Hochgelobte Leserschaft,
ich wurde soeben offiziell verarscht! Und das liegt nicht nur daran, dass ich um diese Uhrzeit schon etwas betrunken bin. Wirklich. Ich glaub ́, die spinnen… Aber mal ganz ehrlich: Sowas kann man doch einfach nicht machen, da ruiniert man sich doch den Ruf. Ich mein ́, die Leute reden doch miteinander. Und grad in einer relativ überschaubaren Stadt wie Freising kann man sich sowas erst recht nicht leisten. Ich bin enttäuscht. Hab ich doch grad erst vorletzten Artikel ausführlich die sogenannte „Konstanz“ in der Gastronomie lang und breit durchgekaut. Hat das denn schon wieder keiner gelesen? Aber beginnen wir von vorne:
Der Flo hat heute seine Diplomarbeit abgegeben. Also vorläufig zum Korrigieren gegeben. Das ist anscheinend so ähnlich, sagt er. Das ist Grund genug für uns zu feiern und auf ihn anzustoßen. Wir tragen unsere besten Anzüge und tun so als würden wir von einer Vernissage kommen. Da ist es zumeist ganz normal, dass man betrunken in der Gegend rum steht und komisches Zeugs brabbelt. Mit ein paar Spezis (nicht dem Getränk) und ein paar Getränken (keinen Spezi) im Gepäck, überraschen wir ihn zuhause. Flo zieht auch noch schnell seinen schwarzen Nadelstreifen-Anzug an und los geht der Spaß. Er hat es sich wirklich verdient, mit uns nun ein paar Gläschen zu trinken, denn er hatte sich die letzten paar Wochen daheim eingesperrt und nur noch gearbeitet. Sehr vorbildlich.
Doch nun ist Schluss mit der Vorbildfunktion – ein paar Stamperl Vodka sind gleich weg, das Bier ist aus, alle haben Hunger und es ist bereits 11 Uhr. Vormittags. Man beschließt also schnell in die Innenstadt zu gehen, die imaginäre Vernissage dort fortzusetzen. Aber nicht ohne vorher eine gesunde Unterlage im Magen geschaffen zu haben. Ein Bier mehr und wir würden anfangen zu lallen. Und wir wollen ja sowieso auf Wein oder Prosecco Aperol umsteigen – der ist hoffähiger um diese Uhrzeit. Den kleinsten gemeinsamen Nenner finden wir mit dem Kochlöffel. Zwar nicht gerade das, was ich mir vorgestellt habe, aber die Gruppe hat entschieden.
Einer von euch drei Lesern wird sich sicherlich noch an Folge 2 von „Timi geht essen“ im Kochlöffel erinnern. Da hat er wirklich gut abgeschnitten. Frische Zutaten, alles wird vor den Augen zubereitet, große Portionen, zuvorkommendes Personal. Es gab damals wirklich keinen Grund zu meckern! Aber jetzt… ich weiß nicht, was ich sagen soll…
Wir betrachten nun einfach das angefügte Bild eines sogenannten „Star Burgers“. Ich meine doch, 3,29 € sind für einen Burger ein anständiges Geld. Zu unserer Linken sehen wir nun das Bildchen der besagten Speise. Saftig, mit viel frischem Gemüse, würzigem Käse, herzhaften Zwiebeln zwischen knusprigen Brötchen. Mir ist klar, dass dies ein reines Werbebild ist, aber ich kann hier beim besten Willen keine einzige Übereinstimmung mit dem Original feststellen. Es ist das exakte Gegenteil des Werbebildes. Trocken, totgebraten, liebloser Salat und eine Scheibe geschmacklose Tomate. Kein Käse, keine Zwiebeln. Dafür ein liebloser Klecks geschmackslose Majonäse.
Natürlich hab ich mich beschwert. Klar. Mit den Worten „Schau ́n Sie sich das mal an, das kann ja wohl nicht sein“ drängle ich mich in der Schlange nach vorn und hebe den aufgeklappten Burger einer der beiden Damen unter die Nase. Diese wendet sich fragend an die andere Dame hinter der Theke. Diese wiederum nickt mir verständnisvoll zu und meint, dass sie mir gleich zwei andere Burger zum Tisch bringt. Soweit also kein Problem. Kann ja mal passieren.
Zwei Minuten später liegt der neue Burger dann vor mir auf dem Tisch. Das ging aber schnell! Ich öffne die Papierverpackung und hier nun mein Problem: Auf unserem Bild sehen wir genau diesen, zweiten Burger. Der erste war noch schlimmer. Ich konnte leider in der Aufregung kein Bild davon knipsen. Der einzige Unterschied: Burger zwei hat nun eine Scheibe geschmacksloser Tomate.
Juhu. Soll ich mich nun nochmal beschweren? Ich versteh die Welt nicht mehr. Ich hab ́ solchen Hunger. Was soll ich sagen: „Der Hunger treibts nei!“ Ich hab ihn dann schnell gegessen. Er war wirklich schlecht.
Danke für nichts!
Zum Glück hat der Bene den Burger gezahlt, sonst hätte ich mich noch viel mehr ärgern müssen. Und das ist ja, wie wir wissen, gar nicht so gut für dieses Karma. Ein bisschen sprachlos bleibe ich zurück und frag ́ mich, was an diesem Tag beim Kochlöffel eigentlich los war… das geht besser! Ich hoffe, nächsten Monat gibt ́s Besseres zu verkünden.
Immer anspruchsvoll bleiben, Timi
Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Oktober 2021.
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