Musik muss spannend sein
Gunther Brennich und der Asamchor

Seit 38 Jahren gibt es den Freisinger Asamchor bereits. Es waren ereignisreiche Zeiten für die Chormitglieder, sechs Leiter haben ihre Zeichen hinterlassen. Seit 2003 hält nun Gunther Brennich die Fäden in der Hand. Mit viel Fingerspitzengefühl bringt er den Chor nicht nur zum Singen, er lässt Emotionen aufleben, zieht geschickt an den Strippen, um Freude und Trauer, Liebe und Verzweiflung, Schrecken und Erleichterung für die Zuhörer spürbar und erlebbar zu machen. Einmal pro Jahr kommt dann der große Augenblick, in dem der Chor Werke wie Händels Messias, Bachs Johannes-Passion, Mozarts Requiem oder – wie in diesem November – Brahms Deutsches Requiem aufführt. Die Proben dazu beginnen in der Regel zwölf Monate zuvor. Man beginnt einfach mit dem Stück und übt. „Manche Ensembles proben immer im Tutti“, erklärt Gunther Brennich sein Vorgehen. „Wir machen es nicht so. Wir nehmen mal nur die Männer, mal nur die Frauen. Es wird immer wiederholt und verbessert.“ Grundsätzliche Charakteristika des Stücks gibt es zu Beginn. Brennich setzt aber voraus, dass jedes Chormitglied das Werk bereits mehrfach gehört hat und die Geschichte dahinter kennt. Dennoch unterbricht er die Proben plötzlich, um etwas über diese oder jene Stelle zu erzählen, zu erklären, warum eine Passage genauso komponiert wurde. Diese Hinweise bereichern das Engagement der Sängerinnen und Sänger. Und es gelingt, die Aufführung von der ersten bis zur letzten Minute spannend zu gestalten, damit die Zuhörer genügend Eindrücke mit nach Hause, um wiederzukommen. Nicht erst einmal hat der Asamchor diesen Idealfall erreicht. Dabei profitieren sowohl die Chormitglieder wie auch ihr Leiter vom österreichischen Dirigenten, Cellisten und Musikschriftsteller Nikolaus Harnoncourt, bei dem Brennich studiert hat. „Ein wichtiger Aspekt, den meine Frau und ich sehr an Harnoncourt lieben, ist die Bildhaftigkeit in seiner Sprache, wie er musikalische Passagen erklären kann, sodass der Chor weiß, mit welchem Ausdruck er diese singen muss. Wie sich diese Stelle mit Sprache und Gestik beschreiben lässt.“ Um seinem Asamchor dies zu verdeutlichen, lässt Brennich die Mitglieder gerne mal im Dreivierteltakt zum Gesang mitschwingen, die Brust stolz erheben oder vor Schrecken den Kopf einziehen. Doch nicht nur Harnoncourt hat das Leben von Gunther Brennich musikalisch geprägt. Bereits in der Kindheit war die Musik für ihn und für seinen Bruder Jürgen im Memminger Zuhause Programm. Der Vater Pianist, beide Großväter Organisten, Kirchen- und Schulmusiker, einer davon außerdem der Gründer und Leiter der Sing- und Musikschule. Er selbst wusste lange Zeit nicht, welchen Beruf er einmal wählen wird. „Mich hat eigentlich alles in der Schule interessiert. Dass es nicht früher Richtung Musik ging, hing wohl auch damit zusammen, dass ich auf einem mathematischen Gymnasium war, an dem Musik aufgrund Lehrerstreitigkeiten das unbeliebteste Fach war.“ Mit sechs Jahren begann er Geige zu spielen, mit acht Klavier. Geübt hat er eher ungern. Bis er als Begleitinstrumentalist zweimal am Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ teilnehmen durfte. Die Kontakte mit der Crème de la Crème der Jugendmusiker inspirierten ihn und der Wunsch, Musiker zu werden, war geboren. Spontan fiel der Entschluss, noch vor der Kollegstufe an ein Gymnasium in Kempten zu wechseln, an dem Herbert Richter als Musiklehrer die Schülerinnen und Schüler von dieser Kunst überzeugte. „Er hat mit uns im Orchester Stücke aufgeführt, die viel zu schwer für uns waren. Dafür haben wir wie die Weltmeister gekämpft und geübt, damit wir es schafften. Dabei habe ich gelernt, dass man an seine Grenzen gehen muss, um zu begeistern.“Obwohl erst in der achten Klasse, folgte ihm sein Bruder Jürgen, trat in den Schulchor ein und spielte als erster Geiger und Konzertmeister lange Zeit im Bayerischen Landesjugendorchester. Seine Facharbeit widmete er einem lokalen Kemptener Werk aus dem 19. Jahrhundert und studierte das Stück als 19-Jähriger mit einem eigens dafür gegründeten Chor ein. Im Anschluss an die Schule gingen beide Brüder zum Lehramtsstudium nach München. Historische Aufführungspraxis, damals noch ein aufregend junges, von vielen etablierten Musikern abgelehntes Fach, studierten sie in Salzburg bei Nikolaus Harnoncourt. Während der vier Jahre jüngere Jürgen Brennich bis heute den zum Schulabschluss gegründeten Allgäuer Kantatenchor als Projektchor leitet, engagierte sich Gunther Brennich ab 1993 als Barockbra-tschist. 1997 erhielt er sein erstes Angebot als Chorleiter des Deutsch-Französischen Chors in München. Beruflich wechselte er 2001 vom Dachauer Josef-Effner-Gymnasium an das Josef-Hofmiller-Gymnasium nach Freising. 2002 folgte der Wechsel an das musische Camerloher Gymnasium, in dem Brennich einen wahren Schatz für den Erfolg des Asamchors sieht. „Mit dem Camerloher besitzen wir als eines der größten musischen Gymnasien in Bayern ein wahnsinniges Potenzial an musikalischer Bildung. Da muss man einfach etwas daraus machen, das war mein erster Gedanke von Beginn an.“ Neben der Beherrschung eines Musikinstrumentes ist auch das Vorsingen Pflicht am Camerloher. Diejenigen, die sich dabei hervortun, erhalten die Chance, in Projektaufführungen mit einem Solo aufzutreten. Hier sammelt der Nachwuchs seine ersten Bühnenerfahrungen und wird dabei nicht selten davon elektrisiert. Ein paar von denen, die sich anschließend auf den Weg machen, um Sängerin oder Sänger zu werden, erreichen ihr Ziel. Wie etwa Raffaela Lintl, der Brennich mit ihrem Stimmvolumen und ihrer künstlerischen Vielfalt noch viel zutraut. Oder Benedikt Eder, der auf der Bühne wie eine „Rampensau“ Ausdruck versprüht. Obwohl Benedikt Eder noch in der Ausbildung ist und Raffaela Lintl gerade erst ihren Abschluss in der Tasche hat, hat der Asamchor beide für das große Werk im aktuellen Projekt als Solisten engagiert. Gemeinsam mit dem Allgäuer Kantatenchor werden am 08. November 2014 etwa 140 Sängerinnen und Sänger Brahms Deutsches Requiem erklingen lassen. Bereits 2011 holten die beiden Brüder mit ihren Chören die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach nach Freising und Memmingen. Nach diesem Erlebnis stand für alle fest, dass es nicht bei einer einmaligen Zusammenarbeit bleiben sollte. Das 25-jährige Jubiläum des Kantatenchors schien nun der geeignete Anlass. „Premiere“ des Deutschen Requiems feiern die beiden Chöre am 08. November 2014 um 19 Uhr in der Sankt Georgs Kirche in Freising. Bereits einen Tag später, am 09. November 2014 kommt das Requiem in Memmingen zur Aufführung. Die Eintrittskarten sind in der Freisinger Touristen Information am Marienplatz oder über tickets.vibus.de. erhältlich. Eintrittspreise: 28,00 Euro, ermäßigt 24,00 Euro, bzw. 23,00 Euro, ermäßigt 19,00 Euro.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Oktober 2014.
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