Der Schutz des Süßwassers
Alia Benedict studiert Aquatische Systembiologie in Freising

Alia Benedict ist Master-Studentin der Aquatischen Systembiologie – und kam dafür 2019 aus den USA an die TUM nach Freising. Im Interview mit dem FINK berichtet sie über ihre Motivation zum Erkunden des Lebensraums Wasser, ihre Forschungsprojekte und was die Moosach für sie so besonders macht.

Vom US-Bundesstaat Michigan ins beschauliche Bayern: Alia, was hat Dich nach Freising geführt?
Ich bin an den Großen Seen aufgewachsen. Im Laufe der Zeit sah ich, wie stark sie sich durch das Klima und menschliche Aktivitäten verändert haben. Ich liebe meine Heimat und möchte sie schützen. Der Schutz des Süßwassers ist aber ein globales Thema und braucht globalen Dialog. Als ich Studentin in den USA war, haben meine Professoren die Forschung des Lehrstuhls für Aquatische Systembiologie an der TUM in Freising öfters erwähnt. 2019 flog ich für ein Forschungspraktikum nach Freising und ein Jahr später fing ich hier mit meinem Masterstudium an.

Gerade beendest Du Dein Masterstudium und schreibst an Deiner Masterarbeit. Welches Thema hast Du dir gewählt?
In deutschen Gewässern gibt es auch nicht- heimische Muscheln, darunter die Chinesische Teichmuschel, Sinanodonta woodiana. Über diese Muschel ist nicht viel bekannt – erst 2022 wurde das erste Paper über deutsche Sinanodonta woodiana Populationen von unserem Lehrstuhl veröffentlicht. Ich untersuche derzeit die Genetik dieser Muschel, um herauszufinden, wie die Populationen über die Umwelt miteinander verbunden sind. Die Ergebnisse könnten hilfreich sein bei der Erstellung von Managementprogrammen für die Muschel in Bayern.

 

In welchen weiteren Forschungsprojekten bist Du gerade eingebunden?
In Deutschland gibt es sieben heimische Süßwassermuschelarten, darunter sind zwei gefährdet: die Bachmuschel Unio crassus und die Flussperlmuschel Margaritifera margaritifera. Zurzeit kartieren wir diese Muscheln in bestimmten Fauna-Flora- Habitat-Gebieten, um zu sehen, wie sich die Muschelpopulationen und ihre Lebensräume im Laufe der Zeit entwickelt haben. Muscheln sind wichtige Elemente gesunder Süßwasserhabitate. Wenn wir den Zustand ihrer Populationen kennen, wissen wir auch, wie der Zustand unserer Gewässer ist.

 

Untersucht Ihr nur die Gewässer rund um Freising, oder wie weit dehnt sich Euer Forschungsradius aus?
Viele unserer Forschungsprojekte finden am Lehrstuhl statt, der direkt an der Moosach liegt. Dort haben wir direkten Zugang zu Wasser und sogar zu Organismen wie Pflanzen und Makroinvertebraten, die wir für den Unterricht oder für Experimente beproben können. Unsere Forschung führt uns oft aber auch außerhalb von Freising. Es gibt viele verschiedene Seen, Bäche und Flüsse in Bayern zu erforschen!

 

Was genau sind denn Makroinvertebraten?
Makroinvertebraten sind kleine, wirbellose Tiere, die im Benthos (Gewässersohle) von Seen, Flüssen und Bächen leben. Muscheln, Schnecken und aquatische Insekten gehören alle zu den Makroinvertebraten. Sie sind sehr gute Bioindikatoren für Wasserqualität und sie spielen eine wichtige Rolle in unseren Gewässern.

 

Was ist das Besondere an der Moosach?
Ich liebe es, wie viel Leben die Moosach enthält, sowohl oberhalb als auch unterhalb der Wasseroberfläche. Im Sommer strömen die Menschen an das Flussufer zum Laufen, Spazieren, Quatschen, Lesen, Eis zu essen. Es gibt aber auch genauso viel Vielfalt im Wasser: Vögel, Fische, Wasserpflanzen. Du kannst mit der Hand ins Wasser greifen und fünf verschiedene Arten von Makrozoobenthos herausziehen. Wenn man genau hinschaut, entdeckt man immer etwas Neues!

 

Feld oder Labor?
Feld! Eine Woche Feldarbeit in Bayern ist fast wie Urlaub.

Wie muss man sich denn so eine Woche im Feld vorstellen? Wie groß ist Eure Forschungsgruppe, wie ist Euer Tagesablauf?
Als wissenschaftliche Hilfskraft unterstütze ich die Koordinationsstelle für Muschelschutz in Bayern. Das Büro dient der Verbindung von Forschung und Muschelschutz in bayerischen Gewässern. Es gibt immer etwas zu tun… Entweder die Organisation von Tagungen, die Ausbildung neuer Muschelberater oder die Durchführung von Feldarbeit. Ich bin hauptsächlich für die Feldarbeit dabei. Bei den Muschelkartierungen, charakterisieren wir nicht nur den Lebensraum, sondern wir dokumentieren auch die Demographie der Muschelpopulationen (Art, Alter, Länge, Höhe, Breite). Mit diesen Informationen können wir feststellen, wie sich die Muschelpopulationen im Laufe der Zeit verändern.

 

Was planst Du für die Zukunft?
Darüber denke ich noch nach. Ich liebe es, zu forschen und zu schreiben… Und der Lehrstuhl hat viele interessante Projekte, an denen sich Studenten beteiligen können. Aber egal wohin ich als nächstes gehe, ich hoffe, dass ich mein Forschungsnetzwerk aus Freising einbringen kann.

 

(Interview: Isabella Hödl-Notter)

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Juli/August 2022.
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