Braumeister aus Au macht Toten Hosen glücklich
Bierhochzeit zwischen der Holledau und dem Rheinland

Die Toten Hosen – das ist Düsseldorf. Und Düsseldorf – das ist Altbier. Doch jetzt gibt es das Hosen Hell. Und wo wurde das neueste Marketing-Produkt der Ex-Punkrocker und wohl bekanntesten deutschen Band gebraut? In Au. In der Schlossbrauerei. Und wer hat’s erfunden? Fritz Briem, weit gereister Braumeister aus Au.

Au/Düsseldorf – Sie haben einen langen Weg hinter sich – von „Eisgekühlter Bommerlunder“ über „Hier kommt Alex“ bis hin zu „An Tagen wie diesen“: die Toten Hosen, früher Punker, inzwischen gestandene Rocker. Andi, Breiti, Campino, Kuddel und Vom heißt das Quintett, das „total am Boden geblieben ist“, das sind die fünf „Jungs, die so wahnsinnig gut drauf sind“. Der, der das sagt, heißt Fritz Briem (54), ist Braumeister aus Au, reist als Berater von Brauereien in der ganzen Welt herum und ist der bayerische Schöpfer des Bieres, das die Toten Hosen herausgebracht haben und Hosen Hell nennen. Wie es zu der Zusammenarbeit zwischen dem Bierspezialisten aus der Holledau und den Musikern aus der Rheinmetropole kam, ist eine lange und spannende Geschichte.

Die Hosen haben durchaus ein Faible für Bayern. Also nicht so sehr für den FC Bayern („Wir würden nie zum FC Bayern gehn“ heißt ein legendärer Hit aus ihrer Feder), sondern für das Land. Immerhin gibt es am Chiemsee einen Fanshop, die Fangemeinde im Freistaat ist groß. Seit mindestens zehn Jahren haben die Toten Hosen einen Plan: ein eigenes Bier. Zusammen mit Michael Schnitzler von der bekannten Uerige Brauerei hat man das Projekt angepackt. Schnitzler und die Toten Hosen haben schon viel zusammen gemacht, man ist seit Jahrzehnten befreundet. Aftershowpartys schweißen eben zusammen, die Hosen bezeichnen Uerige als ihre „Hausbrauerei“. Doch es gab ein Problem: Würde man ein typisches Düsseldorfer Alt als DTH-Bier verkaufen, würde man dem besten Alt der Welt – aus der Uerige-Brauerei – Konkurrenz machen. Die Lösung: kein Altbier. Was anderes.

Und da kommt dann Fritz Briem ins Spiel. Der ist, so erzählt er, ein Freund und Studienkollege von Michael Schnitzler. Schnitzler hat bei ihm seine Diplomarbeit geschrieben, als Briem an der Brauer-Fakultät in Weihenstephan wissenschaftlicher Assistent war. Schnitzler sei also mit seinem Anliegen auf ihn zugekommen. Im Sommer 2017 stellte Schnitzler bei einem Heimspiel von Fortuna Düsseldorf seinen Freund den Toten Hosen vor. Die schildern die Begegnung mit Fritz Briem auf ihrer Homepage so: „Und wir waren uns von Anfang an sympathisch: Wie das Team vom Uerige ein Brau-Verrückter, dessen Familie seit ewigen Zeiten den Hopfen produziert und liefert, mit dem in der Altstadt ‚Dat leckere Dröppke‘ gebraut wird, Bilderbuchbayer und Globetrotter. Hier trafen Welten aufeinander und so kam zusammen, was zusammengehört, denn Fritz war derjenige, der als erster vorschlug, es beim Hosen-Bier doch einfach mit einer anderen, allerdings nicht weniger klassischen Brauform als Alt zu probieren: Die Idee für das Hosen Hell war geboren!“

Briems Plan im Klartext: Wenn Alt nicht geht, dann eben ein anderes traditionelles Bier: Helles. Die Toten Hosen seien begeistert gewesen, erinnert sich Briem. Denn für die Musiker war klar: „Wir fordern die Bayern heraus.“

Er habe also, so berichtet Briem, mehrere Rezepturen erarbeitet, sechs von ihnen wurden dann zunächst gebraut. Und zwar, weil man in obergärigen Brauereien wie der Uerige das nicht so ganz einfach machen kann, in Au. In der Schlossbrauerei.

Und dann wird es legendär und die Geschichte legt ein bisschen den Schleier der Verschwiegenheit über das, was dann war. Denn die Toten Hosen wollten immer dabei sein, wollten sich einbringen und vor allem wollten sie probieren und testen und wieder probieren und nochmal testen, welches Helle denn ihren Namen tragen darf. Man müsse sich auf jede Rezeptur eben so richtig „eintrinken“, um auch die Folgen abschätzen zu können, so das Credo der Mannen aus dem Rheinland. Die Unterschiede in den Farben und in der Hopfennote wurden genau getestet, am Ende – nach der ultimativen Testrunde am Abend ihres Konzerts in der Münchner Olympiahalle im Dezember 2017 – kam man bei alten Hopfensorten und bei einem traditionellen bayerischen Hellen heraus. Das wurde dann gebraut, die erste Charge umfasste 250 Hektoliter. Und was soll man sagen? Was Fritz Briem kreiert hat, was in Au gebraut wurde und was den Namen Hosen Hell trägt, ist am ersten Tag ausverkauft. Ob es den leckeren Gerstensaft noch einmal geben wird, steht noch in den Sternen, erzählt Briem.

Denn den Toten Hosen – Briem nennt sie nur „die Jungs“ – gehe es absolut nicht um die Kohle. Die seien „so was von easy drauf“, da gebe es null Allüren, Treffen und Zusammensitzen im Band und Probenraum – normalerweise ein Heiligtum von Bands – das alles sei völlig entspannt gewesen.

Wie das mit dem Namen gelaufen sei, wisse er nicht so recht, erzählt Briem. Er, der sich ausschließlich um die Technik und die Rezeptur gekümmert habe, habe nur am Rande mitbekommen, dass man eine Zeitlang mit dem Wortspiel „Hell“ (also: Helles Bier) und „Hell“ (Englisch für Hölle) gespielt habe.“ Doch am Ende wurde es das Hosen Hell. Ein bayerisches Bier. 35 Jahre nach „Eisgekühlter Bommerlunder“.


Das Bier

„Hosen Hell repräsentiert in einmaliger Symbiose die Werte traditioneller Braukunst mit einem einzigartigen Geschmackserlebnis. Kein „Schnickschnack”, sondern ein ausgewogenes, in der heutigen Zeit schon fast provokatives Aromaprofil in dem Hopfen und Malz in ihrem Zusammenspiel ihr volles Potential entfalten. Die hochfeinen Aromahopfensorten, die ausschließlich zur Anwendung kommen, harmonieren perfekt mit der leicht fruchtig-hefigen Note. Hosen Hell entstand aus der Idee, die Werte der obergärigen Hausbrauerei des Uerige mit der Lebensphilosophie der Düsseldorfer Hosen in das tägliche Leben einzubringen. Offen für alles und absolut konsequent in der Sache erklärt dann auch den untergärigen Biertyp Helles und formuliert den Anspruch, diese Sorte auf ein neues Niveau zu bringen.“

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Januar 2019.
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