Was im letzten Monat passiert ist: September 2015
Ein Rückblick auf den letzten Moant

Für Wolfgang Reinhardt war es „der letzte Strohhalm für die Vöttinger“, OB Tobias Eschenbacher sprach von „Nachtreten“ und von einer „seltsamen“ Aktion: Reinhardt, Vorsitzender des Vöttinger Bürgerforums, und fünf Mitstreiter hatten ein Bürgerbegehren gestartet, mit dem sie einen dreijährigen Baustopp für die Westtangente erreichen wollten. Die Frage, die beim angestrebten Bürgerentscheid beantwortet werden sollte, lautete: „Soll die Stadt Freising alle rechtlich zulässigen Maßnahmen ergreifen, um den Weiterbau der Westtangente über den bereits begonnenen Bauabschnitt 4.1 hinaus um drei Jahre zu verschieben?“ Hätte das Bürgerbegehren also Erfolg gehabt, hätten die Freisinger nach dem 22. September 2013 schon wieder über die Westumfahrung abstimmen müssen. Doch der Stadtrat hat in einer Sondersitzung das Bürgerbegehren für unzulässig erklärt. Ob es damit vom Tisch ist, werden wohl die Gerichte klären.

Das angestrebte dreijährige Moratorium hätte man „zu einer verbesserten Planung und zur möglichen Einbettung der Straße in ein schlüssiges Gesamt-Verkehrskonzept“ nutzen sollen, forderten die Initiatoren des Bürgerbegehrens. Man hätte Bau und Auswirkungen der B 301-Nordostumfahrung abwarten sollen. Durch den Wegfall der Anschlüsse an Gartenstraße und Giggenhauser Straße sei die verteilende Wirkung der Umfahrung nicht mehr gegeben, eine Entlastung für die Innenstadt wäre kaum feststellbar, hatte man argumentiert. Allershausen würde zudem im Verkehr ersticken. Schon nach Bekanntwerden des Bürgerbegehrens kommentierte Eschenbacher: „Was es soll, jetzt nachzutreten, weiß ich nicht.“ Er fand Zeitpunkt und Hintergründe dieser Aktion „seltsam“.

Nach einer Woche musste Reinhardt zunächst zugeben: Da war man „zu sportlich.“ Man hatte, anders als angestrebt, die benötigte Zahl der Unterschriften noch nicht beisammen. Doch kurze Zeit später dann die Erfolgsmeldung aus Reihen des Vöttinger Bürgerforums: Man hatte genügend Unterschriften für einen Bürgerentscheid zusammen. Kurze Zeit später stand fest: Das Bürgerbegehren hatte die erste Hürde genommen. Die Stadtverwaltung bestätigte, dass die formalen Voraussetzungen erfüllt seien. Nach Prüfung des Einwohnermeldeamts wurden rund 2.700 der 3.200 Unterschriften für gültig erklärt. Die Mindestzahl von wahlberechtigten Unterzeichnern hatte bei 2.429 gelegen.

Doch bei der daraufhin anberaumten Sondersitzung des Stadtrats wurde das Bürgerbegehren trotzdem als unzulässig erklärt:  Formell zulässig, materiell aber unzulässig. Das war das Urteil. Die Arbeiten gehen ungebremst weiter. Zwar war die Zahl der Unterschriften ausreichend und die Maßnahme gehöre unzweifelhaft „zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde“. Das große Aber: Materiell sei das Bürgerbegehren nicht zulässig. Unzulässig sei es schon deshalb, weil es mit dem geforderten Drei-Jahres-Baustopp einen Zeitraum vorgebe, der über die rechtliche Bindung eines Bürgerentscheids von maximal einem Jahr hinausgeht. Allein „aus diesem ganz einfachen Grund“ heraus sei ein Bürgerentscheid abzulehnen, sei die Sache juristisch „ganz klar“. Zudem sei das Bürgerbegehren deshalb unzulässig, weil es „gegen die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit massiv verstößt“. Bereits 14,5 Millionen Euro seien bisher schon für den Bau der Westtangente ausgegeben worden, ein Baustopp würde rund drei Millionen Euro an Mehrkosten verursachen. Die Stadträte teilten in der Mehrheit diese Auffassung und erklärten mit 24:10 Stimmen das Bürgerbegehren für unzulässig. Dennoch dürfte die Westtangente schon wieder die Gerichte beschäftigen: Nach dem Stadtratsbeschluss will das Bürgerforum offenbar gegen diesen vor dem Verwaltungsgericht klagen.

Eingemischt

Auch wenn es nicht von Erfolg gekrönt war: Das Moratorium Westtangente hat hohe Wellen geschlagen – bis nach Allershausen. Ein Freisinger Bürger hat bei der Kommunalaufsicht im Freisinger Landratsamt Bürgermeister Rupert Popp angeschwärzt. Der Vorwurf: Parteinahme im Amt. Gegen Popp sollte eine Dienstaufsichtsbeschwerde erlassen werden, so war das Ansinnen von Günther Liebl. Der Freisinger war der Meinung, Popp habe sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Konkret soll er das Moratorium der BI Vötting zu sehr unterstützt haben, weil er es als Chef der Gemeinde Allershausen zugelassen hatte, dass auf der Homepage ein Aufruf geteilt wurde. Oder vielmehr ein Hinweis. Ein Hinweis, dass das Vöttinger Bürgerforum Unterstützung beim Unterschriftensammeln für das Moratorium sucht. „Eine große Unterstützung wäre es, wenn sechs bis zehn Bürger aus Allershausen das Bürgerforum bis Ende Juli jeweils am Mittwoch und Samstag am Marienplatz in Freising untersützen könnten“, so der genaue Wortlaut auf der Gemeindehomepage. Das war Liebl zu viel – er reichte Beschwerde gegen Allershausens Rathauschef ein. Der stand dem Ganzen gelassen gegenüber: „Wofür bin ich denn gewählt?“ Popp fand nicht, hier zu weit gegangen zu sein. Ganz im Gegenteil. Seine Gemeinde sei massiv von den Auswirkungen der Freisinger Westtangente betroffen und deshalb sei es vielmehr seine Pflicht, sich hier einzuklinken.

Und so sah es auch die Kommunalaufsicht. Günther Liebl ist gescheitert. Die Dienstaufsichtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. „Eine Überprüfung der erhobenen Vorwürfe ergab keinen Anlass zu dienst- oder rechtsaufsichtlichen Maßnahmen gegen Bürgermeister Rupert Popp“, heißt es in der schriftlichen Einschätzung des Landratsamtes. Richtig sei, dass Popp seine Aufgaben unparteiisch zu erfüllen habe. Und dagegen habe er auch in diesem konkreten Fall nicht verstoßen. „Das Zugeständnis des Bürgermeisters, den Aufruf des Vöttinger Bürgerforums auf die Homepage der Gemeinde zu stellen, darf angesichts der durch eine Realisierung der Westtangente drohenden Verkehrsbelastung als Mittel gesehen werden, auf drohende Schäden für die gesamte Gemeinde Allershausen hinzuweisen“, schreibt Regierungsrat Thomas Fritz in seiner Begründung, die Beschwerde nicht zuzulassen. Popp habe sich in der Sache nicht persönlich eingebracht. Im Klartext heißt das etwa: Rupert Popp sei nicht aktiv an der Unterschriftensammlung beteiligt gewesen.

Und was sagte Popp zu dem Ausgang der Sache? „Jeder Bürger darf und soll sich, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, an eine höhere Stelle wenden und um eine Überprüfung der Sache bitten“, so Popp. Wenn das Ganze aber an den Haaren herbeigezogen sei, müsse man eben mit einem entsprechenden Ergebnis rechnen.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Oktober 2015.
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