Pieris AG. Im dreistöckigen IZB-Gebäude beschäftigt das biopharmazeutische Unternehmen 30 Mitarbeiter und beansprucht die Büroräume und Labore des gesamten Obergeschosses. Der Zweck des Unternehmens ist die Vermarktung des von Dr. Skerra entdeckten Proteins „Anticalin“. Mit antikörperartigen Eigenschaften ausgestattet eignen sich „Anticaline“ für die Therapie und Diagnostik lebensbedrohlicher Krankheiten beispielsweise im Bereich der Onkologie und Immunologie. Nach dem erfolgreichen Abschluss verschiedener Testreihen befindet sich das erste von Pieris entwickelte Medikament mittlerweile in einer klinischen Studie.

Während am Stammsitz in Planegg-Martinsried eine 22.000 Quadratmeter große Fläche zur Verfügung steht, spielt das hiesige IZB eher eine Nebenrolle. Die weltweit bedeutenden Erfolge sprechen jedoch für sich und die Nachfrage nach zusätzlichen Räumen sowohl durch Unternehmensgründer wie auch unter den Mietern ist so hoch, dass seit Längerem über einen Erweiterungsbau nachgedacht wird.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Februar 2014.
In unserer Bibliothek können Sie diese und alle anderen Ausgaben der letzten Jahre online lesen.

zur Bibliothek...
weitere Artikel zu diesem Thema: