Für die Sonnenenergie so richtig Feuer gefangen
25 Jahre Sonnenkraft Freising e.V.

Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts haftete der Nutzung der Solarenergie noch etwas Exotisches an. Das Wissen um die physikalischen Prinzipien der Sonnenenergienutzung war in der Bevölkerung kaum bekannt. Um dieses Defizit zu verringern hatten die Brüder Werner und Martin Hillebrand sowie Martin Leopoldseder die Idee, die Kraft der Sonne sichtbar zu machen. Inspiriert durch den Besuch der „Tour de Sol“ – der Weltmeisterschaft für Solarmobile – entschlossen sie sich kurzerhand selbst ein Solarmobil zu konstruieren. Gleichzeitig hatte sich auch gezeigt, dass es notwendig war energiepolitisch aktiv zu werden. Dies war damit auch die Geburtsstunde des Vereins Sonnenkraft Freising e.V., der sich vor 25 Jahren am 16. November 1989 erstmals in der Öffentlichkeit vorstellte und dabei auf reges Interesse gestoßen ist.

Im Sommer 1990 konnten das erste Freisinger Solarmobil und die dazugehörige erste Freisinger netzgekoppelte Photovoltaikanlage ihren Betrieb aufnehmen und im Juli unter Beisein des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Adolf Schäfer eingeweiht werden. Anfang der 90er Jahre wurden viele Selbstbaukurse für Solarkollektoren organisiert und durchgeführt. Mit dem Slogan „Aktion Solar 91/92 – 1000 qm für mehr Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz“ wurden die Aktivitäten gebündelt. Aus damaliger Sicht waren 1000 qm Solarkollektor Fläche ambitioniert. Heute scheint dies verschwindend gering – und trotzdem waren diese Aktivitäten wegbereitend für die späteren energiepolitischen Veränderungen, die wir heute mit dem Schlagwort „Energiewende“ bezeichnen. Der Initiator der Aktion Werner Hillebrand schreibt in seinem Abschlussbericht: „Es ist hiermit ein Stein ins Rollen gebracht worden, der in Richtung einer umweltgerechten zukunftsweisenden Energieerzeugung weist. Wir danken allen, die die nötige Pionierrolle übernommen haben und heute schon ihren Sonnenkollektor verwirklicht haben. Denn leider erstrecken sich solche Entwicklungen über lange Zeiträume. Ich bin mir sicher, dass unsere Nachkommen ihnen dafür dankbar sein werden.“ Zu den Höhepunkten der Vereinsgeschichte gehören die zwölf Sonnenenergie-Tage, die jährlich einmal von 1991 bis 2002 stattfanden, sowie sicherlich die fünf Solarmobilrundfahrten. 1992 startete die „1. Bayern Solar“ mit 45 Fahrzeugen von Freising über Landshut, Regensburg, Ingolstadt nach München ins Olympiastadion. Schirmherr war der damalige Umweltminister Dr. Peter Gauweiler. Unter dem Namen eRUDA (für „elektrisch rund um den Ammersee“) hat Werner Hillebrand die Solarmobilfahrten professionell weiterentwickelt und veranstaltet mittlerweile jährlich die größte Elektromobilfahrt Deutschlands mit über 160 teilnehmenden Elektrofahrzeugen. Der bislang wohl bedeutendste Erfolg gelang im Juli 1993 mit dem Beschluss des Freisinger Stadtrates zur Einführung der kostendeckenden Vergütung für Solarstrom. Kurz darauf wurde in Freising die erste Photovoltaikanlage mit „kostendeckender Vergütung“ in Deutschland realisiert. Diese wegweisende Idee wurde danach von 30 bayerischen Städten und letztlich über 200 deutschen Kommunen übernommen und mündete im Jahr 2000 im Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), der Basis für die Energiewende. Mittlerweile ist das Modell der kostendeckenden Vergütung in mehr als 100 Ländern weltweit umgesetzt worden. Das Mitglied Prof. Dr. Ernst Schrimpff hat sich federführend für die Einführung der kostendeckenden Vergütung engagiert. Er war fast 20 Jahre lang Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Bayrischer Solarinitiativen und wurde 2013 mit dem Deutschen Solarpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. In den 90er Jahren arbeiteten die Sonnenkraft-Aktiven meist ehrenamtlich. Bei der wachsenden Nachfrage nach Solaranlagen und dem zunehmenden Interesse des heimischen Handwerks, solche Anlagen zu installieren, wurden Informationsdefizite in den Ausbildungen festgestellt. Deshalb gründete Sonnenkraft Freising e.V. 1996 zusammen mit dem Bund der Energie Verbraucher e.V. die erste Deutsche Solarschule, die an sieben Standorten in Deutschland nach bundesweit einheitlichen Lehrplan und Prüfungen Schulungsangebote einführte. Die Leitung der Freisinger Solarschule, die bis 2002 Kurse anbot, übernahm Andreas Henze.

Das Interesse an den Sonnenkraft-Aktivitäten war auch in den Nachbarlandkreisen und darüber hinaus groß. So hat der Verein bei der Gründung von zahlreichen Solarvereinen – z. B. Energiewende Erding, Sonnenkraft Fürstenfeldbruck, Rosenheim Solar, Solarfreunde Moosburg und vielen mehr mitgeholfen. Seit Januar 2001 ist Dr. Andreas Horn Vorsitzender von Sonnenkraft Freising e.V.. In seiner Amtszeit wurde die „Easy Energiedienste GmbH“ für den Betrieb von Bürgersolarparks und die „Solarregion Freisinger Land“ gegründet. In der Solarregion engagieren sich das Landratsamt Freising, Solarfreude Moosburg, lokale Agenda Gruppen und weitere Gruppierungen gemeinsam für die Energiewende. In diesem Rahmen wird seit 2008 die Solarkreisliga durchgeführt, bei der der Stromverbrauch und die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien für jede Kommune im Landkreis Freising erhoben und gegenüber gestellt. Dieses Jahr konnte die Solarregion schon 10 der 24 Kommunen dafür ehren, dass sie bereits mehr als 100 Prozent des Stromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien decken. Im April 2013 wurde die „Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land e.G.“ gegründet, die sich der lokalen Energiewende im Landkreis Freising verschrieben hat. Mit dem Angebot „Bürger Strom“ ist die Genossenschaft mittlerweile Energieversorgungsunternehmen und in der Region einziger Stromanbieter, der ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien anbietet. Die Möglichkeiten zur Nutzung der Sonnenenergie haben sich in den letzten 25 Jahren stark weiterentwickelt und das Thema ist unter dem Stichwort „Energiewende“ mittlerweile ein gesellschaftliches Kernthema. Trotzdem liegt noch ein gewaltiges Stück des Weges vor dem Verein und vor uns allen.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Dezember 2014.
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