Ein Freisinger Kochbuch aus dem 19. Jahrhundert
Schätze aus dem Stadtarchiv Freising: Januar 2021

Im Sommer 2001 überließ der Münchner Architekt Georg Pezold dem Stadtarchiv Freising verschiedene historische Dokumente, die auf seine Vorfahren mütterlicherseits zurückgehen. Pezolds Mutter, Magdalena Pezold, geborene Sporrer, entstammte einer bedeutenden Freisinger Brauer- und Wirtsfamilie. Ihrem Vater Eduard Sporrer hatte eines der größten Anwesen der Stadt gehört: der Heigloder Sporrerbräu in der Unteren Hauptstraße, der nachmalige „Bayerische Hof“. Die enormen Dimensionen des bis heute erhaltenen Hauses, das sich über drei historische Parzellen erstreckt, gehen auf die Zukäufe und Erweiterungen zurück, die Eduards Vater bzw. Magdalenas Großvater Franz Seraph Sporrer in den 1830er und 1840er Jahren getätigt hatte. An die Familie erinnern in Freising heute noch die „Sporrergasse“, die westlich an das Anwesen grenzt, sowie die historischen „Sporrerkeller“ unter dem Lindenkeller.
Zu den Dokumenten, die der Sporrer- Nachfahre Georg Pezold ans Stadtarchiv schickte, gehören unter anderem Menüzettel und Rechnungen des Sporrerbräus aus den 1850er und 1860er Jahren, die während verschiedener Aufenthalte von Mitgliedern der bayerischen Königsfamilie gefertigt wurden. Um besonders bedeutende Dokumente handelt es sich bei zwei handschriftlich verfassten Kochbüchern. Sie liefern konkrete Hinweise auf die regionale Esskultur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das umfangreichere der beiden Kochbücher (s. Abb.) dürfte aus der zweiten Hälfte der 1860er Jahre stammen. Es findet sich zwar kein Entstehungsdatum, jedoch datieren einige Beispiele umgesetzter Menüfolgen, die sich am Ende des Kochbuchs befinden, vom Jahr 1867. Keine Kenntnis haben wir von der Autorin beziehungsweise dem Autor. Da es sich augenscheinlich immer um dieselbe Handschrift handelt, dürfte hier nur eine Person infrage kommen. Das Kochbuch setzt sich aus 133 dicht beschriebenen Seiten zusammen. Insgesamt enthält es 288 Rezepte, die sich oftmals nicht auf ein ganzes Gericht, sondern auf einzelne Bestandteile beziehen. Im Folgenden zwei transkribierte Beispiele aus dem Kochbuch.

Transkription zweier Rezepte

Anmerkung: Abkürzungen wurden in eckigen Klammern aufgelöst; ebenfalls in eckigen Klammern sind inhaltliche Ergänzungen eingefügt; die meisten Kommata wurden aus Gründen eines besseren Leseverstehens ergänzt.

[Rezept Nr.] 6 Bisquittsupp

Rühre ein Stück Butter in einer Schüßl schaumig ab, nim 6 Eiergelb u[nd] 6 – 8 Eßlöffl voll Mehl, jedesmal 1 Ei u[nd] 1 Löffl Mehl, rühre es gut ab, von den weißen [Eiweiß] schlage einen Schnee, rühre i[h]n darunter u[nd] salze den Teig gehörig, dann streiche mehrere Wandln [Backreine] mit Butter aus u[nd] fühle [fülle] sie ein, dan backe sie in [im] Rohr schön gelb, wenn sie ausgebacken sind, nim´s heraus, laße sie auskühlen, dan schneide sie in Blätter, thues in eine Suppschüßl, gieße die Fleischsupp darauf  u[nd] giebs zur Tafl.

[Rezept Nr.] 253 Gefüllte Äpfel

Wenn selbe geschällt sind, schneide einen Deckel ab, höhle sie dan aus, stoße sie in ein weißes Mehl, backe sie dann in Schmalz. Zu der Fülle wiege [vermenge] geschällte Mandeln, große Weinbeeren [Rosinen], Zittronenschalle u[nd] gekochte Äpfel, wenn sie gefühlt [gefüllt] sind, kocht man sie in Wein oder Hollersaft auf, man kann sie zum Geflügel als kalten Salat geben.

QUELLEN: Stadtarchiv Freising, NLSp Georg Pezold (inkl. der Überlassungsunterlagen). LITERATUR: Bienen, Hermann: Freisinger Brauereien im Überblick. Eine Datensammlung zur Familien-, Besitz- und Baugeschichte, in: Notter, Florian (Hg.): Freising als „Stadt des Bieres“. Kulturgeschichtliche Aspekte (Schriften des Stadtarchivs Freising 1), 2016, hier (zum Sporrerbräu) S. 194-202.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Januar 2021.
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