Wie viel Knigge muss sein?
Monika Riesch und ihre Ess-Klasse

Kennen Sie Knigge? Ja? Aber: Können Sie’s denn auch? Oder anders gefragt: Wissen Sie, wie man sich bei einem Ausflug in die gehobene Gastronomie verhält, ohne aufzufallen? Wie halte ich den Löffel richtig? Hält – in Zeiten von Gleichberechtigung – der Mann der Frau noch die Tür auf? Was ist ein Gourmetlöffel? Ist das Handy mittlerweile so gesellschaftsfähig, dass es auf dem Tisch liegen darf? Und wohin mit der kunstvoll gefalteten Serviette? Fragen über Fragen, die einen bei einem Essen in einem Sterne-Lokal im Kopf rumgeistern. Und so wird aus einem Abend, der eigentlich ein besonderes kulinarisches Erlebnis hätte werden sollen, an dem man seinen Vorgesetzten eigentlich zeigen wollte, wie gut man sich in der Welt des guten Benehmens zurechtfindet, schnell ein Abend voller peinlicher Momente bis hin zu kleinen Benimm-Katastrophen. Was tun?

Business-Knigge-Coach Monika Riesch und ihr Mann Christoph bitten mit ihrer „Knigge Ess-Klasse“ zu Tisch im Freisinger Mercure-Hotel und geben Antworten auf alle Fragen rund ums gute, richtige Benehmen bei Tisch – und drumherum. Das Wichtigste zuerst: Man ist kein ungezogener Rüpel, wenn man in einem Sterne-Lokal nicht alles richtig macht. Aber: Wer bei einer Einladung seines Chefs, der Schwiegereltern in spe, bei Geschäftspartnern etc. richtig punkten und beeindrucken möchte, ist gut beraten, sich in der Welt der gehobenen Gastronomie souverän aufzutreten. Aber auch alle, die ein Sterne-Menü einfach nur genießen möchten, ohne sich ständig unsicher zu fragen, ob man auch alles einigermaßen richtig macht, dem sei die Knigge-Ess-Klasse ans Herz gelegt.

Der Abend beginnt pünktlich um 19 Uhr. Monika und Christoph Riesch empfangen ihre Gäste zum Aperitif im Dampftheo. Nach und nach kommen die Teilnehmer an – eine bunt gemischt Gruppe: eine Neufreisingerin, der Leiter einer Designagentur mit seiner Frau, ein Kommunalpolitiker samt Freundin, zwei Paare mittleren Alters. Und schon beim ersten Gläschen Sekt werden erste Wissenslücken geschlossen: Damit der Inhalt des Glases schön kühl bleibt, werden alle Gläser am Stiel angefasst auch Fingerabdrücke werden dadurch vermieden. Die Gäste haben schon bei der ungezwungenen Kennenlernrunde viele Fragen. „Hätten wir uns alle per Handschlag begrüßen und namentlich vorstellen müssen?“ Monika Riesch klärt auf: Wenn man anfängt, einem die Hand zu geben, sollte man das durchziehen. Bei einer größeren Gruppe reicht ein freundliches Hallo in die Runde. Wie ist das mit dem Zuprosten? Bei offiziellen Essen und in großer Runde wird prinzipiell nur zugeprostet. Im kleinen Kreis ist das Anstoßen alte, gebräuchliche Sitte. „Der Impuls dafür geht immer vom Gastgebenden aus“, erklärt Christoph Riesch. Blickkontakt gehört immer dazu: Beim Zuprosten ebenso wie beim Anstoßen.
Auf dem Weg vom Dampftheo in den Saal „Nicodemus“ dann die nächste Überraschung: Von wegen, die Dame hat den Vortritt. Auf der Treppe nach oben geht immer der Mann vor. Eine Regel, die noch aus einer Zeit stammt, als Frauen lange Röcke trugen und es als unschicklich galt, wenn der Mann einen Blick auf ein nacktes Bein erhaschen konnte.

Die Tafel ist für ein Fünf-Gang-Menü eingedeckt. Und da die Gäste ja gekommen sind, um zu lernen, bleiben sie alle vorsichtshalber erstmal am Tisch stehen und warten, bis Monika Riesch ihre Ess-Knigge-Teilnehmer weiter anleitet. Die Tischordnung folgt einer Reihe feststehender Regeln. Die Dame sitzt rechts vom Herren, ihrem Tischherren. Steht die Frau während des Essens auf, steht auch ihr Tischherr auf. Auch wenn sich an diesem Abend alles um das Thema Tischkultur dreht, ist er fernab von Strenge. Die Teilnehmer haben einen Riesenspaß, werden von Monika und Christoph Riesch charmant auf Dinge hingewiesen, die man bei einem hochoffiziellen Anlass besser anders machen sollte. Vieles ist jedem geläufig, manches ahnen die Teilnehmer, sind sich aber nicht ganz sicher. Die Gastgeber haben viele Fragen zu beantworten. Etwa die nach einem passenden Gesprächsthema, sollte einmal peinliches Schweigen auftreten: „Krankheiten, Tod und Politik sind tabu!“, weiß Monika Riesch. Und alles, was Konfliktpotenzial birgt, sollte man besser meiden. Nach dem Amuse Gueule, dem Gruß aus der Küche, der traditionell nicht auf der Karte steht, folgt die erste größere kulinarische Herausforderung: eine Artischocke mit zweierlei Dip. Die Artischocke wird selbst in Sternerestaurants mit den Fingern gegessen – bis auf das Artischockenherz. Zu diesem Gericht wird jedem Gast eine Fingerschale mit lauwarmem Wasser und einer Scheibe Zitrone gereicht, in der man sich die Finger nach erfolgtem Artischocken-Genuss wieder sauber macht.

Und da in der Regel weder Artischocken, noch Riesengarnelen oder andere exotische Meeresbewohner täglich auf dem Teller liegen, ist die Ess-Klasse eine wunderbare Gelegenheit, um Unsicherheiten aus der Welt zu schaffen – damit man besondere Abende in besonderem Ambiente auch wirklich mit allen Sinnen genießen kann. Souveränität in solchen nicht alltäglichen Situationen ist dabei die Zauberformel, damit solche kulinarischen Ereignisse zu einem genussvollen Erlebnis werden.

Kulinarisch geht’s an jenem Abend weiter mit Geflügelkraftbrühe mit Kräutersaitlingen, Riesengarnelen auf Rucola-Spaghettini, Involtini vom Kalb, Bohnenmosaik & Kartoffelstrudel sowie, das Dessert, Mille Feuille mit Cassissorbet. Dazu dürfen die Gäste auf das Menü abgestimmte Weine genießen. Antworten auf die unterschiedlichsten Fragen geben nicht nur die Gastgeber, Business-Knigge-Coach Monika Riesch und Weinkenner Christoph Riesch, sondern auch der Hotelchef persönlich. Etwa die nach dem Handy: Wer sich während des Essens – und hier muss es gar nicht unbedingt das Sternerestaurant sein – mit seinem Mobiltelefon beschäftigt, gilt als stil- und respektlos. Sollte es aus beruflichen oder privaten Gründen unumgänglich sein, das Handy griffbereit zu haben, sollte der Gast das kurz erklären. „Lerne die Regeln, damit du sie richtig brechen kannst.“ Am Ende des Abends, vollgepackt mit unverzichtbarem Wissen in Sachen Tischkultur, zitierte Monika Riesch den Dalai Lama: „Das mag widersprüchlich klingen. Doch im Sinne moderner Umgangsformen gibt es weder Regeln noch ein Muss – jeder kann selbst entschieden, wie er sich in gewissen Situationen verhält.“ Das einzige Muss seien die Konsequenzen, die sich aus dem eigenen Verhalten ergeben. Und wer sich trotz dieses Wissensvorsprungs in der einen oder anderen Situation unsicher sei, was richtig und was falsch ist: „Mit Charme, Wertschätzung und Respekt können Sie fast jede Situation meistern“, machte die Expertin den Teilnehmern Mut, sich im Zweifelsfall auch mal auf sein Bauchgefühl zu verlassen.

Wenn doch mal was schiefgeht, wenn die Gabel sich unter den Tisch verabschiedet oder das Glas Rotwein umfällt, wenn sich – wie an diesem Abend geschehen – ein Gast aus Versehen vom Brotteller des Tischnachbarn isst? Einfach weglächeln, keine große Sache aus einem Fehler machen, nur ja nicht selbst unter den Tisch krabbeln, um Besteck aufzuheben und sich bloß nicht aktiv an der Beseitigung eines Fauxpas beteiligen. Aber: „Das Servicepersonal freut sich über ein freundliches Bitte und Danke.“ Die Gäste verabschieden sich nach diesem besonderen Abend mit dem guten Gefühl, in der Vergangenheit schon Vieles sehr richtig gemacht und noch mehr dazugelernt zu haben.

Wer noch ein besonderes Weihnachtsgeschenk sucht: Für die Knigge Ess-Klasse gibt es auch Gutscheine. Nähere Infos unter www.monika-riesch.de oder per Mail an info@monika-riesch.de. Der nächste Termin ist Freitag, 1. Februar 2019.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Dezember 2018.
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