10 Jahre Widerstand gegen eine 3. Startbahn
Ein persönlicher Rückblick von Hartmut Binner

Das Aktionsbündnis AufgeMUCkt feiert gemeinsam mit seinem Partner Bund Naturschutz am 20. Juni 2015 von 14 bis 22 Uhr in Freising-Attaching, Am Sportplatz 3 seinen jetzt zehnjährigen, bisher erfolgreichen Widerstand gegen eine 3. Startbahn am MUC. Das erfordert wohl einen kurzen Rückblick.

Als die FMG im Juli 2005 die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens (ROV) zum Bau einer 3. Start- und Landebahn (SLB) am Münchner Flughafen bekannt gab, bestand das Aktionsbündnis bereits (seit 2000) mit damals 13 Bürgerinitiativen. Dieses Bündnis hatte sich bis dahin zum Ziel gesetzt, entsprechende Nachtflugregelungen zu erreichen und die Expansionsgelüste der FMG zu beobachten und einzudämmen. Mit der Einleitung des ROV ging ein gewaltiger Aufschrei durchs Flughafenland („Die Region steht auf!“) und es bildeten sich im Bereich der rund 10 betroffenen Landkreise (rund 300.000 Betroffene) von Jahr zu Jahr immer mehr bei AufgeMUCkt organisierte Widerstandsgruppen. Heute nach 10 Jahren Widerstand kämpfen über 80 Bürgerinitiativen im Aktionsbündnis gegen eine 3. SLB.  Im Jahr 2006 ging dann das Aktionsbündnis erstmals mit rund 10.000 Menschen in einem langen Demo-Zug durch Freisings Straßen. Minister Faltlhauser sprach damals bei der FMG zeitgleich noch von „ein paar Krakeelern in Freising drüben, die nicht zu beachten seien“! Damals verkündete der Freisinger CSU-Bundesabgeordnete Obermeier noch lapidar und unwidersprochen: „Wir brauchen eine 3. SLB und wir bekommen sie auch!“.

Als dann im Jahr 2007 das ROV abgeschlossen war (wir sammelten 41.000 Unterschriften) und das Planfeststellungsverfahren eingeleitet wurde, versammelten wir am Münchner Odeonsplatz rund 18.000 wütende Flughafengegner zu einem riesigen, aber friedlichen Demo-Umzug durch die Innenstadt. In den Folgejahren demonstrierte AufgeMUCkt in München mehrmals mit rund 12.000 und 10.000, in Dachau mit 4.000, in Freising-Attaching am Flughafenzaun mit 3.000, auf dem FMG-Gelände mit 4.000, vor kurzem in Freising mit 2.000 und bei den Freisinger Lichterzeichen-Schweigemärschen mit jeweils 600 bis sogar 3.000 Teilnehmern. Zwischenzeitlich verkündete FMG-Chef Dr. Kerkloh wieder einmal über die Medien, dass im Jahr 2011 die Sektkorken zur Eröffnung der 3. SLB knallen würden.

Nach Einleitung des PFV sammelten wir im ersten Durchgang 60.000 und später noch einmal 25.000 wohl begründete und teils lange Einwendungen. In den Monaten 11/2008 bis 03/2009 versammelten sich bei der Anhörung zum PFV im Ballhausforum in Unterschleißheim täglich rund 50 bis 800 Startbahngegner. In dieser Zeit wurden von AufgeMUCkt über 600 Redner (viele Jugendliche!) betreut und gut organisiert an die Mikrofone geführt, wo sie Ihre Einwendungen mündlich begründeten.

Nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses organisierte AufgeMUCkt im Oktober 2011 in enger Zusammenarbeit mit dem großen Münchner Bündnis das Münchner Bürgerbegehren zur Durchsetzung eines Münchner Bürgerentscheides. Die dazu erforderlichen rund 31.000 Unterschriften wurden in monatelanger Kleinarbeit von vielen Hunderten unserer Aktivisten im März 2012 erreicht. Das weitere sehr arbeitsintensive, tägliche Überzeugen der Münchner Bürger für den Bürgerentscheid dauerte dann bis zum Abschluss mit der großen dreitägigen aufgeMUCkten Zeltaktion „Occupy-Staatskanzlei“ im Münchner Hofgarten mit einigen Hundert Teilnehmern Mitte Juni 2012. Mit einer erstaunlich hohen Mehrheit von 54,3 % wurde dieser Entscheid von den verbündeten Startbahngegnern dann am 17. Juni 2012 klar gewonnen.

Sowohl der damals amtierende Münchner OB Christian Ude, wie auch sein Nachfolger Dieter Reiter bekannten und bekennen sich als Anteilseigner auch weiterhin zu diesem Bürgerentscheid, der inzwischen unser absolutes Faustpfand zur Verhinderung einer 3. SLB darstellt.

Damit auch die von einer 3. SLB direkt betroffenen Bürger um den Flughafen ein Abstimmungsrecht erhielten, brachten wir mit dem Bund Naturschutz parallel zum Münchner Bürgerbegehren eine bayernweite Massenpetition auf den Weg, der sich rund 82.000 Bürger mit ihrer Unterschrift anschlossen. Die Annahme dieser Petition wurde im Februar 2015 von der CSU-Mehrheit im Bayerischen Landtag abgelehnt.

Einige Jahre lang „betreuten“ wir mit großen Busbesatzungen (jeweils rund 50 Teilnehmer) die Aschermittwoch-Veranstaltungen der CSU und SPD in Passau/Vilshofen wie auch im tiefen Winter die CSU-Klausurtagungen in Kreuth. Wir „suchten“ mit unserem Fluglärmgenerator viele der CSU-Abgeordneten, die im Landtag für eine 3. SLB gestimmt hatten, an ihren Wohnorten in ganz Bayern „heim“. Wir vermittelten ihnen mit diesem Schallverstärker in ihrer eigenen Heimat den Fluglärm, den sie uns in unserer Heimat mit ihrer Abstimmung verordnen wollen und brachten ihnen und den Anwohnern auf deren Marktplätzen unsere Gegenargumente vor.

In der Zeit vom 20.03.2013 bis 19.02.2014 fand vor dem Bayerischen Verwaltungsge-richtshof in München an insgesamt 41 Verhandlungstagen die mündliche Verhandlung über die Verfahren gegen eine 3. Startbahn am Flughafen München statt. Das Aktionsbündnis AufgeMUCkt unterstützte dabei die Kläger der Schutzgemeinschaft und der Kommunen sowie vor allem die einzelnen direkt betroffenen Musterkläger, die meisten aus Freising-Attaching, mit zahlreicher und regelmäßiger Anwesenheit. Was man sich an diesen 41 Verhandlungstagen von den rund 35 FMG-Sachverständigen und vom Vorsitzenden Richter Allesch alles anhören musste, war oft haarsträubend, Menschen verachtend und von Zuhörern mit Gerechtigkeitssinn kaum zu ertragen.

Am 19. Februar 2014 verkündete dann der Vorsitzende nach unverständlich harter Zurückweisung aller rund 15 Klagen in einer brutalen und rücksichtslosen Vortragsart das Urteil zu Gunsten einer 3. SLB. Er verband dies gleich mit der Nichtzulassung einer Revision vor dem Bundesverwaltungsgerichtshof in Leipzig. Die rund 300 aufgeMUCkten Zuhörer im Gerichtssaal quittierten dies mit lauten „Buh-“ und „Wir sind das Volk“-Rufen. Der Unterzeichner ist heute noch stolz darauf, dass er in diesem Tumult kurz nach der Urteilsverkündung gemeinsam mit wackeren Mitstreitern von „Lichterzeichen“ die Bayerhymne anstimmte, in deren drei Strophen alle anwesenden Startbahngegner mit einstimmten. Daraufhin ließ der Vorsitzende den Saal räumen, um sein Urteil in Ruhe begründen zu können.

Inzwischen reichten alle Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde beim BVGH ein, die dieser aber bereits für die Kläger der Schutzgemeinschaft und der Kommunen ablehnte. Die Klagen des Bund Naturschutz und der Privatkläger werden zurzeit noch überprüft.

In all den zurückliegenden Jahren führte unser inzwischen auf fünf Mitglieder erhöhter gleichberechtigter Sprecherrat viele Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern. Das alles und vieles mehr ist für unser Aktionsbündnis Anlass genug, um gemeinsam mit dem Bund Naturschutz ein großes Familienfest zu organisieren. Wir wollen mit allen Mitgliedern, Unterstützern und Freunden den gemeinsamen, bisher erfolgreichen Kampf auch einmal intensiv und ausgiebig bei Musik, Unterhaltung, Essen, Trinken und organisiertem Kindervergnügen feiern. 

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Juni 2015.
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